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Tauziehen um Stimmen für den Rettungsschirm

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Bundeskanzlerin Angela Merkel setzt auf eine eigene Mehrheit für die geplante Reform des Rettungsschirms EFSF.
Bundeskanzlerin Angela Merkel setzt auf eine eigene Mehrheit für die geplante Reform des Rettungsschirms EFSF. © dpa

Berlin - Der Countdown läuft: Vor der mit Spannung erwarteten Bundestags-Abstimmung werben führende Politiker der schwarz-gelben Koalition für die geplante Reform des Rettungsschirms EFSF.

Kritiker bekräftigen aber ebenso deutlich ihre Ablehnung im Parlament.

Einen Tag vor der Abstimmung über den Euro-Rettungsschirm ringt die schwarz-gelbe Koalition in Berlin um eine klare eigene Mehrheit. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) warb eindringlich für die Reform. Damit könne die Krise eingedämmt werden, appellierte Kauder am Mittwoch in Berlin auch an die Abweichler in den Koalitionsreihen. Kritiker einer Ausweitung der Euro-Hilfen wie der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach (CDU) bekräftigten dagegen ihre ablehnende Haltung. Die schwarz-gelbe Koalition rechnet dennoch mit einer eigenen Mehrheit bei der wichtigen EFSF-Abstimmung.

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Kauder sagte der “Bild“-Zeitung (Mittwoch): “Mit dem Rettungsschirm kann die Ausweitung der Krise eingedämmt werden, falls ein Land ganz oder teilweise seine Schulden nicht zurückzahlen kann. Mit ihm kann auch im Ernstfall Banken geholfen werden, soweit nationale Maßnahmen hier nicht reichen.“

FDP-Generalsekretär Christian Lindner betonte, dass Athen die Auflagen erfüllen müsse. “Jeder drückt der griechischen Regierung die Daumen, dass die vereinbarten Ziele erfüllt werden. Wenn sie nicht erfüllt werden, können natürlich keine Mittel aus Europa mehr ausgezahlt werden“, sagte Lindner der “Bild“-Zeitung.

Eine Mehrheit des Bundestages gilt als sicher, da auch SPD und Grüne Zustimmung signalisiert haben. Union und FDP können aber auch mit einer eigenen Mehrheit rechnen.

Die Koalitionsfraktionen stellen 330 der insgesamt 620 Abgeordneten. Die absolute Mehrheit - auch die symbolträchtige Kanzlermehrheit genannt - liegt bei 311 Stimmen. Um sie allein, ohne die Opposition erreichen zu können, könnte sich das Regierungslager 19 Nein-Stimmen oder Enthaltungen aus den eigenen Reihen erlauben.

Bis zuletzt blieb diese Kanzlermehrheit fraglich. Die Union forderte ihre Kritiker auf, ihr Abstimmungsverhalten bis Mittwochabend klarzustellen. Zuletzt rechnete sie mit 14 Abweichlern. Unklar ist, ob die 237 CDU/CSU-Abgeordneten komplett anwesend sein werden, da es zumindest einen schweren Krankheitsfall gibt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte mehrmals betont, dass ihr eine relative Mehrheit der Stimmen, also eine sogenannte eigene Mehrheit, reichen würde. Dafür müssten Union und FDP mehr Ja-Stimmen erreichen als die Zahl der abgegebenen Stimmen der Opposition.

Der EFSF-Fonds soll neue Instrumente erhalten. Zugleich soll der Garantierahmen auf 780 Milliarden Euro erhöht werden, damit der Fonds tatsächlich Notkredite von 440 Milliarden ausreichen kann. Diese Reform ist aber nur ein Schritt. Noch im Herbst könnte über ein zweites Rettungspaket für Griechenland in Höhe von 109 Milliarden abgestimmt werden. Anfang nächstes Jahres soll der Bundestag zudem den ab Mitte 2013 geplanten Euro-Rettungsschirm ESM absegnen.

Spekuliert wird inzwischen auch, dass die Schlagkraft des EFSF nach der aktuellen Reform über eine Hebelwirkung nochmals vergrößert wird. Damit sollen die anhaltenden Turbulenzen an den Finanzmärkten endgültig eingedämmt werden. Vereinfacht geht es darum, dass aus einem EFSF-Euro fünf Euro werden zur Stabilisierung der Eurozone.

Bosbach will in der Bundestagssitzung zur Erweiterung des Euro- Rettungsschirms EFSF definitiv mit Nein stimmen. “Ich bleibe bei meiner Haltung“, sagte der Vorsitzende des Bundestags- Innenausschusses dem “Kölner Stadt-Anzeiger“ (Mittwoch).

Der Euro-Skeptiker Peter Gauweiler (CSU) sagte der “Bild“-Zeitung: “Wir können diesen Wahnsinns-Poker nicht noch eine Runde weiter drehen. Deutschland bürgt bereits mit einem Milliardenberg.“ Wenn Italien auch noch unter den Rettungsschirm müsse, reichten die beschlossenen Summen nicht mehr aus.

Der FDP-Politiker Frank Schäffler bekräftigte: “Ich stimme mit Nein, denn der Rettungsschirm EFSF wirkt wie ein Brandbeschleuniger in der Krise.“ Er sei “sicher, dass wir bereits in den nächsten Tagen über eine weitere Ausweitung des EFSF diskutieren werden“.

dpa

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