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Israel droht Zweifrontenkrieg: Fachleute warnen vor Gefahr aus dem Iran

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Im Norden Israels kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit der Hisbollah. Die USA schicken Unterstützung in den Nahen Osten. Wie reagiert der Iran?

Teheran – Der Krieg in Israel spitzt sich weiter zu. Angesichts der angespannten Lage kündigten die USA eine Verstärkung ihrer militärischen Präsenz im Nahen Osten an. Grund dafür seien mitunter die jüngsten Drohnenangriffe pro-iranischer Milizen auf amerikanische Militärstützpunkte im Irak und Syrien, erklärte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin. Unterdessen ist das israelische Militär täglich in teils tödlich Gefechte an der israelisch-libanesischen Grenze mit der Hisbollah verwickelt. Es scheint, als wolle der Iran zeigen, dass sich der Krieg im Gazastreifen auch auf die gesamte Region ausbreiten lasse.

Zweite Front im Norden für Israel: Experten halten Angriffe durch Iran für realistisch

Der Iran signalisiert seine Kampfbereitschaft bereits seit Tagen. Immer wieder warnte das Regime die USA vor einem „Erdbeben“, „schweren Verlusten“ oder „strategischen Fehlern“, sollte Washington in den Gaza-Konflikt eingreifen. Der iranische Außenminister Hossein Amir-Abdollahian wurde schließlich deutlich und stellte klar: Sollten die USA sich an den Operationen Israels beteiligen, werde man in den Krieg eingreifen.

Hamas, Hisbollah und der Iran

Der Iran, die Hisbollah und die Hamas sind durch ein komplexes Unterstützungs- und Koordinationsnetzwerk miteinander verbunden. Der Iran unterstützt sowohl die Hamas, eine militante palästinensische Gruppe im Gazastreifen, als auch die Hisbollah, eine schiitische Miliz im Libanon, in erheblichem Umfang. Diese Hilfe umfasst Waffenlieferungen, Ausbildung und finanzielle Unterstützung. Der Iran unterstützt die Hamas und die Hisbollah, um seinen Einfluss im Nahen Osten zu stärken und ihre Aktivitäten gegen Israel als Mittel zur Durchsetzung seiner regionalen Ziele zu nutzen.

Beim Tagesspiegel rät Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft, bei den Warnungen aus Teheran genau hinzuhören: „Man muss die Rhetorik ernst nehmen.“ Der Iran sei zu einigem in der Lage, mitunter zu einem massiven Angriff auf Israel zusammen mit der hochgerüsteten libanesischen Hisbollah. Ein Szenario, welches auch Nora Müller, Leiterin des Bereichs Internationale Politik bei der Körber-Stiftung, für möglich hält. „Je nach Dauer und Intensität einer zu erwartenden israelischen Bodenoffensive könnte Iran über die Hisbollah massiven Druck auf Israel ausüben, indem die Miliz eine zweite Front in Israels Norden eröffnet“, so Müller.

USA in Sorge: Israel zeigt sich bereit für einen Zweifrontenkrieg gegen die Hamas und Hisbollah

Präsident Joe Biden sprach Israel unterdessen seine uneingeschränkte Unterstützung aus. Erst im Juni hatte der Staatschef die Freundschaft zu Jerusalem als „fest“ und „unzerbrechlich“ bezeichnet. Nachdem sich seit Beginn des Krieges in Israel die nadelstichartigen Angriffe der Hisbollah und des Iran gehäuft hatten, machte Biden nun deutlich, dass weitere Handlungen dritter Parteien eine folgenschwere Reaktion der USA nach sich ziehen könnten.

Israelische Panzer stehen in der Nähe der Grenze zum Libanon
Israelische Panzer stehen in der Nähe der Grenze zum Libanon. (Archivfoto) © Ariel Schalit/dpa

Das Biden-Kabinett sorgt sich zeitgleich auch um eine Eskalation des Konflikts durch Israel. Dort wurde offenbar nach dem Angriff der islamistischen Hamas am 7. Oktober über einen umfassenden Präventivschlag gegen die Hisbollah im Libanon diskutiert. Während seines Besuchs in Tel Aviv versuchte Biden, Benjamin Netanjahu und andere Mitglieder des israelischen Kriegskabinetts zu beruhigen, um weitere Eskalationen und einen möglichen Zweifrontenkrieg zu vermeiden. „Wir wollen nicht, dass eine weitere terroristische Gruppe wie die Hisbollah Fronten eröffnet, um vom Kampf gegen die Hamas abzulenken“, sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, beim Sender Fox News.

Auch Israel selbst betonte zuletzt, man habe kein Interesse an der Eröffnung eines zweiten Krieges im Norden. Man wolle die „Situation nicht eskalieren“, sagte Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant am Sonntag (15. Oktober). Zu einem Gegenschlag sei man dennoch bereit: Sollte die Hisbollah den „Weg des Krieges wählen“, werde sie dafür „teuer bezahlen“, warnte der Minister. Israel sei im Notfall bereit für einen Zwei- oder Mehrfrontenkrieg, berichtete der Tagesspiegel mit Bezug auf Aussagen des israelischen Militärsprechers Admiral Daniel Hagari.

Wie gefährlich wäre ein Krieg mit dem Iran im Nahen Osten für Israel?

Der Iran selbst sieht sich unter Zugzwang. Schon kurz nach dem Aufflammen des Israel-Krieges erklärte die Regierung, man könne während der „Angriffe auf die wehrlose Bevölkerung des Gazastreifens“ nicht „tatenlos zusehen“. Doch welche Gefahr stellt das iranische Militär im Falle eines Eingriffs für Israel und die USA wirklich dar?

Die Militärmacht des Iran gilt als sehr schlagkräftig: Schätzungen zufolge verfügt Teheran über mehr als 570.000 aktive Soldaten, von denen etwa 350.000 der regulären Armee und etwa 150.000 dem direkten Kommando der Revolutionsgarden unterstehen. Dazu gehören Land-, See- und Luftstreitkräfte, wobei die iranische Luftwaffe eher schwach ist. Das Land verfügt jedoch über eine große Drohnenflotte und das größte Raketenarsenal im Nahen Osten.

Der Iran besitzt zudem länderübergreifend im Nahen Osten eine Schattenarmee aus irantreuen Milizen, welche sowohl Israel als auch amerikanische Militärstützpunkte von vielen verschiedenen Seiten angreifen könnten. Eine direkte Komfortration zwischen dem Iran und den USA wäre laut Experteneinschätzungen dramatisch – vor allem für die iranische Republik: „Wenn Teheran amerikanische Schiffe oder etwa Saudi-Arabien offen angreifen würde, müssten die iranischen Herrscher mit großangelegten Luftangriffen der USA und Israels rechnen“, sagt Nahost-Experte Steinberg. (aa/afp)

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