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Landtagswahl Sachsen-Anhalt 2016: AfD schockt etablierte Parteien

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AfD-Spitzenkandidat André Poggenburg beim TV-Interview, Ministerpräsident, Reiner Haseloff (CDU, l) schaut weg.
AfD-Spitzenkandidat André Poggenburg beim TV-Interview, Ministerpräsident, Reiner Haseloff (CDU, l) schaut weg. © dpa

Magdeburg - "Merkel muss weg"-Rufe und riesiger Jubel bei der Wahlparty: Die AfD hat mit einem Ergebnis von rund 24 Prozent bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt für einen politischen Erdrutsch gesorgt.

Die Wahllokale in Sachsen-Anhalt haben noch gar nicht geschlossen, da ist die AfD bereits in Hochstimmung. Um 17.20 Uhr marschiert Spitzenkandidat André Poggenburg mit triumphierendem Gesicht in den Magdeburger Landtag ein. Die Prognose wenig später sieht die rechtspopulistische Partei deutlich über 20 Prozent. Für Schwarz-Rot reicht es hingegen nicht mehr. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) ist auf einen weiteren Partner angewiesen.

Um 18.00 Uhr versammelt sich André Poggenburg mit seinem Tross, zu dem auch Thüringens umstrittener AfD-Fraktionschef Björn Höcke gehört, auf dem Landtagsflur vor einem Bildschirm. Beide zählen zum rechtsnationalen Flügel der AfD. Als die ersten Zahlen über den Bildschirm flimmern, fallen sich Poggenburg und Höcke in die Arme. Schulterklopfen, lautes Lachen.

Die aktuellen Ergebnisse und Hochrechnungen zur Landtagswahl 2016 in Sachsen-Anhalt finden Sie in unserem Live-Ticker.

Landtagswahlen Sachsen-Anhalt 2016: AfD als zweitstärkste Kraft 

In den Hochrechnungen kurz vor 20.00 Uhr liegt die AfD bei bis zu 24 Prozent. Damit wird sie aus dem Stand zweitstärkste Kraft hinter der CDU und zieht an den Linken vorbei. Das Abschneiden der Rechtspopulisten in Sachsen-Anhalt, die von der Flüchlingsdebatten im Wahlkampf profitieren konnten, übersteigt noch einmal alle Erwartungen. Nur Poggenburg ist nicht wirklich überrascht. Er hatte sich "20 plus x" als Ziel gesetzt. "Wir haben mit einem höheren Ergebnis gerechnet und 36 Kandidaten aufgestellt", sagt er strotzend vor Selbstbewusstsein und ein jungenhaftes Grinsen huscht über sein Gesicht.

Einige Etagen höher, unter dem Landtagsdach, herrscht in den Räumen der CDU-Fraktion gedämpfte Partylaune. Die Christdemokraten sind zwar erneut stärkste Partei, wenngleich sie ihr Ergebnis von 2011 nicht ganz halten konnten. Doch ihr Koalitionspartner SPD ist auf nur noch knapp über elf Prozent abgestürzt. Damit hat Schwarz-Rot keine Mehrheit mehr.

"Wir wissen, dass wir auch Wähler an die AfD verloren haben", räumt Haseloff am Abend vor seinen Anhängern im Landtag ein. Es sei "schmerzlich, dass wir eine so starke Kraft rechts von uns haben", fügt er mit Blick auf die Rechtspopulisten hinzu.

Doch schnell hat Haseloff seine gute Laune zurück. "Keiner kann eine Regierung an uns vorbei bilden", ruft er seinen Anhängern zu. Dafür muss er nun einen dritten Partner ins Boot holen.

Landtagswahlen Sachsen-Anhalt 2016: Haseloff grundsätzlich offen für Kenia-Koalition

Für Schwarz-Rot-Grün hatte sich Haseloff schon vor der Wahl grundsätzlich offen gezeigt. Er sieht durchaus Schnittmengen mit den Grünen. Die halten sich am Wahlabend zunächst bedeckt und freuen sich erst einmal, dass sie es laut den Hochrechnungen hauchdünn wieder in den Landtag geschafft haben könnten. "Wir haben unser Wahlziel erreicht, alles weitere später", sagt die grüne Spitzenkandidatin Claudia Dalbert. Nicht nur die von Haseloff geforderte Obergrenze für Flüchtlinge dürfte ein Streitpunkt sein in möglichen Gesprächen.

Während die Grünen womöglich drin sind im Landtag, musste die FDP noch um den Einzug in das Parlament bangen. Eine besonders tragische Figur an diesem Abend ist aber der linke Spitzenkandidat Wulf Gallert. Beflügelt vom Erfolg der Linken in Thüringen hatte er auf einen Politikwechsel gehofft. Sein Traum, nach Bodo Ramelow in Thüringen der zweite linke Regierungschef eines Bundeslandes zu werden, ist nun erstmal in weite Ferne gerückt.

Positiv bei der Landtagswahl ist immerhin die deutlich gestiegene Wahlbeteiligung. Allerdings haben die etablierten Parteien, allen voran CDU und SPD, ihre Wähler nicht ausreichend motivieren können. In die Wahllokale sind vor allem die AfD- und Protestwähler geströmt. Dem Land stehen nun langwierige Gespräche und eine komplizierte Regierungsbildung bevor.

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