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Das Wahlprogramm der Linken: Ziel „Gerechtigkeitswende“

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Von: Florian Naumann

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Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch.
Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch. © dpa

Vier Jahre lang war die Linkspartei die größte Oppositionspartei im Bundestag. Diesen Erfolg will die Partei wiederholen: Mit einem Programm, das eine „soziale Wende“ schaffen soll.

Berlin - „Gerechtigkeit“ - dieses Wort schreibt sich nicht nur SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz im Bundestagswahlkampf auf die Fahnen: Auch die Linke setzt das ominöse Wörtchen im Titel ihres Wahlprogramms an eine prominente Stelle. Wenn auch nur die zweite: „Sozial. Gerecht. Frieden. Für alle.“ heißt das Werk. 

Eines muss sich die Linke nicht vorwerfen lassen - im Vagen bleibt die Partei mit ihrem Programm nicht. 144 Seiten ist es stark, ergänzt um zwei Seiten Finanzierungskonzept. Damit ist es das umfangreichste Programm aller Parteien. Und auch so einige durchaus greifbare Forderungen finden sich darin. Von einem höheren Mindestlohn über eine niedrigere Wochenarbeitszeit bis zur Abschaffung von Hartz IV.

Arbeit, Rente, Pflege, Umverteilung, dazu Investitionen in Bildung und Co. sowie ein Privatisierungsstopp: Das sind die Kernthemen der Linken im Bundestagswahlkampf. Geschadet hat dieser Kurs nicht. Auch nach der Verabschiedung des Wahlprogramms im Juni blieb die Linke in den Umfragen recht konstant auf Rang drei - Chancen, um im Fall einer erneuten Großen Koalition weiter die Opposition im Bundestag anzuführen sind also gegeben.

Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht betonte bei der Vorstellung des Programms allerdings auch, dass es nicht bei der Opposition bleiben muss: "Wenn wir dafür Partner haben, wollen wir auch regieren." SPD und Grüne äußerten sich allerdings schon skeptisch, vor allem wegen der außenpolitischen Positionen der Partei. Die Kernforderungen der Linken haben wir für Sie zusammengefasst.

Die Kommunistin und der Reformer: Die Spitzenkandidaten der Linken stellen wir Ihnen diesem Artikel vor.

Das Wahlprogramm der Linken: Thema Arbeit

„Die Linke“ heißt die Linke erst seit 2007. Damals fusionierte die PDS mit der gewerkschaftsnahen WASG - und gab sich einen neuen Namen. Das gewerkschaftliche Erbe lässt sich zehn Jahre später immer noch am Wahlprogramm ablesen. Denn Arbeit und vor allem die Situation der Arbeitnehmer und kleinen Selbstständigen und Freelancer sind eindeutig das Kernthema der Linken.

Auf dem Wunschzettel der Partei findet sich unter anderem ein deutlich höherer Mindestlohn und eine Absenkung der Wochenarbeitszeit. Daneben stehen aber auch etwas „modernere“ Themen: Mit einem „Recht auf Feierabend“ nach 40 Stunden sowie auf zwei Sabbaticals im Berufsleben, mit sozialer Absicherung für Honorarkräfte und Maßnahmen gegen befristete Verträge und dauerhafte Leiharbeit will die Linke für die arbeitenden Menschen Stress und Existenzängste beseitigen. „Die Arbeit muss um das Leben kreisen, nicht das Leben um die Arbeit“, formuliert die Partei ihren Standpunkt.

Kernziele:

Das Wahlprogramm der Linken: Thema Renten und Soziales

Die Rentner und Empfänger von Sozialleistungen im Land sieht die Linke klar als ihre Klientel. Für beide Gruppen will die Partei Maßnahmen ergreifen. Eine magische Marke ist dabei die von 1050 Euro: Soviel Geld soll nach dem Willen der Linkspartei - vereinfacht gesagt - in Deutschland künftig jeder Mensch mindestens zum Leben haben. Entweder mithilfe einer „Mindestsicherung“ anstelle von Hartz IV, oder durch eine „Solidarische Mindestrente“ - und zwar ohne Bedingungen. Sanktionen gegen Hartz-Empfänger soll es nicht mehr geben, Arbeitsangebote auch abgelehnt werden können.

Zugleich soll es nach dem Willen der Linken länger dauern, bis Menschen überhaupt auf eine Grundsicherung zurückgreifen müssen: Das Arbeitslosengeld I soll länger gezahlt und das Rentenniveau wieder auf 53 Prozent erhöht werden. Mütter und Ehrenamtliche im Katastrophenschutz sollen (höhere) Renten-Boni erhalten. Finanziert werden soll das unter anderem durch die Abschaffung der Riester-Rente.

Ein weiteres Thema ist das Wohnen. Die Linkspartei plädiert für eine bundesweite Mietpreisbremse und will Mieterhöhungen oberhalb der Inflationsrate nur bei „Wohnwertverbesserungen“ zulassen. Auch Gewerbemieten sollen begrenzt werden, um kleine Läden zu schützen.

Kernziele:

Das Wahlprogramm der Linken: Thema Steuern

„Die reichsten zehn Prozent besitzen weit mehr als die Hälfte des gesellschaftlichen Reichtums, die untere Hälfte der Bevölkerung besitzt gerade mal ein Prozent“, konstatiert die Linke in ihrem Programm. Das Steuerkonzept der Partei ist dementsprechend auf Umverteilung ausgerichtet. 

Bewerkstelligen sollen das eine neue Vermögenssteuer, eine striktere Erbschaftssteuer auf hohe Erbschaften und - möglichst europaweit - erhöhte Unternehmssteuern. Auch eine Finanztransaktionssteuer und eine „Bundesfinanzpolizei“ auf der Jagd nach Steuersündern sollen Einnahmen bringen. Im Gegenzug will die Linke den Steuerfreibetrag auf 12.600 Euro im Jahr erhöhen. Unter dem Strich soll jeder, der bis zu 7100 Euro brutto im Monat verdient, weniger Steuern zahlen als bisher. 

Kernziele:

Keinen festen Standpunkt hat die Linke beim Thema Bedingungsloses Grundeinkommen - hier sollen zunächst „die kontroversen Diskussionen“ weiterlaufen.

Das Wahlprogramm der Linken: Thema Familie

Probleme sieht die Linke bei der Vereinbarkeit von Kindern und Beruf. Als Gegenmaßnahme schlägt das Programm kostenlose Ganztags-Betreuungsangebote mit flexiblen Öffnungszeiten für alle Kinder vor - zugleich sollen arbeitende Eltern ihre Arbeitszeit freier einteilen können.

Auch ein paar unkonventionellere Ideen zur Entlastung von Familien finden sich im Programm. So wünscht sich die Linkspartei freie Fahrt in Nahverkehrsmitteln und freien Zugang zu Kultur-Einrichtungen für Kinder und Jugendliche. Bis das soweit ist, will die Partei eine (zu versteuernde) Kindergrundsicherung von 573 Euro auszahlen - später soll dieser Betrag wieder etwas sinken. Besonders unterstützen will die Partei Alleinerziehende. Bildung soll von der Kita bis zur Uni kostenlos sein.

Kernziele:

Das Wahlprogramm der Linken: Thema Außenpolitik

Die außenpolitischen Positionen der Linkspartei sind seit jeher der Punkt, an denen potenzielle Koalitionspartner abwinken: Vor allem die klare Ablehnung aller Bundeswehr-Auslandseinsätze und die Fundamentalopposition zur Nato halten auch SPD und Grüne für untragbar. 

Diese Punkte finden sich auch im 2017er-Wahlprogramm der Linken - allerdings sind sie explizit nicht als Ausschlusskriterien für eine mögliche Koalition gekennzeichnet. Dafür kam es bei der Verabschiedung des Programms zu einem Eklat, als sich die Delegierten nicht darauf einigen konnten, Russlands Annexion der Krim als völkerrechtswidrig einzustufen.

Große Umwälzungen hat die Partei für die EU im Sinn. Sie soll „solidarisch“, „humanistisch“ und „demokratischer“ werden. Die Europäische Union habe ein neoliberales Fundament und sorge für soziale Schwierigkeiten in vielen Ländern, heißt es im Programm. Damit sei sie auch mit Schuld am erstarkenden Rechtspopulismus. Vor allem Privatisierungsdruck und Vorrang wirtschaftlicher Zwangsmaßnahmen vor demokratischen Entscheidungen sind der Linken ein Dorn im Auge. Neue Verträge seien nötig, über sie soll in allen Mitgliedsländern per Volksentscheid abgestimmt werden.

Kernziele: 

Das Wahlprogramm der Linken: Thema Flucht und Migration

Mit Blick auf die Flüchtlingskrise plädiert die Linke für „sichere Fluchtwege“ und ein solidarisches Verteilungssystem in der EU. Klappen soll das über einen finanziellen Anreiz, eine „Fluchtumlage“. In Deutschland sollen Flüchtlinge Recht auf „soziale, kulturelle und demokratische Teilhabe“ bekommen.

Auf der anderen Seite will die Partei Fluchtursachen bekämpfen - durch mehr Finanzmittel für das Flüchtlingshilfswerk UNHCR, vor allem aber durch eine veränderte Weltwirtschaftsordnung. Über veränderte Entwicklungshilfe und faire Handelsbeziehungen soll die Wirtschaft in (potenziellen) Krisengebieten gestärkt werden.

Das Wahlprogramm der Linken: Weitere Inhalte

Das Wahlprogramm der Linken: Thema Finanzierbarkeit

Ein eigenes Papier widmet die Linke der Finanzierbarkeit ihrer Vorschläge - denn dass das Programm viele neue Ausgaben enthält ist unstrittig. Alleine 84 Milliarden Euro jährlich sind für Investitionen in der Kinderbetreuung, Bildung und Integration sowie Kindergeld und höheres Bafög vorgesehen. Insgesamt veranschlagt die Partei 177 Milliarden Euro an zusätzlichen Ausgaben.

Refinanzieren soll sich das nach den Berechnungen der Linken unter anderem durch Vermögenssteuer (80 Milliarden Euro jährlich), Finanztransaktionssteuer (30 Milliarden) und Unternehmenssteuern (35 Milliarden). Alle Steueränderungen zusammengenommen erwartet die Linke Mehreinnahmen von 180 Milliarden Euro. Zum Selbstnachrechnen gibt es die Aufstellung auf der Webseite der Partei.

Das Programm der Linkspartei als PDF-Datei.

Einen Überblick über die Parteien bei der Bundestagswahl 2017 bietet dieser Artikel.

fn

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