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Mit diesen Themen will Schulz die Kanzlerschaft erringen

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SPD Kanzlerkandidat Martin Schulz
SPD Kanzlerkandidat Martin Schulz hat seine Agenda für das kommende Wahljahr vorgestellt. © dpa

Berlin - Martin Schulz hat am Sonntag sein Programm für den Wahlkampf umrissen. Der designierte Kanzlerkandidat will mit mehreren Kernthemen die Wähler für sich gewinnen.

Der designierte SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat in der ersten Rede nach seiner Nominierung den Führungsanspruch der Sozialdemokraten erhoben. Die SPD trete mit dem Anspruch an, bei der nächsten Bundestagswahl die stärkste politische Kraft zu werden, sagte Schulz am Sonntag in Berlin. "Und ich trete mit dem Anspruch an, Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland zu werden." Im Wahlkampf werde die SPD auf Gerechtigkeitsthemen setzen.

Der SPD-Vorstand hatte Schulz zuvor einstimmig als Kanzlerkandidaten und zukünftigen Parteivorsitzenden nominiert. Ein Parteitag im März soll den früheren EU-Parlamentspräsidenten dann offiziell zum SPD-Herausforderer von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wählen.

Schulz sagte am Sonntag, seine Nominierung sei ein "bewegender Moment". Die Aufbruchstimmung sei greifbar, nicht nur in der SPD sondern im ganzen Land. "Wir werden die Wahlen in diesem Jahr richtig spannend machen."

Schulz beklagte, dass ein "tiefer Riss durch die Gesellschaft gehe. "Wir müssen diese Gräben überwinden." Dafür müssten die Sozialdemokraten signalisieren, dass sich "die hart arbeitenden Menschen auf uns verlassen können". Diese Menschen und ihre Sorgen müsse die SPD "in den Mittelpunkt unserer Politik stellen".

Schulz attackiert die AfD: „Schande für Deutschland“

Schulz sagte den Populisten in Europa den Kampf an. Die AfD sei „keine Alternative für Deutschland, sondern eine Schande für die Bundesrepublik“, sagte er am Sonntag in seiner Nominierungsrede. „Wer die freie Presse attackiert, und beispielsweise von Lügenpresse spricht, der will ein anderes Land.“ An die Nationalisten in Frankreich und den Niederlanden gerichtet sagte er: Wozu ein blinder Nationalismus führe, habe man in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Deutschland gesehen. Die SPD sei ein „Bollwerk gegen diesen wütenden Nationalismus“, sagte Schulz.

Der SPD-Kanzlerkandidat sprach sich für ein hartes Durchgreifen gegen Straftäter aus. Dennoch sei Augenmaß gefragt, sagte er am Sonntag in seiner Nominierungsrede in Berlin. Die sozialdemokratischen Innenminister und die Innenexperten der Partei in Berlin stünden für eine Null-Toleranz-Politik. Auf Bundesebene sei es an der Zeit, „dass endlich ein sozialdemokratischer Innenminister übernimmt“. Die SPD müsse auch Anwalt der Menschen sein, die sich fürchten, sagte Schulz. Er habe für das Gefühl der Verunsicherung Verständnis.

Flüchtlingsfrage: Schulz fordert Solidarität und kritisiert CSU

Schulz will eine faire Verteilung von Flüchtlingen in der EU notfalls über die Haushaltsplanung erreichen. Wenn Länder sich weiterhin weigerten, ihren Beitrag zu leisten, müsse eine künftige Bundesregierung die Solidarität mit der Finanzplanung verbinden, sagte Schulz am Sonntag in seiner ersten Rede als Kanzlerkandidat seiner Partei. Deutschland sei solidarisch, auch finanziell. Die Europäische Union müsse „liefern“ bei der Sicherung der EU-Außengrenzen und einem europäischen Einwanderungsgesetz.

Eine humane Flüchtlingspolitik müsse bei den Fluchtursachen ansetzen, sagte Schulz. Es sei daher Aufgabe der europäischen und deutschen Außenpolitik, den Friedensprozess in Syrien voranzutreiben sowie Armut und Instabilität in Afrika zu bekämpfen.

Dass die CSU den „lautstärksten Vertreter“ der Entsolidarisierung in Europa, den ungarischen Ministerpräsidenten Victor Orban „hofiert und beklatscht“, sei ein „offener Affront gegen die Interessen der Bundesrepublik Deutschland“, sagte Schulz.

Schulz nennt Trump „unverschämt und gefährlich“

Schulz hat US-Präsident Donald Trump vorgeworfen, Minderheiten mit „unverschämten und gefährlichen Äußerungen“ zu attackieren. „Das ist ein Tabubruch der unerträglich ist“, sagte Schulz am Sonntag bei seiner Nominierung in Berlin. Trump hatte zuletzt Muslimen aus einigen Ländern die Einreise vorübergehend verboten.

Schulz kritisierte auch die billigenden Äußerungen Trumps zu Folter und den geplanten Mauerbau an der Grenze zu Mexiko. Man müsse Trump deutlich machen, dass das internationale Völkerrecht und Menschenrechte auch für ihn gelten. Schulz sagte aber auch: „Die transatlantische Partnerschaft muss weiter ein fester Bestandteil für Deutschland und Europa sein.“

Gabriel macht Platz für Schulz

SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte am Dienstag eine personelle Neuaufstellung der Sozialdemokraten für das Wahljahr verkündet. Überraschend erklärte er seinen Rückzug vom Parteivorsitz sowie seinen Verzicht auf die Kanzlerkandidatur und schlug Schulz für beide Posten vor.

Der bisherige Wirtschaftsminister Gabriel rückte auf den Posten von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), der am 12. Februar zum Bundespräsidenten gewählt werden soll. Das Wirtschaftsressort wird fortan von Gabriels bisheriger Staatssekretärin Brigitte Zypries (SPD) geführt.

Schulz dankte Gabriel für dessen "selbstlosen" Verzicht auf Kanzlerkandidatur und Parteivorsitz. Er habe "Bewunderung und Respekt" für die Entscheidung. Gabriel werde nun ein "herausragender Außenminister".

SPD profitiert in Umfragen und bei Mitgliedern von Schulz

Die SPD profitiert nicht nur in Umfragen von ihrem neuen Kanzlerkandidaten Martin Schulz: Die Nominierung zieht viele neue Mitglieder zu den Sozialdemokraten. Seit am Dienstagmittag bekannt wurde, dass Martin Schulz statt Sigmar Gabriel die Sozialdemokraten in den Wahlkampf führt, sind mehr als 700 Menschen in die Partei eingetreten, wie SPD-Generalsekretärin Katarina Barley am Sonntag in Berlin sagte. Dazu kommen nach Parteiangaben „Hunderte“ in den Landesverbänden. Normalerweise beantragen pro Monat im Schnitt etwa 1000 Bürger ein SPD-Parteibuch.

Bereits die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten hatte die Zahl der Neuzugänge spürbar gesteigert. Auf lange Sicht verharrt die SPD allerdings bei den Mitgliederzahlen im Tief. Im Juni 2016 zählte sie nach jüngsten offiziellen Angaben gut 436 000 Mitglieder, vor zehn Jahren waren es noch 560 000.

afp/dpa

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