Martin Schulz wird SPD-Spitzenkandidat

Berlin - Die SPD hat Martin Schulz zu ihrem Spitzenkandidaten für die Europawahl am 25. Mai gewählt. SPD-Chef Gabriel appelliert die Wahl nicht zu unterschätzen.
Die SPD hat Martin Schulz zu ihrem Spitzenkandidaten für die Europawahl am 25. Mai gewählt. Der derzeitige Präsident des Europaparlaments erhielt auf der Europadelegiertenkonferenz der SPD am Sonntag in Berlin 97,3 Prozent der Stimmen. Am Nachmittag soll ein Sonderparteitag Yasmin Fahimi zur neuen SPD-Generalsekretärin wählen und weitere Führungspositionen neu besetzen.
Für Schulz stimmten 183 Delegierte, es gab fünf Gegenstimmen. "Das ist ein Vertrauensbeweis, den ich als Verantwortung empfinde", sagte Schulz. Er soll auch die europäischen Sozialdemokraten als deren gemeinsamer Spitzenkandidat in die Europawahl führen. Damit ist der 58-Jährige zugleich der Anwärter der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE) für die Nachfolge von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso.
Die Europawahl 2014 ist die erste, die unter dem EU-Reformvertrag von Lissabon stattfindet. Der Vertrag sieht vor, dass das Ergebnis der Europawahl bei der Ernennung des nächsten Kommissionspräsidenten berücksichtigt werden muss.
SPD-Chef Sigmar Gabriel rief in seiner Rede dazu auf, bei der Europawahl dem Vormarsch von Antieuropäern in vielen europäischen Ländern entgegenzutreten. Dabei "wird es auf die Sozialdemokratie ankommen". Gabriel appellierte an seine Partei, die Europawahl ebenso ernst zu nehmen wie eine Bundestagswahl oder Landtagswahlen. Dies sei früher nicht immer der Fall gewesen.
Mit klarer Mehrheit gewählt wurden auch 95 weitere SPD-Kandidaten für die Europawahl. Zuvor waren innerparteiliche Streitigkeiten über die Platzierung ostdeutscher Bewerber auf der bundesweiten Liste beigelegt worden. Gemäß einem einstimmen Vorstandsbeschluss vom Samstag erhielten alle Landesverbände mindestens einen der ersten 26 Listenplätze zugesprochen. Derzeit stellt die SPD im Europaparlament allerdings nur 23 Abgeordnete.
"Es ist ja nicht ganz einfach, eine Europawahlliste zusammenzubringen", spielte Gabriel auf die innerparteilichen Debatten an. Ost-Landesverbände hatten sich beklagt, dass ihre Bewerber von den mitgliederstarken West-Verbänden auf weniger aussichtsreiche Listenplätze abgedrängt würden.
In ihrem Leitantrag zur Europawahl, der am Nachmittag beschlossen werden soll, dringen die Sozialdemokraten besonders auf eine stärkere Regulierung der Finanzmärkte. Es brauche "ein Europa der Bürger - nicht der Banken und Spekulanten".
"Europa ist in keinem guten Zustand", hieß es in dem 14-seitigen Text. Doch sei es eine "gefährliche Illusion", Deutschland könne die Herausforderungen alleine besser lösen.
Die SPD will sich auch für mehr Steuergerechtigkeit einsetzen. Konkret fordert sie eine gemeinsame Bemessungsgrundlage bei der Körperschaftssteuer und die Einführung eines Mindeststeuersatzes. Steueroasen sollen auf einer europäischen schwarzen Liste identifiziert werden.
Mit Blick auf die Debatte um Armutszuwanderung betont die SPD, die Arbeitnehmerfreizügigkeit stehe für sie "nicht zur Disposition". Allerdings solle ein Missbrauch von Sozialleistungen verhindert werden. Auch solle es einen europäischen Pakt für "existenzsichernde Mindestlöhne" geben.
Fahimi soll Andrea Nahles als Generalsekretärin ablösen. Zudem soll Dietmar Nietan als neuer Schatzmeister die Nachfolge von Barbara Hendricks antreten. Nahles ist inzwischen Arbeitsministerin, Hendricks Umweltministerin im schwarz-roten Bundeskabinett. Der SPD-Linke Ralf Stegner soll als zusätzlicher Parteivize in die engere Parteiführung gewählt werden.
AFP