Merkel hält nichts von Trumps Einreiseverbot

Berlin - Erst eine Woche im Amt hat Donald Trump mit seiner Einreisepolitik weltweit Entsetzen ausgelöst. An etlichen Flughäfen wurden Passagiere aus muslimischen Ländern aufgehalten, gar in Gewahrsam genommen. Die Kanzlerin übt Kritik.
Update vom 30. Januar 2017: Das Einreiseverbot des amerikanischen Präsidenten Donald Trump hat Auswirkungen auf zehntausende deutsche Staatsbürger.
US-Präsident Donald Trump hat mit seinem Einreiseverbot für viele Muslime international Besorgnis und Proteste ausgelöst. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält den Bann, der massiv vor allem Flüchtlinge trifft, für falsch. Trump und sein Stab verteidigten die Maßnahme dagegen. Ein New Yorker Gericht bremste den Einreisestopp in der Nacht zum Sonntag allerdings. Mit dem Urteil errangen Bürgerrechtsorganisationen im Kampf gegen Trumps Dekret vom Freitag einen wichtigen Teilsieg. Der Gerichtsentscheid legt nahe, dass der Erlass gegen die US-Verfassung verstößt.
Trump schrieb am Sonntag im Kurznachrichtendienst Twitter: „Unser Land braucht starke Grenzen und extreme Kontrollen, JETZT. Schaut euch an, was in Europa und der Welt passiert - ein entsetzliches Chaos!“. Sein Sprecher Sean Spicer sagte dem Sender ABC, es gehe um die Sicherheit der Vereinigten Staaten. Man wolle sicherstellen, dass die einreisenden Menschen den USA keinen Schaden zufügten. Trumps Dekret sei der erste Schritt auf dem Weg zu schärferen Kontrollen. Der Präsident habe das eingehalten, was er im Wahlkampf versprochen habe.
Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte am Sonntag in Berlin, die Kanzlerin habe ihr Bedauern über Trumps Entscheidung am Samstag in einem 45-minütigen Telefonat mit dem neuen Amtsinhaber im Weißen Haus ausgedrückt. „Sie ist überzeugt, dass auch der notwendige entschlossene Kampf gegen den Terrorismus es nicht rechtfertigt, Menschen einer bestimmten Herkunft oder eines bestimmten Glaubens unter Generalverdacht zu stellen.“
Trump hatte als ein Kernstück seines Anti-Terror-Kampfes einen 90-tägigen Einreisestopp für Menschen aus Syrien, dem Iran, dem Irak, dem Sudan, Somalia, Libyen und dem Jemen verfügt. Flüchtlinge aus aller Welt sind für 120 Tage ausgesperrt, jene aus Syrien sogar auf unbestimmte Zeit.
Chaotische Szenen auf Flughäfen
Die Verfügung stürzte Menschen in Verzweiflung und führte zu chaotischen Szenen auf internationalen Flughäfen. Ob Iraker, Jemeniten oder Sudanesen, vielfach wurden Muslime trotz gültiger Visa kurz vor ihrer Abreise oder bei Zwischenaufenthalten auf dem Weg in die USA gestoppt.
Mehrere strandeten nach ihrer Ankunft in den Vereinigten Staaten: Sie waren zum Zeitpunkt von Trumps Dekret am Freitagnachmittag (Ortszeit) schon auf dem Weg in die USA und wurden bei ihrer Ankunft in Gewahrsam genommen.
Auf Betreiben von Bürgerrechtsorganisationen verfügte ein Gericht in New York, dass seit Freitag in den USA eingetroffene Flüchtlinge oder Besucher aus den vom Bann betroffenen Ländern zunächst nicht in ihre Heimat zurückgeschickt werden dürfen. Voraussetzung ist der Besitz eines gültigen Visums oder einer Greencard, der Schutzstatus des Flüchtlingsprogramms der USA oder eine andere offizielle Berechtigung, in die USA einzureisen.
Ob der Erlass tatsächlich gegen die Verfassung verstößt, soll wahrscheinlich im Februar geklärt werden. Der Richterspruch gilt landesweit. Es war nicht klar, ob alle Festgehaltenen auf freien Fuß gesetzt werden müssen. Die Regierung ist angehalten, eine Liste der Betroffenen zu veröffentlichen - vermutlich etwa 200 Menschen. Trumps Sprecher Spicer sagte, es seien 109 Menschen betroffen.
Das US-Heimatschutzministerium kündigte an, den Vorgaben von Richterin Ann M. Donnelly zu folgen. Zugleich betonte die Behörde aber, dass der Einreisestopp grundsätzlich weiterbestehe. Die US-Regierung behalte sich das Recht vor, Visa jederzeit zu annullieren, wenn dies zur Aufrechterhaltung der nationalen Sicherheit notwendig sei.
Trumps Anordnung hatte zur Folge, dass Einreisende nach ihrer Ankunft auf US-Flughäfen in Gewahrsam genommen und am Verlassen des Transitbereichs gehindert wurden. Allein auf dem Kennedy-Airport in New York und auf den internationalen Flughäfen von Chicago, Houston und Washington DC wurden Dutzende Ausländer bei der Einreise abgefangen.
An Flughäfen in mehreren US-Städten protestierten Tausende Menschen gegen die Einreiseverbote, allein mehr als 1000 am New Yorker Flughafen JFK. Auch in Metropolen wie Washington, Los Angeles, San Francisco, Chicago und Dallas gab es Demonstrationen. Die Proteste sollten am Sonntag an mehreren Dutzend Flughäfen fortgesetzt werden.
Die US-Bürgerrechtsorganisation ACLU hatte zusammen mit zwei anderen Gruppen im Namen mehrerer Festgehaltener Beschwerde vor Gericht eingereicht. Die ACLU will auch die anderen Teile von Trumps Dekret anfechten.
Weltweite Empörung
Weltweit äußerten sich Menschenrechtler empört über Trumps Verfügung. Es gab auch erste politische Konsequenzen: Der Iran lässt nach eigenen Angaben nun selbst keine US-Bürger mehr einreisen. Außenminister Mohammed Dschawad Sarif betonte jedoch via Twitter, alle Amerikaner mit gültigem Visum seien weiter herzlich willkommen.
Trump will die Verbote erst dann wieder aufheben, wenn „angemessene“ Überprüfungsmechanismen aus seiner Sicht sicherstellen, dass keine „radikalen islamischen Terroristen“ in die USA gelangen. Die Maßnahmen funktionierten „sehr schön“ - das könne man auf den Flughäfen sehen.
Regierungssprecher Seibert sagte in Berlin, die Bundesregierung werde „prüfen, welche Folgen die Maßnahme der US-Regierung für deutsche Staatsbürger mit doppelter Staatsangehörigkeit hat, und deren Interessen gegebenenfalls gegenüber unseren amerikanischen Partnern vertreten“.
Die Genfer Flüchtlingskonvention fordere die internationale Staatengemeinschaft auf, Kriegsflüchtlinge aus humanitären Gründen aufzunehmen. „Alle Unterzeichnerstaaten sind dem verpflichtet. Die Bundeskanzlerin hatte diese Politik dem US-Präsidenten in ihrem gestrigen Telefonat erläutert“, erklärte Merkels Sprecher.
dpa