Mladic wird nach Den Haag ausgeliefert
Belgrad - Ratko Mladic ist bei seiner Festnahme von den Einsatzkräften offenbar im Schlaf überrascht worden. Jetzt wird der "Schlächters vom Balkan" nach Den Haag ausgeliefert.
Das Gericht in Belgrad hat die Auslieferung des mutmaßlichen Kriegsverbrechers Ratko Mladic an den Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag beschlossen. Alle Voraussetzungen dazu seien erfüllt, sagte Gerichtssprecherin Maja Kovacevic-Tomic am Freitag in Belgrad. Mladic verblieben jetzt drei Tage Zeit, dagegen Beschwerde einzulegen.
Die Familie Mladic wollte durchsetzen, dass der frühere Serbengeneral in ein Krankenhaus gebracht wird, weil er zu gebrechlich für ein Gerichtsverfahren sei. Dies hat das Gericht nach Angaben des Anwalts von Mladic abgelehnt. “Der Richter hat gesagt, die Ärzte hätten festgestellt, dass (mein Mandant) fähig ist, den Gerichtsprozess zu verfolgen“, sagte der Anwalt weiter.
Unterdessen verweigert Mladic die Annahme der Anklageschrift des UN-Tribunals in Den Haag. “Ihr habt Milosevic gewählt und nicht ich, wer ist also Schuld“, sagte Mladic nach Angaben einer Gerichtssprecherin am Freitag.
Slobodan Milosevic, der 2003 im Tribunal an Herzinfarkt gestorben war, hatte als fast unumschränkter serbischer Politiker der 90er Jahre die Kriege zur Schaffung eines “Großserbien“ maßgeblich mit angezettelt. Der Serbe Mladic hatte in der serbisch-dominierten jugoslawischen Volksarmee eine steile Karriere hingelegt und war später zum Militärchef der bosnischen Serben im Bürgerkrieg (1992-1995) aufgestiegen.
Die Vernehmung des 68-Jährigen Mladic war am Freitag fortgesetzt worden, nachdem sie am Donnerstag abgebrochen worden war. Der Ex-Militärchef der bosnischen Serben hatte sich als schwacher, kranker Mann präsentiert, der sich kaum mitteilen kann. Nach einem Bericht der serbischen Zeitung „Blic“, habe sich Mladic bei der Vernehmung in die Hose gemacht.
Ratko Mladic ist auf aktuellen Fotos nicht wiederzuerkennen. Die Medien veröffentlichten am Freitag in Belgrad Porträts des 69-Jährigen, auf denen er abgemagert und mit ausgefallenem Haar erscheint. Er zeige zudem starke Demenzerscheinungen, berichteten die Zeitungen. Sein rechter Arm sei nach einem Schlaganfall steif geblieben. Auf den letzten existierenden Fotos, die zehn Jahre alt waren, ist Mladic noch als lebensstrotzender fülliger Mann zu sehen.
Details zur Verhaftung
Der als Kriegsverbrecher gesuchte ehemalige Serbengeneral sei am Donnerstagmorgen “aus dem Bett heraus verhaftet“ worden. Das berichteten die Zeitungen am Freitag in Belgrad. Seine angeblich umfangreiche Leibwache, die ihn bei einer Festnahme hätte erschießen sollen, sei weit und breit nicht in Sicht gewesen. Auch seien keine modernen Kommunikationsmittel wie Handy oder Laptop gefunden worden. Bei dem Haus seines Onkels Branislav Mladic im Dorf Lazarevo - eine Autostunde nordwestlich von Belgrad - handele es sich um “ein typisches Bauernhaus“, hieß es in den Presseberichten weiter.
Ratko Mladic: Das ist der "Schlächter von Srebrenica"
Das Gebäude sei in der Vergangenheit von den Sicherheitskräften mehrmals ohne Ergebnis durchsucht worden, Mladic sei erst vor zwei Wochen hier eingetroffen. Zuvor habe er sich in der Umgebung von Belgrad versteckt gehalten. Schon früher hatten die Verfolger herausgefunden, dass Mladic seine Verstecke in schneller Folge änderte.
Keine Belohnung für Ergreifung von Mladic
Die zehn Millionen Euro, die der Staat für die Ergreifung des mutmaßlichen serbischen Kriegsverbrechers Ratko Mladic ausgelobt hatte, bleiben unterdessen im Staatssäckel. Es gebe niemanden, der den entscheidenden Tipp gegeben habe, sagte der Staatssekretär im Justizministerium, Slobodan Homen, dem Belgrad TV-Sender B92. Der 69-Jährige sei “im Rahmen der normalen operativen Arbeit der serbischen Sicherheitsorgane“ gefasst worden. “Die haben nur ihre Arbeit gemäß Verfassung und Gesetz gemacht“, begründete Homen am Freitag seine Position.
Mladic besaß "ganze Tüte voller Medikamente"
Mladic besaß bei seiner Festnahme am Donnerstag “eine ganze Tüte voller Medikamente“. Das berichtete die Zeitung “Blic“ am Freitag in Belgrad unter Berufung auf die Ermittlungsbehörden. Diese Arzneimittel habe er nicht ohne Hilfe eine Arztes beschaffen können. Nach dem medizinischen Check Mladics durch die Amtsärzte schreiben diese nun vor, welche Arzneien der 69-Jährige nehmen soll.
dpa/dapd