Gäste aus aller Welt: Putins Verbündete treffen sich auf dem Kongress der Russophilen

Verschwörungsideologen, Steven Seagal, eine Prinzessin und der Enkel von de Gaulle: Sie alle kommen in Moskau zu einem Propagandakongress zusammen.
Moskau - Schließlich schritt sogar Russlands Außenminister Sergej Lawrow in den prunkvollen Saal im Moskauer Puschkin-Museum. Und verlieh damit der bizarren Veranstaltung, die sich dort abspielte, sogar noch eine offizielle Note. Wie der britische Guardian berichtet, haben sich am Dienstag rund 90 Putin-Freunde in Moskau getroffen, um eine neue „Bewegung der Russophilen“ zu gründen. Bei dem Kongress wurde auch die übliche Propaganda des Kreml gegen den Westen wiedergegeben.
„Wir sehen nicht nur Neo-Nazismus, wir sehen direkten Nazismus in immer mehr Ländern Europas“, erklärte Lawrow in seiner Rede, in der er auch ein Grußwort von Präsident Wladimir Putin persönlich verlas. „Wir sehen, wie Geschichte und heilige Monumente vor unseren Augen zerstört werden.“ Moskau zeichnet erneut das Bild: Der Westen ist gottlos und verdorben. Die „Bewegung der Russophilen“ sei als neue gesellschaftliche Allianz zu verstehen, die dem entgegenstehe. Zum Forum hatte Moskau sein Who-is-Who geschickt. Patriarch Kirill I. ließ Grüße übermitteln. Oligarchen, Industrielle, schwerreiche Politiker kamen, unter ihnen waren auch einige Rechtsextreme und Verschwörungsideologen.
Putin-Freunde gründen „Bewegung der Russophilen“
Nikolaj Malinow, ein ehemaliger Abgeordneter des bulgarischen Parlaments und Anführer einer nationalen Bewegung der Russophilen in Bulgarien, erklärte zur Eröffnung des Kongresses: Es sei Zeit, dass die „Kräfte des Lichts die Kräfte der Finsternis besiegen“. Russland ist also das Licht, der Westen bringe Finsternis. Die Mitglieder der neuen nationalen Russophilen-Bewegung sollen das in ihrer Heimat verbreiten.
Auch aus Deutschland waren Delegierte angereist, berichtet t-online.de. Demnach seien ein ehemaliger AfD-Bundestagsabgeordneter und die deutsch-russische Bloggerin Alina Lipp anwesend gewesen. Die 29-Jährige hält sich seit Beginn des Ukraine-Kriegs in Russland auf und verbreitet über ihre Kanäle Propaganda für Putin.
Steven Seagal: Träger von Putins Freundes-Orden fühlt sich „zu 100 Prozent russophil“
Bei einer Pressekonferenz zur Gründung der neuen Bewegung sprach US-Schauspieler Steven Seagal. Der 70-Jährige gilt seit Jahrzehnten als Unterstützer Putins. Der russische Präsident verlieh Seagal 2016 die Staatsbürgerschaft, 2018 ernannte er ihn zu seinem Sondergesandten für die Beziehungen zu Amerika. Ende Februar bekam Seagal für seine Tätigkeit als Sprachrohr für Putins Propaganda den „Orden der Freundschaft“.
Video: Wladimir Putin ehrt Steven Seagal
2013 ließ sich Seagal, da lagen seine Glanzzeiten als Schauspieler schon eine Weile zurück, von der russischen Waffenlobby einspannen. Der Schauspieler warb in den USA kräftig dafür, Sturmgewehre des Typs Kalaschnikow zu importieren. Sein Engagement ließ sich Seagal gut bezahlen. Am Dienstag, bei der Konferenz der Russophilen, betrat Seagal ganz in Schwarz gekleidet die Bühne und sagte auf Englisch: „Ich bin zu 100 Prozent russophil. Und zu einer Million Prozent Russe“.
Italienische Aristrokratin: Russophobie neue Form von Kolonismus
Neben dem 1,93-Meter-Hünen gab es noch eine weitere Person auf der Bühne, die herausstach. Eine Frau, ebenfalls in ihren 70ern, mit leuchtend roten Haaren. Die italienische Prinzessin Vittoria Alliata di Villafranca. In Italien ist sie vor allem dafür bekannt, dass sie Tolkiens „Der Herr der Ringe“ als Erste in ihre Landessprache übersetzt hat.
Sie erklärte gegenüber dem Guardian, sie fühle sich in Moskau wohl, als Frau „aus einem sizilianischen Dorf, deren Sohn heiraten möchte und die befürchtet, dass europäische Jungen bald ermutigt werden, Kühe zu heiraten“. Damit spielte sie womöglich auf das in Russland immer wieder verbreitete Narrativ an, der Westen wende sich zugunsten queerer Lebensentwürfe von klassischen Geschlechterrollen ab.

Dann berichtete die Seniorin von ihrem Kampf gegen Opus Dei und die Mafia, um ihren Familienpalast in Bagheria zurückzuerobern. In der „Russophobie“ sieht sie eine „neue Version der Kolonisierung“, die mit der Landung der Amerikaner auf Sizilien während des Zweiten Weltkriegs ihren Anfang genommen hätte. Alliata di Villafranca beteuerte, das alles habe nichts mit persönlicher Sympathie zu tun, aber sie finde „Putin netter als Biden“.
Charles de Gaulles Enkel sympathisiert mit Putin - Familie geht auf Distanz
Aus seiner Sympathie für den Kreml-Chef machte am Dienstag auch ein Franzose namens Pierre de Gaulle keinen Hehl. Und nein, de Gaulle ist tatsächlich kein zufälliger Namensvetter des berühmten französischen Generals und Staatsmanns Charles de Gaulle, sondern sein Enkel. De Gaulle betonte, er sei nach Moskau gekommen, „um für Frieden und Freundschaft zu werben“. Der Ukraine-Krieg sei „von angelsächsischen Interessen provoziert und verursacht“ worden. Auch eine „Diskriminierung“ Russlands wollte de Gaulle erkannt haben.
Aussagen, mit denen de Gaulle für Aufsehen sorgte. Yves de Gaulle, Pierres älterer Bruder, distanzierte sich von den Äußerungen. Er sagte am 24. Januar der Zeitung Le Parisien, dass die Ansichten seines Bruders „niemand anderes betreffen als ihn selbst – nicht mich, nicht unsere Familie und noch weniger den General“. (kb)