Hessen: Terror-Verdächtiger schweigt zu Vorwürfen
Frankfurt - Die Polizei in Hessen geht gegen ein weit verzweigtes salafistisches Netzwerk vor. Der Hauptverdächtige der Gruppe soll einen Terroranschlag in Deutschland geplant haben. Er sitzt in Haft.
- Am Mittwoch fand in Hessen in mehreren Städten eine Groß-Razzia gegen ein salafistisches Netzwerk wegen Terrorverdachts statt. Mehr als 50 Moscheen, Privat- und Firmenräume wurden durchsucht.
- Dabei wurde in Frankfurt ein 36 Jahre alter Tunesier festgenommen, der einen Anschlag plante.
- Details wurden in einer Pressekonferenz am Mittwochvormittag genannt.
+++ Der in Hessen gefasste Terrorverdächtige schweigt bislang zu den Vorwürfen. Der 36-jährige Tunesier war am Mittwoch nach einer landesweiten Razzia festgenommen worden und sitzt inzwischen in Untersuchungshaft. Er soll für die Terrormiliz Islamischer Staat einen Anschlag in Deutschland vorbereitet haben. Bei seiner Vernehmung habe er keine Angaben zu diesen Vorwürfen gemacht, sagte Oberstaatsanwalt Alexander Badle am Donnerstag in Frankfurt.
Der Tunesier sei in einer Justizvollzugsanstalt (JVA) im südhessischen Raum untergebracht, die auf derartige Tätertypen gut vorbereitet sei, sagte ein Sprecher der Justizministeriums auf Anfrage. Die JVA sei eine Hochsicherheitseinrichtung. Den Standort nannte der Sprecher nicht. In Sachsen hatte sich im vergangenen Herbst ein Terrorverdächtiger in der Untersuchungshaft mit dem T-Shirt seiner Anstaltskleidung an einem Zellengitter erhängt. Danach war eine Debatte über den Umgang mit islamistischen Terrorverdächtigen im Gefängnis entbrannt.
MIttwoch, 1. Februar - Nach Razzia in Hessen: Tunesier wegen Anschlag gesucht
+++ Tunesien will nach Angaben eines Justizsprechers die Auslieferung des in Hessen verhafteten Terrorverdächtigen beantragen. Sobald die Identität des Mannes bekannt sei, werde man die notwendigen Schritte einleiten, sagte der Sprecher des auf Terrorfälle spezialisierten Gerichtes in Tunis, Sufian al-Saliti, der Deutschen Presse-Agentur. Man stehe mit Interpol in Kontakt.
Die Polizei in Hessen hatte den 36-Jährigen Tunesier am Mittwoch bei einer groß angelegten Razzia gegen islamistischen Terror festgenommen. Er soll für die Terrormiliz IS einen Anschlag in Deutschland geplant haben. In seinem Heimatland soll der Mann an dem Anschlag auf das berühmte Bardo-Museum in der Hauptstadt Tunis mit mehr als 20 Toten im März 2015 beteiligt gewesen sein.
+++ Die groß angelegten Razzia gegen den islamistischen Terror in Hessen beweist nach Ansicht von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) die Schlagkraft der Sicherheitsbehörden. „Das zeigt, dass die deutschen Sicherheitsbehörden wachsam sind und entschlossen zugreifen, wenn es geboten und notwendig ist“, sagte der Minister am Mittwoch in Berlin.
Die Durchsuchungen und Festnahmen seien in Verantwortung der hessischen Behörden erfolgt, die Bundesbehörden seien informiert worden, die Zusammenarbeit habe funktioniert.
+++ Der Tunesier wird von den Behörden seines Heimatlandes wegen Beteiligung am Anschlag auf das Bardo-Museum mit 21 Toten im März 2015 gesucht. Gegen den 36-Jährigen werde in Tunesien "wegen der mutmaßlichen Beteiligung an der Planung und Umsetzung" des Angriffs ermittelt, erklärte die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main am Mittwoch. Auch im Zusammenhang mit einem Angriff auf die Grenzstadt Ben Guerdane im März 2016, bei dem 13 Sicherheitskräfte und sieben Zivilisten getötet wurden, werde der Mann gesucht.
+++ Auch er dankt den Beamten noch einmal für ihren Einsatz und lobt ausdrücklich die Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft. „Der Schutz unserer Bürger hat oberste Priorität für uns.“
+++ Nun übernimmt ein LKA-Sprecher: Über 1100 Polizeibeamte waren in der Nacht zum Mittwoch im Einsatz. Über die vergangenen vier Monate waren 150 Beamte permanent beschäftigt.
+++ Mehr Details kann der Sprecher noch nicht nennen. „Die Gefahr ist nicht regional begrenzt. Deswegen müssen Behörden und Justiz Hand in Hand arbeiten.“ Er lobt die Zusammenarbeit des LKA und der Staatsanwaltschaft noch einmal ausdrücklich.
+++ Der Mann wurde gegen 4 Uhr am Mittwoch festgenommen und leistete währenddessen keinerlei Widerstand. Ein Haftbefehl wurde erlassen.
+++ Die Razzia fand primär im Großraum Frankfurt statt. Der 36-jährige Tunesier soll Kontakt zum IS gehabt haben und einen Anschlag in Deutschland vorbereitet haben. Die Planungen waren in einem sehr frühen Status. Eine konkrete Anschlagsgefahr bestand nicht.
+++ Mit etwas Verspätung beginnt die PK der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt/Main und des LKA Hessen. Die Ermittlungen laufen wegen der „Vorbereitung einer staatsgefährdenden Gewalttat.“
Im Video: Tunesier bei Terror-Razzia festgenommen
Groß-Razzia in Hessen: 36-Jähriger soll Anschlag geplant haben
Bei einer groß angelegten Razzia gegen islamistischen Terror in Hessen hat die Polizei am Mittwoch einen 36 Jahre alten Tunesier festgenommen. Der mit Haftbefehl gesuchte Mann wird verdächtigt, als Anwerber und Schleuser für die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) aktiv gewesen zu sein und ein Netzwerk von Unterstützern aufgebaut zu haben, um einen Terroranschlag in Deutschland zu verüben. Ein konkretes Anschlagsziel habe er aber noch nicht gehabt. Die Planung sei in einer frühen Phase gewesen, teilte die Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt mit.
Die Ermittlungen richten sich insgesamt gegen 16 Beschuldigte im Alter zwischen 16 und 46 Jahren. Die Polizei durchsuchte am frühen Mittwochmorgen 54 Wohnungen, Geschäftsräume und Moscheen in Hessen. Schwerpunkt war das Rhein-Main-Gebiet. Die Verdächtigen werden beschuldigt, eine ausländische terroristische Vereinigung unterstützt und eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet zu haben.
Gegen den Tunesier hatte das Oberlandesgericht Frankfurt bereits am vergangenen Donnerstag Haftbefehl erlassen. Er habe sich am frühen Mittwochmorgen in Frankfurt widerstandslos festnehmen lassen und sitzt inzwischen in Haft.
Rund 1100 Polizeibeamte waren im Einsatz, sie durchsuchten Wohnungen, Geschäftsräume und Moscheen in Frankfurt, Offenbach, Darmstadt, Limburg und Wiesbaden sowie in den Kreisen Offenbach, Groß-Gerau, Marburg-Biedenkopf und Main-Taunus. Die „Bild“-Zeitung hatte zuerst über den Einsatz berichtet.
Der hessische Innenminister Peter Beuth sagte, die Polizei habe frühzeitig eingegriffen. „Mit den Maßnahmen senden wir eine deutliche Botschaft an die radikalen Islamisten in Hessen: Wir haben die Szene fest im Blick“, sagte der CDU-Politiker. „Wir dulden in unserem Land keine verblendeten Fanatiker, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnen, die unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit Hassbotschaften verbreiten und zum Kampf gegen Andersgläubige aufrufen.“
Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt und das hessische Landeskriminalamt wollen in einer Pressekonferenz am Vormittag (10 Uhr) in Wiesbaden Details zu den Ermittlungen bekannt geben.
Am Dienstagabend waren in Berlin drei Terrorverdächtige verhaftet worden.
dpa/Video: snacktv