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Polen unterschreibt Anti-Russen-Gesetz - sogar den USA geht das zu weit, Opposition spricht vom Bürgerkrieg

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Aufruhr in Polen: Nach einem neuen Gesetz hagelt es Kritik von Opposition, der EU und aus den USA. Es ist sogar die Rede von Bürgerkrieg.

Warschau - Ein neues Gesetz in Polen sorgt für Spannungen zwischen dem Land, der EU und der USA: Die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika hat sich besorgt über ein umstrittenes Gesetz in Polen gezeigt, das die Einberufung einer Untersuchungskommission zur Einflussnahme Russlands vorsieht. Das Gesetz könne zur „Beeinträchtigung der freien und fairen Wahlen in Polen missbraucht“ werden, hieß es in einer vom US-Außenministerium in der Nacht auf Montag veröffentlichten Erklärung.

EU-Justizkommissar: Vorhaben „besonders beunruhigend“ - Oppositon: „Bürgerkrieg“

So hieß es weiter: „Wir teilen die von vielen Beobachtern geäußerte Sorge, dass dieses Gesetz zur Einrichtung einer Kommission zur Untersuchung russischer Einflussnahme dazu benutzt werden könnte, die Kandidatur von Oppositionspolitikern ohne ordnungsgemäßes Verfahren zu verhindern“. Die Entscheidung dürfte die ohnehin schon angespannten Beziehungen zwischen Warschau und Brüssel noch weiter verschlechtern, da die Europäische Kommission Milliarden an EU-Reparaturgeldern für die Pandemie einfriert, weil sie befürchtet, dass die polnische Regierung von den demokratischen Grundsätzen des Blocks abweicht.

EU-Justizkommissar Didier Reynders bezeichnete das Vorhaben am Dienstag (30. Mai) in Brüssel als „besonders beunruhigend“. Man werde nicht zögern, Maßnahmen zu ergreifen, wenn es nötig sei. Kritik gibt es auch aus der Wissenschaft. „Duda hat ein Gesetz unterzeichnet, das es dem Parlament ermöglicht, eine Kommission einzusetzen, die die Funktionen von Gerichten, Staatsanwälten und Sonderdiensten an sich reißen wird“, twitterte Ben Stanley, außerordentlicher Professor an der Universität für Sozial- und Geisteswissenschaften in Warschau, und fügte hinzu: „Es liegt eine tiefe Ironie darin, dass der Gesetzentwurf angeblich den russischen Einfluss auf das öffentliche Leben Polens untersucht und gleichzeitig die Schaffung eines Kangaroo-Gerichts vorsieht, das direkt aus der Putinschen Ideologie stammt.“ (In drastischer Wortwahl stieß der russische Politiker Dimitri Medwedew zuletzt eine Drohung gegen Polen aus. Der Vertraute von Wladimir Putin wurde polemisch.)

„Präsident Andrzej Duda hat unser Land heute intern und extern ernsthaft geschwächt; Er hat beschlossen, einen polnischen Bürgerkrieg auszulösen“, sagte Szymon Hołownia, Vorsitzender der Oppositionspartei Polen 2050.

Biden zu Besuch in Polen
Polens Präsident Andrzej Duda (r.) empfing US-Präsident Joe Biden im Februar in Warschau. © Czarek Sokolowski/AP/dpa

PiS-Regierung wirft Donald Tusk unter anderem unvorteilhafte Gasverträge mit Russland vor

Eine Untersuchungskommission soll nach dem Gesetzesentwurf prüfen, ob Amtsträger in den Jahren 2007 bis 2022 russischer Einflussnahme erlegen sind und Entscheidungen getroffen haben, die der Sicherheit des Landes schadeten. Dazu gehört beispielsweise der Abschluss von Verträgen, die russischen Einfluss begünstigen könnten, und die Weitergabe relevanter Informationen an Dritte. Die Kommission soll auch Strafen verhängen dürfen. Unter anderem kann sie Funktionsträger für eine Dauer von bis zu zehn Jahren von der Übernahme eines Amts sperren, wenn dieses Amt auch die Kontrolle über öffentliche Gelder beinhaltet. Ein Berufungsverfahren dagegen ist nicht vorgesehen.

Die Kommission soll sich aus neun Personen zusammensetzen, die vom Unterhaus des polnischen Parlaments, dem Sejm, ernannt werden. Dort hat die PiS die Mehrheit. Der einstige EU-Ratspräsident Donald Tusk war von 2007 bis 2014 polnischer Regierungschef. Die PiS-Regierung wirft ihm unter anderem vor, er habe unvorteilhafte Gasverträge mit Russland abgeschlossen.

Kritiker werfen der nationalkonservativen PiS-Regierung vor, sie ziele mit dem Gesetz wenige Monate vor der Parlamentswahl im Herbst vor allem auf eine Diskreditierung des Oppositionsführers und ehemaligen Regierungschefs Donald Tusk. Zudem könnte die Kommission Funktionsträgern auch ein Amtsverbot erteilen.

Polnische Regierung besteht darauf, dass sie keine versteckten Absichten verfolgt

Auch der amerikanische Botschafter in Polen, Mark Brzezinski, sagte bei TVN24 deutlich, dass er die Sorgen vieler Polen teile, dass das Gesetz instrumentalisiert werden könnte. Er begrüße es, dass nun der Präsident das Gesetz dem polnischen Verfassungsgericht zur Prüfung vorlegen wolle.

Führende PiS-Politiker haben indes bereits Kritik an US-Botschafter Brzezinski geäußert. Polens ehemaliger Außenminister Witold Waszczykowski schrieb auf Twitter: „Der amerikanische Botschafter übt in einem privaten Fernsehsender, der sich politisch stark gegen die polnische Regierung engagiert, offen Kritik an der polnischen Regierung. Dies ist ein unglaublicher diplomatischer Skandal.“

Die polnische Regierung besteht darauf, dass sie keine versteckten Absichten verfolgt. „Es gibt nichts, wovor man Angst haben muss“, sagte Premierminister Mateusz Morawiecki und fügte hinzu: „Warum hat unsere geschätzte Opposition, insbesondere Herr Tusk, solche Angst vor einer Kommission zur Überprüfung des russischen Einflusses?“ (cgsc mit dpa)

Eine russische Rakete landete in einem polnischen Wald nahe der ukrainischen Grenze - mit einem Gefechtskopf aus Beton. In Polen sorgt das für Spott.

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