Schüsse auf Moschee: Nur einer der Festgenommenen verdächtig
Quebec - Die Gläubigen in der Moschee haben sich zum Abendgebet versammelt, als zwei Angreifer das Gotteshaus in Québec in Kanada stürmen. Die Attacke mit sechs Toten erschüttert die Gemeinden des Landes.
Mutmaßliche Terroristen haben eine Moschee in Québec im Osten Kanadas gestürmt und sechs Menschen erschossen. Acht weitere Menschen wurden verletzt, sechs von ihnen schwebten am Montag in Lebensgefahr, wie Polizeisprecherin Christine Coulombe und die Klinik CHU mitteilten. Die beiden mutmaßlichen Täter wurden festgenommen, von weiteren Komplizen ging die Polizei zunächst nicht aus. Kanadas Premierminister Justin Trudeau sprach von einem „Terroranschlag auf Muslime“ und versprach, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen.
Der Premierminister der französischsprachigen Provinz Québec, Philippe Couillard, sagte, es gebe bisher sehr wenige Informationen über die beiden Festgenommenen. Beide studierten an der bekannten Laval-Universität in Québec, einer von ihnen soll marokkanischer Herkunft sein, wie Radio Canada, das zum TV-Sender CBC gehört, unter Berufung auf Ermittlerkreise berichtete.
Später teilte die Polizei in Québec mit, nur einer der beiden Festgenommenen werde als Verdächtiger behandelt. Der zweite Mann diene den Ermittlern "als Zeuge" des Attentats, so die Polizei. Zuvor waren die Behörden von zwei bewaffneten Angreifern ausgegangen.
Moschee war schon öfter Ziel von Angriffen
Dem Sender CBC zufolge hielten sich zum Tatzeitpunkt am Sonntag gegen 20.00 Uhr (Ortszeit) rund 40 Menschen zum Abendgebet in der Moschee im Viertel Sainte-Foy auf. Ein Augenzeuge berichtete demnach, zwei maskierte Männer hätten das Gebäude gestürmt, auf die Betenden geschossen und dabei „Allahu Akbar“ („Gott ist groß“) gerufen. Einer der Angreifer war nach Angaben der Zeitung „Le Soleil“ mit einem Kalaschnikow-Sturmgewehr bewaffnet. Mehrere Kinder hätten den Angriff miterlebt. Die Todesopfer sind zwischen 35 und 70 Jahre alt.
Einer der Todesschützen wurde laut Radio Canada noch vor der Moschee festgenommen. Der andere sei zunächst mit dem Auto geflüchtet, habe dann aber selbst die Polizei gerufen und sich gestellt. In dem Fahrzeug wurde demnach mindestens eine Waffe gefunden, die Wohnung eines der Festgenommenen wurde durchsucht. „Die Lage ist unter Kontrolle“, versicherte Polizeisprecher David Poitras in der Nacht, nachdem die Sicherheitskräfte mit einem Großaufgebot angerückt waren. „Die Umgebung wurde gesichert, und wir haben alle Gebäude evakuiert.“
„Es ist entsetzlich“, sagte der Moschee-Vorsitzende Mohammed Yangui der Nachrichtenagentur dpa. „Diese Menschen kommen jeden Tag friedlich zum Beten, aber jetzt werden einige von ihnen nie wieder vom Gebet nach Hause zurückkehren. Ich bin schockiert, mir fehlen die Worte, um zu beschreiben, was ich fühle.“ Yangui wies darauf hin, dass seine Moschee in der Vergangenheit schon mehrfach Ziel von Angriffen gewesen sei. Im Juni wurde etwa ein abgetrennter Schweinekopf im Eingangsbereich der Moschee abgelegt.
Trump bekundet Beileid
Québecs Premierminister Couillard betonte nach dem Anschlag die Solidarität mit der muslimischen Gemeinschaft. „Ihr seid willkommen bei uns. Wir alle sind Québecer“, sagte er bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bürgermeister Regis Labeaume und seinem Sicherheitsminister Martin Coiteux. Labeaume sagte, die „Mitbürger und Mitbürgerinnen“ seien „unsere Nachbarn“. Coiteux versicherte, es werde alles getan, die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten.
Auch US-Präsident Donald Trump hat dem Nachbarland sein Mitgefühl ausgesprochen. Trump habe in einem Telefonat dem kanadischen Premierminister Justin Trudeau und dem kanadischen Volk sein Beileid "nach der tragischen Schießerei in einem islamischen Kulturzentrum in Québec" übermittelt, teilte Trudeaus Büro am Montag mit.
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel verurteilte den Anschlag auf das Schärfste: „Der Angriff zielt ins Herz einer Nation, die für religiöse Toleranz und Vielfalt bekannt ist.“ Deutschland und Kanada seien überzeugte Partner im Kampf gegen den Terrorismus, hieß es in einer vom Auswärtigen Amt in Berlin veröffentlichten Erklärung weiter. Das entschlossene Vorgehen gegen die Täter dürfe aber nicht auf Kosten einer offenen und freien Gesellschaft geschehen.
Der Bürgermeister von Montréal, Denis Coderre, sagte am Montag wegen des Anschlags in Quebéc einen geplanten Berlin-Besuch ab. Er hatte in der deutschen Hauptstadt der Opfer des Weihnachtsmarkts-Anschlags gedenken wollen, wie der Berliner Senat mitteilte. Montréal ist die größte Stadt der Provinz Québec und liegt ungefähr 250 Kilometer von der Stadt Québec entfernt.
Im Gedenken an die Opfer des Anschlags von Québec schaltet die französische Hauptstadt Paris in der Nacht zum Dienstag die Beleuchtung des Eiffelturms ab. Die Lichter des Wahrzeichen sollten um Mitternacht erlöschen, kündigte Bürgermeisterin Anne Hidalgo an.
Update vom 20. Juni 2017: In Brüssel ist es am Abend zu einer Explosion gekommen. Offenbar schoss die Polizei einen Mann mit Sprengstoffgürtel nieder.
Update vom 23. Mai 2017: Bei einem Konzert von Ariana Grande in Manchester hat sich mindestens eine Explosion ereignet. Die Polizei hat über 20 Tote bestätigt, zahlreiche Menschen wurden verletzt. Offenbar handelt es sich um einen Terroranschlag.
dpa/afp/sr