Regeln für "Frühchen"-Versorgung vorerst gestoppt
Berlin - Die neuen Vorgaben zur Spezialisierung von Kliniken auf die Versorgung zu früh geborener Babys ist vorerst durch eine Eilentscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg gestoppt.
Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg setzte auf Antrag von 30 Krankenhäusern aus ganz Deutschland die seit Jahresbeginn geltenden Regeln aus. Damit dürfen mehr Kliniken weiter “Frühchen“ versorgen als mit der Neuregelung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) von Krankenkassen, Ärzten und Kliniken hatte festgelegt, dass nur noch Kliniken sich um Babys mit weniger als 1.250 Gramm Geburtsgewicht kümmern dürfen, die mindestens 30 solche Fälle pro Jahr haben. Argument dafür: je mehr Fälle, desto größer die Erfahrung mit der medizinisch anspruchsvollen Betreuung und desto besser letztlich auch die Überlebenschancen der Frühchen. Erst letztes Jahr war eine “Mindestmenge“ von 14 Fällen im Jahr eingeführt worden, zum 1. Januar 2011 sollte sie auf 30 Fälle steigen. Etliche Kliniken hätten damit solche Babys nicht mehr behandeln dürfen.
Das Gericht hatte den Vollzug jedoch schon mit Zwischenbescheiden im Dezember ausgesetzt und entschied nun im Eilverfahren, es sei unklar, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erhöhung der Mindestmenge vorlägen. Auch sei nicht hinreichend belegt, dass bei Frühchen die Leistungsqualität tatsächlich in besonderem Maße von der Menge der Fälle abhänge.
Beim vorläufigen Stopp der Neuregelung habe auch die “Folgenabwägung“ eine Rolle gespielt, erklärte das Gericht: Träte die neue Mindestmenge von 30 Frühchen vorläufig in Kraft, führe dies “zur sofortigen Zerschlagung“ funktionsfähiger Zentren zur Frühgeborenenversorgung. Würde die Neuregelung dann im Hauptsacheverfahren für nichtig erklärt, müsste die Struktur neu aufgebaut werden.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft begrüßte die Gerichtsentscheidung. Hauptgeschäftsführer Georg Baum erklärte, der Gemeinsame Bundesausschuss habe die Mindestmengen auf schlechter Datengrundlage eingeführt. De facto würden damit Kliniken von der Versorgung ausgeschlossen, obwohl sie hervorragende Leistungen erbrächten. Die Regelung sei “ein weiteres Beispiel dafür, dass der GBA mit seinen Entscheidungen zulasten der Kliniken weit über seine Kompetenzen hinausgeht“, erklärte Baum. Im Ausschuss selbst seien die Argumente der Kliniken vom Tisch gewischt worden.
dapd