Update vom 24. September: Nachdem die Grünen-Politikerin Renate Künast mit ihrer Klage wegen Hassrede im Netz gescheitert war, solidarisieren sich nun ihre Parteikollegen. Vor der Neuwahl der Doppelspitze im Bundestag versammelten sich die Abgeordneten hinter einem Banner mit der Aufschrift #NoHateSpeech (keine Hassrede).
Die frühere Fraktionsvorsitzende und Bundesministerin Künast hatte vor dem Landesgericht Berlin versucht, gegen wüste Beschimpfungen in sozialen Medien vorzugehen. Das Berliner Landgericht erklärte die Verunglimpfungen Anfang des Monats jedoch für zulässig. Das Urteil hatte bundesweit für scharfe Kritik gesorgt. Künast kündigte an, Revision einzulegen.
Eine kanadische Grünen-Politikerin sorgte derweil mit einer Fotopanne für Aufsehen.
Update vom 20. September: Die Organisation HateAid hat das Urteil des Landgerichts Berlin gegen Renate Künast scharf kritisiert und angekündigt, das Beschwerdeverfahren der früheren Bundesministerin zu finanzieren. Die Entscheidung des Landgerichts, Künasts Klage gegen Facebook wegen zahlreicher Beleidigungen im Netz abzulehnen, "hat uns mehr als irritiert", erklärte die Geschäftsführerin von HateAid, Anna-Lena von Hodenberg, in Berlin.
"Dass im politischen Meinungskampf auch mal mit härteren Bandagen gekämpft werden darf, ist gut und richtig", fügte von Hodenberg hinzu. Allerdings stehe für ihre Organisation außer Frage, dass die Grenzen der Meinungsfreiheit in diesem Fall "weit überschritten" wurden. Die Begründung des Landgerichts sei "nicht nachvollziehbar", die Entscheidung setze "ein fatales Zeichen für alle, die sich in unserem Land für Demokratie und einen zivilisierten Umgang im Netz einsetzen".
Erstmeldung vom 19. September:
Berlin - Als Politiker muss man sich offenbar einiges an Beschimpfungen anhören. Gefallen lassen wollte sich Renate Künast (Grüne) das in einem besonders drastischen Fall aber nicht. Sie zog vor Gericht - erfolglos.
„Stück Scheiße“ und „altes, grünes Dreckschwein“ - das sind offenbar nicht einmal die schlimmsten Aussagen, die sie zu lesen bekommt. Wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet, gab es noch drastischere und auch sexistischere Posts. Doch das Landgericht Berlin sah den Tatbestand der Klage nicht erfüllt - die Kommentare stellten „keine Diffamierung der Person der Antragstellerin und damit keine Beleidigungen“ dar.
Künast möchte gegen die Entscheidung vorgehen. „Der Beschluss des Landgerichts sendet ein katastrophales Zeichen, insbesondere an alle Frauen im Netz, welchen Umgang Frauen sich dort gefallen lassen sollen“, erklärt sie. „Wohin geht die Gesellschaft, wenn all solche Äußerungen als zulässige Meinungsäußerung ertragen und erlitten werden müssen?“, fragte die Grünen-Politikerin.
Grünen-Chef Robert Habeck stellt sich an die Seite seiner Parteikollegin und erinnert etwa an Walter Lübcke: „Wir wissen inzwischen, dass eine verrohte Sprache den Weg zu realer Gewalt ebnet.“ Habeck forderte, solche Aussagen dürften nicht zur Normalität werden. Die Grenzen des Sagbaren seien schon lange verschoben, es sei höchste Zeit, „dem entschieden entgegenzutreten“, erklärte er.
Renate Künast hatte erreichen wollen, dass Facebook die personenbezogenen Daten von 22 Nutzern herausgeben darf. Sie wollte zivilrechtliche Schritte gegen diese einleiten, wie ihr Anwalt Severin Riemenschneider erklärte. Laut Gericht handelt es sich aber um zulässige Meinungsäußerungen. Der Anwalt bezeichnet die Kommentare als „schwerste Beleidigungen, die jedes Maß überschreiten“.
Hintergrund war ein fragwürdiger Zwischenruf von Künast aus dem Jahr 1986 während einer Debatte um Pädophilie. Ein CDU-Abgeordneter stellte die Zwischenfrage, wie die Rednerin zu einem Beschluss der Grünen in Nordrhein-Westfalen stehe, die Strafandrohung wegen sexuellen Handlungen an Kindern solle aufgehoben werden. Ihre damalige Aussage „Komma, wenn keine Gewalt im Spiel ist“ weist Künast heute als Missverständnis zurück. Die Netzgemeinde griff es auf, woraufhin die Hasskommentare im Netz folgten.
Das Berliner Landgericht begründete seinen Beschluss auch damit, dass die Öffentlichkeit Künasts Einwurf als Zustimmung zu dem Beschluss der NRW-Grünen wahrgenommen habe. „Von einer Schmähung kann nicht ausgegangen werden, wenn die Äußerung in dem Kontext einer Sachauseinandersetzung steht.
Künast ist nicht die erste Politikerin, die wegen Facebook vor Gericht zieht. Auch Ilse Aigner stellte Strafanzeige - gegen einen AfD-Mann. Was Politiker sich alles im Internet gefallen lassen müssen, ist ein heikles Thema und wird auch im ZDF-Polit-Talk von Maybrit Illner unter dem Titel „Hass verbieten“ versus „Meinung aushalten“ diskutiert.
dpa/jw
Noch sind nicht viele Informationen bekannt, doch fest steht: Eine bayerische Politikerin wurde in einer E-Mail sexuell beleidigt.