Rente rauf: Wie viel mehr Geld das bedeutet
Würzburg - Für 2012 wird ein deutlicher Rentenanstieg von 2,3 Prozent erwartet. Im Gegenzug sinken sogar die Beiträge für Beschäftigte und Arbeitgeber. Wie viel dann mehr im Geldbeutel sein könnte:
Es gibt sie noch, die guten Nachrichten für Arbeitnehmer und Rentner: Trotz Euro-Schuldenkrise können sie nächstes Jahr mit mehr rechnen! Denn entgegen erster Erwartungen hat die Finanz-Flaute die Bundesrepublik noch nicht erreicht. Die tz erklärt, was es mit den Überraschungs-Zahlen auf sich hat:
Was kommt auf Rentner zu?
Wegen schlechter Wirtschaftserwartungen rechnete die Deutsche Rentenversicherung (DRV) im Juni noch mit einer Rentensteigerung von nur 1,3 Prozent. Am Donnerstag überraschte DRV-Präsident Herbert Rische in Würzburg: 2012 erwartet die Ruheständler ein Plus von 2,29 Prozent. Um einen ähnlichen Wert stieg die Rente zuletzt 2009, gefolgt von einer Nullrunde 2010 und 0,99 Prozent mehr 2011. Diese Prognose muss die Bundesregierung im Frühjahr 2012 aber erst noch offiziell bestätigen.
Und worauf dürfen sich Arbeitnehmer und ihre Chefs freuen?
Auf einen niedrigeren Renten-Beitragssatz! Er liegt derzeit bei 19,9 Prozent des Bruttolohns und wird wegen voller Rentenkassen nächstes Jahr um 0,3 Prozentpunkte sinken und 2013 um weitere 0,4 Punkte auf dann 19,2 Prozent. Die Beitragssenkung teilen sich Firmen und ihre Beschäftigten je zur Hälfte.
Wo kommt das Geld her?
Die Deutschen haben es erarbeitet: „Der wirtschaftliche Schwung hat bisher angehalten“, erklärte DRV-Präsident Herbert Rische. Auch in nächster Zukunft werde die „Finanzentwicklung trotz der erneut heftigen Erschütterungen auf den Kapitalmärkten positiv verlaufen“. So konnte die Versicherung bis September 4,3 Prozent mehr Beiträge einnehmen als 2010. Allerdings erwarten die Renten-Rechner bis Dezember doch noch eine kleine Konjunktur-Delle. Allerdings sanken die Ausgaben etwa für Langzeitarbeitslose. So standen 0,5 Prozent Mehrausgaben Mehreinnahmen von 2,3 Prozent entgegen – Überschuss 2011: 4,4 Milliarden Euro!
Warum ist die Versicherung jetzt so spendabel?
Weil das Gesetz sie dazu zwingt und sie nicht zu viel auf ihren Konten ansparen darf: höchstens 1,5 mal so viel, wie die DRV in einem Monat ausgibt. Zum Jahresende wird die sogenannte Nachhaltigkeitsrücklage aber bereits 1,38 betragen.
Könnte es nicht noch ein bisschen mehr Geld für den Bürger sein?
Ja – zumindest theoretisch. Weil mit der geburtenschwachen Nachkriegsgeneration aktuell weniger Menschen in Rente gehen und die Löhne um gut 3 Prozent stiegen, wäre ein Renten-Plus von über 5 Prozent drin! Allerdings muss die DRV noch alte Lasten finanzieren: etwa dass die Bundesregierung 2010 statt einer Minus- eine Nullrunde garantierte oder der sogenannte Riester-Faktor, der die Rente mindert.
Wie sieht es die nächsten Jahre aus?
Durchwachsen. Ab 2014 sind die Altlasten im Westen weitgehend abgetragen, was für ein größeres Plus sorgt. Weil immer weniger Bürger immer mehr Alte finanzieren müssen, wird der Rentenversicherungsbeitrag bis 2020 auf 19,6 Prozent wieder steigen, bis 2030 auf sogar 21,8 Prozent. Gleichzeitig kriegen künftige Rentner auch weniger raus: Das rechnerische Rentenniveau vor Steuern liegt bei 50,2 Prozent des Durchschnittsverdienstes. Im Jahr 2020 soll es auf 47,7 und bis 2030 auf 44,6 Prozent sinken. Das will die Politik – und dass der Bürger privat vorsorgt.
Warum erhalten Ost-Rentner mehr als West-Rentner?
Sie erwarten statt den westlichen 2,3 sogar 3,2 Prozent mehr Rente. Ein Grund ist die dort bessere Lohnentwicklung sowie die weiter andauernde Angleichung von Ost und West: So ist ein sogenannter Rentenpunkt – die Berechnungs-Basis für jede Rente – derzeit im Osten 24,37 Euro wert, im Westen aber 27,47 Euro.
Walther Schneeweiß
So verlängern Sie Ihr Leben
Das bringt Ihnen die Rentenerhöhung
Die Altersbezüge sollen voraussichtlich um 2,29 Prozent steigen. Die tz erklärt, wie viel die Rentner dann mehr in der Tasche haben | |
Rente jetzt | Rente ab 1. 7. 2012 |
500 Euro | 511,45 Euro |
600 Euro | 613,74 Euro |
700 Euro | 716,03 Euro |
800 Euro | 818,32 Euro |
900 Euro | 920,61 Euro |
1000 Euro | 1022,90 Euro |
1100 Euro | 1125,19 Euro |
1200 Euro | 1227,48 Euro |
1300 Euro | 1329,77 Euro |
1400 Euro | 1432,06 Euro |
1500 Euro | 1534,35 Euro |
1600 Euro | 1636,64 Euro |
1700 Euro | 1738,93 Euro |
1800 Euro | 1841,22 Euro |
Quelle: Rentenversicherung |
Das bringt ein niedrigerer Beitrag
So viel sparen Arbeitnehmer und Arbeitgeber | |||
Bruttogehalt | 19,9 % | 19,6 % | Differenz |
1000 Euro | 199,00 Euro | 196,00 Euro | 3,00 Euro |
1500 Euro | 298,50 Euro | 294,00 Euro | 4,50 Euro |
2000 Euro | 398,00 Euro | 392,00 Euro | 6,00 Euro |
2500 Euro | 497,50 Euro | 490,00 Euro | 7,50 Euro |
3000 Euro | 597,00 Euro | 588,00 Euro | 9,00 Euro |
3500 Euro | 696,50 Euro | 686,00 Euro | 10,50 Euro |
Arbeitnehmer und Arbeitgeber teilen sich den Beitrag |
Die Geschichte der Rentenanpassungen
Schon in den siebziger Jahren gab es Nullrunden – aber auch Rekorderhöhungen | |
Jahr | Erhöhung |
1960 | 5,94% |
1965 | 9,40% |
1970 | 6,35% |
1972 | 15,80% |
1973 | 11,35% |
1974 | 11,20% |
1975 | 11,10% |
1976 | 11,00% |
1978 | 0,00% |
1980 | 4,00% |
1985 | 3,00% |
1990 | 3,10% |
1995 | 0,50% |
2000 | 0,60% |
2004 | 0,00% |
2005 | 0,00% |
2009 | 2,41% |
2010 | 0,00% |
2011 | 0,99% |
Quelle: DRV |
Beitragssenkung oder Kampf gegen Altersarmut?
Die steigenden Rücklagen der Deutschen Rentenversicherung sorgen für eine Diskussion darüber, wie das Geld verwendet werden soll. Die Antwort der DRV: Der Beitrag zur Rentenversicherung soll sinken – um 0,3 Prozent. Denn bis zum Jahresende werden sich fast 24 Milliarden Euro an Rücklagen angesammelt haben.
Der Rentenexperte der Linken, Matthias Birkwald, warnt davor, diese Überschüsse in der Rentenversicherung durch eine Mini-Entlastung der Beitragszahler um 0,3 Prozentpunkte „zu verpulvern“. Das Geld solle besser nachhaltig gegen Altersarmut eingesetzt werden. Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Ulrike Mascher, verweist darauf, dass laut einer Forsa-Umfrage 79 Prozent der Bürger auf Beitragssenkungen verzichten würden, wenn mit den Überschüssen Maßnahmen gegen Altersarmut finanziert würden.
DRV-Präsident Rische kontert im Gespräch mit der tz: „Altersarmut ist aus Steuermitteln zu bekämpfen, nicht aus Beitragsmitteln.“ Er befürchtet sonst einen Dammbruch: „Je mehr Geld da ist, desto mehr wird die Politik einfordern und ausgeben. Das ist aus Sicht einer Versicherung schwierig.“ Und so dürfen sich die Arbeitnehmer weiter über sinkende Beiträge freuen.Bis 2014 soll der Beitrag laut Regierung sogar bis auf 19,1 Prozent sinken.
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