„Jemand hat etwas falsch verstanden“, sagte Moskalkow in Ankara. „Wir haben über die Ergebnisse unserer vergangenen Arbeit gesprochen. Diese Austausche haben bereits stattgefunden.“ Sie und ihr ukrainischer Kollege Lubinez hätten außerdem Listen mit verletzten Soldaten ausgetauscht, um einen möglichen zukünftigen Austausch vorzubereiten.
Update vom 12. Januar, 17.30 Uhr: Die Grünen im Europaparlament wollen Bundeskanzler Olaf Scholz persönlich dazu drängen, zusammen mit anderen Ländern Kampfpanzer an die von Russland angegriffene Ukraine zu liefern. In einem Änderungsantrag der Grünen-Fraktion für einen Bericht zur EU-Außen- und Sicherheitspolitik heißt es, das Europaparlament fordere Scholz dazu auf, „ein europäisches Konsortium relevanter europäischer Länder zu initiieren, um ohne weitere Verzögerung Leopard-2-Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern“.
Über den Bericht stimmt das Plenum des Parlaments in der kommenden Woche ab. Grundsätzlich hatte sich das Parlament schon im Oktober dafür ausgesprochen, der Ukraine mit Kampfpanzern zu helfen. Der außenpolitische Koordinator der Grünen-Fraktion, Reinhard Bütikofer, betonte am Donnerstag: „Es geht nicht nur um Panzerlieferungen in kleiner Stückzahl, sondern um eine Unterstützung der Ukraine, die auf dem Schlachtfeld einen Unterschied machen kann.“ Es komme darauf an, dass Berlin das Thema aktiv aufgreife und ein starkes Ergebnis zustande bringe. Auch die sozialdemokratische Fraktion reichte einen Änderungsantrag ein, der „unter koordinierter EU-Initiative“ die Lieferung von Leopard-2-Panzern von den EU-Staaten fordert.
Update vom 12. Januar, 15.40 Uhr: Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, äußerte sich laut der staatlichen Nachrichtenagentur Tass über die neuen westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine. „Die Versorgung der Ukraine mit Angriffswaffen wird unser Land nicht daran hindern, die Ziele im Rahmen der militärischen Spezialoperation zu erreichen“, zitierte die Agentur die Sprecherin von Außenminister Sergej Lawrow.
Sie warf den USA darüber hinaus vor, mit den neuen Lieferungen den Konflikt eskalieren zu lassen und „das Leid der ukrainischen Bevölkerung“ zu verlängern. Sacharowa warnte: „Die neuen Waffensysteme, die an das ukrainische Militär geliefert werden, werden zu einem legitimen Ziel für Russland.“
Update vom 12. Januar, 15.20 Uhr: Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) schließt die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine nicht mehr aus. „In den Zeiten, in denen wir leben, sind wir gut beraten, uns auf die jeweilige Situation einzustellen“, sagte sie laut Redaktionsnetzwerk Deutschland bei einem Truppenbesuch im sächsischen Marienberg. Zwar versicherte sie, dass es keine deutschen Alleingänge geben werde. Allerdings verneinte sie die Lieferung von Panzern nicht per se.
Aktuell erhöht sich der Druck auf Deutschland zur Lieferung von Panzern enorm, insbesondere nach der Entscheidung Polens, die Ukraine mit 14 Leopard-2-Panzern zu versorgen. Polens Regierungssprecher Piotr Müller hatte zuvor betont, mit der Entscheidung wolle man auch andere Länder zu Lieferungen bewegen.
Update vom 12. Januar, 14.00 Uhr: Polen will Leopard-Kampfpanzer in die Ukraine liefern – als Teil einer internationalen Koalition. Wenn es nach Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geht, soll die Lieferung nicht an einem deutschen Einspruch scheitern. „Es gibt einen Unterschied, für sich selbst eine Entscheidung zu treffen oder die Entscheidung von anderen zu verhindern“, sagte Habeck in Berlin. „Entsprechend sollte Deutschland sich nicht in den Weg stellen, wenn andere Länder Entscheidungen treffen, die Ukraine zu unterstützen, unabhängig davon, welche Entscheidung Deutschland trifft.“
Polen selbst hat eingeräumt, mit seinem Vorstoß zur Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine andere Länder zum Handeln bewegen zu wollen. Auf die Frage, warum Warschau seine Bereitschaft zur Übergabe von Kampfpanzern signalisiert habe, sagte Regierungssprecher Piotr Müller dem Sender TVP Info: „Weil wir bestimmte Verhaltensweisen erzwingen wollen. Wenn wir die Unabhängigkeit der Ukraine nicht verteidigen, sind wir das nächste Ziel.“ Polen wolle daher, dass sich die Ukraine selbst verteidigen kann, und dafür brauche sie Ausrüstung. „Diese Art von politischem Druck soll dazu führen, dass sich andere europäische Länder anschließen“, sagte Müller.
Update vom 12. Januar, 12.20 Uhr: Soll die Ukraine deutsche Leopard-Panzer bekommen? Darüber wird weiter heftig diskutiert. Die SPD-Fraktion will bei ihrer Klausur einen anderen Akzent setzen. Das Wort „Panzer“ taucht im Entwurf für ein Positionspapier gar nicht erst auf. Die SPD im Bundestag setzt vielmehr auf diplomatische Initiativen, um zu einem Friedensschluss zwischen Russland und der Ukraine zu kommen.
Der ehemalige ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, reagierte entsetzt. „Kriege werden fast immer auf dem Schlachtfeld entschieden“, schrieb Melnyk auf Twitter. „Deutschland sollte das besser wissen.“
Update vom 12. Januar, 10.25 Uhr: Polen will der Ukraine Kampfpanzer des Typs Leopard liefern. „Eine Kompanie Leopard-Panzer für die Ukraine wird im Rahmen des Aufbaus einer internationalen Koalition übertragen“, so die Kanzlei des Präsidenten Duda. Für die Lieferung der deutschen Produkte ist allerdings eine Genehmigung aus Berlin nötig. Ist Deutschland also Teil dieser „Koalition“ und bereits eingeweiht?
Vor dem nächsten Gipfel im pfälzischen Ramstein steigt jedenfalls der Druck auf Olaf Scholz. „Der Kanzler sitzt in der Leopard-Falle“, glaubt Ex-Nato-General Hans-Lothar Domröse. „Man muss den polnischen Vorstoß natürlich mit Blick auf den Gipfel von Ramstein kommende Woche sehen“, so Domröse zum Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Update vom 12. Januar, 6.24 Uhr: Werden die westlichen Panzer in der Ukraine bald unnütz? Das ist zumindest die Meinung des russischen Ex-Präsidenten Dmitri Medwedew. Die Kampfwagen würden dem zerfallenden „künstlichen Staat“ Ukraine nicht retten, kommentierte der Vize-Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrats Russlands.
Bei dem Treffen Selenskyjs und Dudas in Lwiw seien Panzer wie der Leopard, modernisierte T-72 oder auch britische Panzer „angebetet“ worden. „Aber all dieses Eisen wird auf jeden Fall in Kürze zu rostigem Altmetall“, sagte Medwedew.
Medwedew galt in seiner Zeit als Präsident Russlands als moderater Politiker. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine versucht er sich mit extremen Positionen zu profilieren.
Update vom 11. Januar, 19.50 Uhr: Die SPD im Bundestag setzt weiter auf diplomatische Initiativen, um zu einem Friedensschluss zwischen Russland und der Ukraine zu kommen. „Denn wir wissen: Kriege werden in der Regel nicht auf dem Schlachtfeld beendet“, heißt es in dem Entwurf für ein Positionspapier der größten Regierungsfraktion, das auf der am Donnerstag beginnenden Jahresauftakt-Klausur beschlossen werden soll. „Auch wenn es aus nachvollziehbaren Gründen keinerlei Vertrauen mehr zur gegenwärtigen russischen Führung gibt, müssen diplomatische Gespräche möglich bleiben.“ Deswegen seien auch die Gespräche von Kanzler Olaf Scholz (SPD) mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin richtig und notwendig.
Wo immer es möglich sei, sollten diplomatische Initiativen ergriffen werden, heißt es in dem Entwurf, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. „Wir müssen weiterhin jeden Versuch unternehmen, Russland zum Rückzug zu bewegen und gegenüber Russland eine ehrliche Bereitschaft zu einem gerechten Friedensschluss einfordern.“ Die ukrainische Regierung steht diplomatischen Initiativen skeptisch gegenüber. Sie sieht keinen Sinn in Verhandlungen mit Russland, solange nicht alle Truppen von ukrainischem Gebiet abgezogen sind.
Update vom 11. Januar, 19.40 Uhr: Russland und die Ukraine haben sich am Mittwoch in der Türkei auf einen weiteren Gefangenenaustausch geeinigt. Die russische Menschenrechtsbeauftragte Tatjana Moskalkowa sagte nach einem Treffen mit ihrem ukrainischen Kollegen Dmytro Lubinez in Ankara, sie hätten den Austausch von jeweils mehr als 40 Gefangenen vereinbart. Die Gespräche sollen am Donnerstag fortgesetzt werden.
Update vom 11. Januar, 19.11 Uhr: Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter fordert Olaf Scholz dazu auf, die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine auf internationaler Ebene zu steuern. „Kanzler Scholz steht jetzt in der Verantwortung, die Lieferung der Kampfpanzer mit den anderen westlichen Staats- und Regierungschefs zu koordinieren“, sagte Hofreiter dem Tagesspiegel.
Update vom 11. Januar, 18.30 Uhr: Wolodymyr Selenskyj hat die Initiative Polens, seinem Land Leopard-Kampfpanzer zur Verfügung zu stellen, ausdrücklich begrüßt. „Vielen Dank an Präsident Duda, die polnische Regierung und alle unsere polnischen Freunde“, sagte Selenskyj am Mittwochabend in seiner täglichen Videoansprache zu den Ergebnissen seines Treffens mit seinem polnischen Kollegen Andrzej Duda und dem litauischen Staatschef Gitanas Nauseda in Lwiw. Panzer aus westlicher Produktion seien „das Werk unserer gesamten Antikriegskoalition und eine neue Ebene unseres Potenzials“.
Update vom 11. Januar, 16.10 Uhr: Polen ist im Rahmen einer internationalen Koalition zur Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern an die Ukraine bereit. Das sagte der polnische Präsident Andrzej Duda bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und dem litauischen Präsidenten Gitanas Nauseda im westukrainischen Lwiw. „Eine Kompanie von Leopard-Kampfpanzern wird im Rahmen einer Koalition übergeben, die sich derzeit bildet“, sagte Duda. Nauseda gab seinerseits an, Luftabwehrsysteme an die Ukraine liefern zu wollen. Er versicherte laut der Nachrichtenagentur Unian, Litauen und Polen würden die Ukraine weiterhin unterstützen.
Die Ukraine fordert schon seit längerem die Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern. Die Bundesregierung hatte erst am Donnerstag nach langem Zögern bekannt gegeben, Marder-Schützenpanzer sowie ein Patriot-Flugabwehrsystem an die Ukraine zu liefern. Mit Blick auf die Leopard-2-Panzer bleibt Berlin allerdings zurückhaltend. Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte, es gebe bei dem Thema „keinen neuen Stand mitzuteilen“. Brisant ist die Debatte der Panzerlieferungen vor allem deswegen, weil Länder wie Spanien und Polen ihre Leopard-2-Panzer nicht ohne Genehmigung des Herstellers Deutschland an die Ukraine abgeben dürften. Der Druck, die Erlaubnis zu erteilen, steigt auf Berlin.
Indes herrscht Verwirrung um die Situation über die Kontrolle der Stadt Soledar. Die Ukraine dementiert russische Behauptungen, während Russland von einem „Sahnehäubchen“ spricht.
Update vom 11. Januar, 15.15 Uhr: Rund zehneinhalb Monate nach Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine hat Russlands Präsident Wladimir Putin die Lage in den völkerrechtswidrig annektierten Gebieten der Ukraine als „schwierig“ beschrieben.
„In einigen Gebieten dauern Kampfhandlungen an“, fügte Putin bei einem Gespräch mit Regierungsvertretern hinzu. „Aber all das ist kein Grund, um eine Pause zu machen und die dringlichsten Fragen aufzuschieben“, so der Kreml-Chef. Putin wies das russische Kabinett an, in den kommenden Monaten einen Plan für die Entwicklung der Regionen Cherson, Saporischschja, Donezk und Luhansk auszuarbeiten – etwa mit Blick auf Infrastruktur und Sozialleistungen.
Update vom 11. Januar, 13.15 Uhr: Russland und die Ukraine haben sich in der Türkei auf einen neuen Gefangenenaustausch geeinigt, wie der britische Sender Sky News berichtete. Demnach haben die russische Menschenrechtskommissarin Tatiana Moskalkowa und ihr ukrainischer Amtskollege Dmytro Lubinez bei einem Treffen in Ankara am Rande einer Ombudsmann-Konferenz den Austausch von 40 Kriegsgefangenen aus dem Ukraine-Krieg vereinbart. Weitere Details sind nicht bekannt.
Moskalkowa und Lubinez würden im Anschluss an die Vereinbarung den türkischen Präsidentenpalast besuchen, wo Staatschef Recep Tayyip Erdogan eine Rede im Rahmen der Konferenz halten werde, hieß es in dem Bericht von Sky News.
Update vom 11. Januar, 12.05 Uhr: Nach Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat sich auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg erneut für mehr Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen. Die jüngsten Kämpfe in der Ostukraine zeigten, „wie entscheidend es ist, dass wir unsere militärische Unterstützung ausbauen“, sagte Stoltenberg am Mittwoch in Brüssel.
Stoltenberg betonte, die Unterstützung der Nato-Länder mache „in dieser entscheidenden Phase des Krieges einen echten Unterschied“. Er rief die Alliierten auf: „Wir müssen noch mehr tun und noch schneller.“ Die Verbündeten beraten nächste Woche Freitag auf der US-Militärbasis im baden-württembergischen Ramstein über eine Aufstockung der Militärhilfe. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin leitet das dritte Treffen der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe. Dazu ist nach US-Angaben auch Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) eingeladen.
Update vom 11. Januar, 10.40 Uhr: Russland sieht weiterhin keinen Spielraum für Friedensgespräche mit der Ukraine. Kreml-Sprecher Dimitri Peskow machte dafür allerdings die ukrainische Führung und den Westen verantwortlich. Ukrainisches Recht verbiete dem ukrainischen Präsidenten Kontakte mit Russland, während der Westen nicht dazu bereit sei, „Kiew Flexibilität in dieser Sache zu erlauben“, sagte Peskow laut der staatlichen Nachrichtenagentur Tass. Daher gebe es im Moment keine Aussicht auf Verhandlungen im Ukraine-Krieg zwischen den Kriegsparteien.
Mit Blick auf eine Frage zur Lage in Soledar, antwortete der Sprecher von Wladimir Putin: „Lasst uns nicht voreilig werden, lasst uns auf offizielle Erklärungen warten.“ Pro-russische Söldner hatten am Dienstag (10. Januar) berichtet, die Stadt im Donezk sei eingenommen worden. Bislang gibt es allerdings keine offizielle Bestätigung. Daneben sprach Peskow von einer „positiven Dynamik“ für Russland im Kriegsverlauf. Taktische Erfolge seien sehr wichtig. „Aber der militärische Erfolg ist dann erreicht, wenn wir die Ziele, die der Oberkommandierende gestellt hat, im Lauf der militärischen Spezialoperation erreichen“, betonte er zugleich.
Update vom 11. Januar, 6.43 Uhr: Bei ihrem Charkiw-Besuch hat Baerbock die Notwendigkeit „weiterer Panzerlieferungen“ unterstrichen. Dies sei nötig, damit weitere von der russischen Armee besetzte Orte befreit werden könnten, sagte die Außenministerin in den ARD-“Tagesthemen“. Auch brauche die Ukraine „weitere Luftverteidigung“, gerade zum Schutz von Infrastruktur.
Eine Zusage zur Lieferung der von der Kiew gewünschten deutschen Leopard-Kampfpanzer wollte Baerbock aber weiterhin nicht geben. Sie verwies auf anhaltende Abstimmungen im Kreis der Verbündeten. Es koste Zeit, gemeinsam zu überlegen, wie man verantwortungsvoll vorgehen kann - „auch wenn das Herz einem brennt“.. Es gebe aber auch die Verantwortung, dass sich der Krieg nicht auf andere Länder ausweite.
Update vom 11. Januar, 6.24 Uhr: Wolodymyr Selenskyj bürgert nun prorussische Parlamentsabgeordnete aus: „Wenn Volksvertreter beschließen, nicht dem ukrainischen Volk zu dienen, sondern den Mördern, die in die Ukraine gekommen sind, dann werden unsere Schritte angemessen sein“, sagte der ukrainische Präsident in seiner jüngsten Videoansprache.
Die Ausbürgerung sei gemäß der Verfassung auf Basis von Informationen des Geheimdienstes SBU und des Migrationsdienstes getroffen worden. „Unsere Dienste funktionieren.“ Bei allen vier Parlamentsabgeordneten wird eine vorhandene russische Staatsbürgerschaft vermutet. Ausbürgerungen von politisch unliebsamen Personen waren unter Selenskyjs Vorgänger Petro Poroschenko und in der Sowjetunion ein gängiges Mittel.
Update vom 10. Januar, 19.30 Uhr: Neue Details zur Charkiw-Reise von Annalena Baerbock. Die Außenministerin fuhr zunächst mit dem Zug nach Kiew, berichten Nachrichtenagenturen. Von der ukrainischen Hauptstadt, in der sich die Ukraine auf einen neuen russischen Angriff vorbereitet, ging es dann weiter nach Charkiw. Aufgrund des Krieges ist eine Reise mit dem Flugzeug in die Ukraine derzeit nicht möglich.
Charkiw – Der Krieg ist jeden Tag präsent in Charkiw. Keine 40 Kilometer trennen die ostukrainische Großstadt von der Grenze zum Angreifer Russland. Fast täglich schlagen Raketen aus dem Nachbarland in der Region ein. Ein Besuch in Charkiw ist ein Wagnis. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat das Risiko an diesem sonnig-kalten Januartag auf sich genommen, um im ukrainischen Kriegswinter eine Botschaft zu überbringen.
„In allen Teilen der Ukraine sollen die Menschen wissen, dass sie sich auf unsere Solidarität und unsere Unterstützung verlassen können“, sagt Baerbock nach der Ankunft am Dienstag in Charkiw. Unter größter Geheimhaltung war sie in die zerschossene Stadt gereist, die für die Ministerin ein „Sinnbild für den absoluten Irrsinn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine“ ist. Aktuell verläuft die Kampffront in etwa 130 Kilometern Entfernung.
Anderthalb Millionen Menschen hatten vor dem Krieg in Charkiw gelebt, 500.000 von ihnen mussten fliehen. Baerbock sagt: „Heute sieht man praktisch an jeder Straßenecke tiefe Spuren der russischen Zerstörungswut.“
Noch nie hat sich ein ausländischer Außenminister seit Kriegsbeginn nach Charkiw gewagt. Minus sieben Grad Celsius zeigt das Thermometer, als Baerbock am Mittag am Bahnhof aus einem silbrig lackierten Regionalzug steigt. Hinter ihr liegt eine lange Nacht auf Schienen durch eisige Landschaften. Eine Anreise per Flugzeug ist wegen des Kriegs nicht möglich.
Ihr Amtskollege Dmytro Kuleba hatte Baerbock nach Charkiw eingeladen, damit sie sich vor Ort ein Bild machen kann. Baerbock sagt, sie wolle vor allem den Bewohnerinnen und Bewohnern zuhören, „die der Krieg in diesem bitterkalten Winter, in dem die Temperaturen in der Nacht gerade auf bis zu minus 15 Grad sinken, so hart trifft, dass wir uns das gar nicht vorstellen können“.
Die Ministerin spricht in Charkiw auch von „weiteren Waffenlieferungen, die die Ukraine braucht, um ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger zu befreien, die noch unter dem Terror russischer Besatzung leiden“.
Baerbocks Besuch erfolgt wenige Tage, nachdem die Zusage der Bundesregierung zur Lieferung deutscher Schützenpanzer an die Ukraine einen weiteren Streitpunkt im beidseitigen Verhältnis ausgeräumt hat. Baerbocks Parteifreunde in Berlin zählen zu jenen, die nun auch noch schwereres Kriegsgerät – nämlich den Leopard-Kampfpanzer – in die Ukraine liefern wollen. Die Bundesregierung ist sich dabei jedoch uneins. (as/AFP)