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Putins Polizeistaat: Bizarre Geheimdienst-Razzias in Moskau-Bars

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Von: Vincent Büssow

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Putin setzt in Russland auf Unterdrückung. Ein neues Gesetz verschärft die Strafen für Kritik am Ukraine-Krieg – der Geheimdienst greift hart durch.

Moskau – Der Ukraine-Krieg setzt Wladimir Putin auch innenpolitisch zu. War die Invasion Beobachtern zufolge als schnelle Angelegenheit geplant, hat sie sich mittlerweile zum Zermürbungskampf entwickelt. Eine neue Verordnung ist dabei nur der jüngste in einer Reihe von Hinweisen darauf, dass der Präsident von Russland zu immer härteren Maßnahmen greifen muss, um die Kontrolle im eigenen Land zu behalten – und kritische Stimmen zu unterdrücken.

Putins Polizeistaat: Wie Russland gegen Kritiker im Ukraine-Krieg vorgeht

Die Rede ist von dem umstrittenen Gesetz zur Bestrafung von „Verleumdung“ oder „Diskreditierung“ von Kriegsfreiwilligen. Schwer bestraft wird damit nicht nur Kritik an der regulären Armee, sondern auch an „Freiwilligen“, die in der Ukraine kämpfen. Die vom Präsidentenbüro abgestempelte Version wurde am Samstag (18. März) auf dem offiziellen Gesetzesportal der russischen Regierung veröffentlicht. Bei einer Verurteilung drohen bis zu 15 Jahre Haft. In einem weiteren Gesetz wurden die Strafen für den Verkauf russischer Waffen an ausländische Akteure erhöht.

Maskierte Polizisten patrouillieren im Winter auf dem Roten Platz.  (Symbolbild)
Maskierte Polizisten patrouillieren im Winter auf dem Roten Platz. (Symbolbild) © IMAGO/Sergei Savostyanov

Die neue Verordnung kommt inmitten zunehmender Festnahmen von Zivilisten in Russland, die unter Verdacht stehen sollen, die Streitkräfte der Ukraine finanziell zu unterstützen, wie das Institute for the Study of War in seiner täglichen Analyse des Kriegsgeschehens schreibt. Die US-Denkfabrik beruft sich dabei auf russische Quellen. Demnach hat Putin den Inlandsgeheimdienst FBS bereits kurz nach Kriegsbeginn dazu aufgefordert, Maßnahmen zur Spionageabwehr zu verstärken und gegen die Verbreitung der pro-ukrainischen Ideologie vorzugehen. Jetzt zieht man offenbar die Zügel an.

Putin weitet Kontrolle in Russland aus: Festnahmen bei Kneipenrazzia

In einer Razzia am Freitag, bevor das neue Gesetz in Kraft getreten ist, soll der russische Inlandsgeheimdienst FSB mehr als 40 Besucher zweier Moskauer Bars festgenommen haben. Dies berichtet das russische Nachrichtenportal Meduza. Anlass sei der Verdacht auf die finanzielle Unterstützung der Ukraine gewesen. Die FSB-Agenten sollen die Barbesucher zu prorussischen Aktivitäten gezwungen haben, wie etwa das Kriegssymbol Z an die Tür zu schreiben, und patriotische Lieder mitzusingen.

Aber auch an anderer Stelle deutet die Maßnahme auf den Wunsch nach dem Erhalt von Kontrolle hin. So kam die Forderung, das Gesetz auf „Kriegsfreiwillige“ auszuweiten, ursprünglich von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin. Dieser hatte für den Krieg gegen die Ukraine reihenweise Schwerverbrecher rekrutiert. Von der Politik forderte der 61-Jährige, diese Söldner - die offiziell als Freiwillige gelten - vor übler Nachrede zu schützen. Nach einer Reihe von Vorfällen, die auf einen Machtkampf zwischen Prigoschin und Putin hindeuten, kommt der Präsident dem Wagner-Chef mit dem Erlass nun also entgegen.

Unterdrückung in Russland: Ukraine-Krieg treibt Putin zu härteren Maßnahmen

Bereits vor Beginn des Ukraine-Kriegs hatte die russische Regierung außerdem Gesetze erlassen, um die Kontrolle über die Bevölkerung zu verstärken. So werden etwa gemeinnützige Organisationen aus dem Ausland dazu gezwungen, sich als ausländische Agenten zu deklarieren. Viele NGOs mussten ihre Arbeit in Russland dementsprechend stark einschränken. Erst vor Kurzem signalisierte der Ex-Präsident und Putin-Vertraute Medwedew Pläne für eine noch stärkere „Unterdrückung“ von NGOs.

Zudem gibt es Hinweise darauf, dass Putin seine Kontrolle über die russische Militärführung ausweitet, und dabei zu Praktiken aus Zeiten der Sowjetunion zurückgreift. So hatte ein Sprecher des ukrainischen Generalstabs mitgeteilt, dass auf zerstörten russischen Panzern Markierungen des FSB gefunden worden seien, die darauf hindeuten, dass sie vom Geheimdienst inspiziert wurden. Es wird sich zeigen, inwieweit Putin mit derartigen Maßnahmen die Kontrolle im eigenen Land behalten kann. (vbu mit dpa)

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