In Russland bricht das Chaos aus, falls Putins Regierung fällt
Mithilfe privater Militärfirmen wollen sich die russischen Eliten für eine Zeit nach Wladimir Putin absichern. Experten warnen vor „Chaos“ in Russland.
Moskau – Sich nach mehr als 20 Jahren ein Russland ohne Wladimir Putin an der Regierungsspitze vorzustellen, ist schwierig. Doch aufgrund der stagnierenden „Spezialoperation“ in der Ukraine, scheint eine Zukunft ohne den gebürtigen Sankt Petersburger immer wahrscheinlicher. Denn was als schnelles Unterfangen im Nachbarland gedacht war, hat sich zu einem Krieg entwickelt, der nun schon über ein Jahr andauert – mit globalen Folgen.
Da ist es wenig verwunderlich, dass die russischen Eliten ihre Schäfchen gerne im Trockenen wissen wollen und schon jetzt für die Zukunft sorgen. So warnte der ehemalige US-Generalleutnant Mark Hertling am Samstag (11. März) im Gespräch mit Newsweek, dass private Militärkonzerne „zum Chaos beitragen“ werden, falls die Regierung um Putin „zusammenbrechen“ sollte.
Auf Twitter zitierte Hertling den Osteuropa-Experten Sergej Sumlenny, der schrieb, dass „Unternehmen wie Gazprom, Rosneft und andere ihre eigenen privaten Militärfirmen gründen“. Die „russischen Eliten“ würden sich auf „ein Szenario einer militärischen Niederlage“ und ein entsprechendes Machtvakuum vorbereiten, twitterte Sumlenny.

Putins Machtvakuum: Privatmilizen sollen auch zum Schutz dienen
Dass der Aufbau einer Privatarmee möglich ist, zeigt der Oligarch Jewgeni Prigoschin. Der 61-Jährige, der aufgrund seiner gastronomischen Vergangenheit auch „Putins Koch“ genannt wird, kommandiert derzeit seine Privatmiliz, die Wagner-Gruppe, in der Region Bachmut. Seit Monaten fungieren die Söldner im Ukraine-Krieg als eine Art russische Schattenarmee. Ihm nachgesagte politische Ambitionen schob Prigoschin jedoch einen Riegel vor – zumindest im eigenen Land. In der Ukraine wolle er hingegen sehr wohl „als Präsident kandidieren“.
„Private Militärfirmen nehmen den Zusammenbruch Russlands vorweg. Entweder zum Schutz oder sie sehen sich als Putins Schutz oder Konkurrenz“, sagte auch der ehemalige US-General Ben Hodges gegenüber Newsweek. Unterm Strich fehle es „an einer zusammenhängenden militärischen Struktur“, was den Erfolg in der Ukraine immer wieder untergraben würde.
Sturz von Wladimir Putin: Ein Umbruch, von dem niemand profitiert?
Rajan Menon, Direktor des „Grand Strategy“-Progamms beim Thinktank Defense Priorities, sagte Newsweek, dass am Ende aber alles nur Spekulation sein. „In Wahrheit haben wir keine Möglichkeit zu wissen, wie verwundbar er ist oder wie ein Russland nach Putin aussehen wird und welche Gruppen und Einzelpersonen seine Zukunft gestalten werden.“
Klar sei allerdings auch, dass „Russland mit seinen 11 Zeitzonen bei weitem das größte Land der Welt ist und über Tausende von Atomwaffen verfügt“. Ein Umbruch in Moskau könnte zu Ergebnissen führen, „die niemand will oder von denen niemand profitiert“ – den Übergang zu einer echten Demokratie hält Menon für unwahrscheinlich.
Es sind Befürchtungen, die auch Emmanuel Macron zumindest einmal hatte. Im vergangenen Juni sagte der französische Präsident, dass man Putin nicht „demütigen“ dürfe, um die Chance auf eine mögliche diplomatische Lösung zu wahren. Im Februar erklärte er in französischen Medien, dass Russland „besiegt, aber nicht zerschlagen“ werden sollte. (nak)