Staatsgeheimnis an Russland gegeben? Verdächtiger BND-Mann könnte sogar US-Daten verraten haben
Der am Donnerstag festgenommene BND-Mitarbeiter arbeitete Berichten zufolge in leitender Position. Er wird verdächtigt Staatsgeheimnisse an Moskau verraten zu haben.
Update vom 23. Dezember, 12.35 Uhr: Bei dem mutmaßlichen russischen Spion in den Reihen des BND soll es sich offenbar um einen leitenden Mitarbeiter handeln. Das meldete focus.de am Freitag mit dem Verweis auf Berliner Sicherheitskreise. Der Verdächtige soll dem Bericht zufolge als Top-Analytiker in der technischen Auslandsaufklärung gearbeitet haben. Durch seine Position soll der mutmaßliche Spion auch Zugriff auf die durch Operationen von Partnerdiensten erlangten Informationen gehabt haben. Dazu zählen unter anderem der US-amerikanische Geheimdienst NSA und der britische Abhördienst GCHQ.
Russischer Spion im BND: Top-Analytiker soll Zugriff auf Informationen von NSA und GCHQ gehabt haben
Der BND befürchtet deshalb, dass der Verdächtige die Erkenntnisse der Partnerdienste an den russischen Geheimdienst weitergeleitet haben könnte. Der Mitarbeiter befindet sich aktuell wegen des Vorwurfs des Landesverrats in Untersuchungshaft.

Staatsgeheimnis an Moskau verraten? Russischer Spion beim BND enttarnt
Erstmeldung vom 22. Dezember: Berlin/Karlsruhe – Weil er einem russischen Nachrichtendienst ein Staatsgeheimnis verraten haben soll, sitzt ein Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) jetzt in Untersuchungshaft. Der Generalbundesanwalt verdächtigt ihn nach Angaben vom Donnerstag des Landesverrats. Der Deutsche soll in diesem Jahr Informationen, die er im Zuge seiner Arbeit erlangt hat, an Russland übermittelt haben. Ob dies nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine passiert sein soll, sagte eine Sprecherin der Karlsruher Behörde nicht.
Hausdurchsuchung bei mutmaßlichem Russen-Spion
Beamte des Bundeskriminalamtes hätten den Mann am Mittwoch in Berlin festgenommen. Die Wohnung und der Arbeitsplatz des Beschuldigten sowie einer weiteren Person wurden der Mitteilung zufolge durchsucht. Ein Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs ordnete am Donnerstag Untersuchungshaft an. Nach BND-Angaben wurden zwei Liegenschaften des Geheimdienstes durchsucht.
Nachdem der BND im Rahmen seiner nachrichtendienstlichen Arbeit von einem möglichen Verdachtsfall in den eigenen Reihen Kenntnis bekommen habe, habe der Dienst sofort umfangreiche interne Ermittlungen eingeleitet, teilte BND-Präsident Bruno Kahl in Berlin mit. Als diese den Verdacht erhärtet hätten, sei umgehend der Generalbundesanwalt eingeschaltet worden. „Wir arbeiten eng und vertrauensvoll mit den Ermittlungsbehörden zusammen, um den Fall gründlich aufzuklären“, sagte Kahl.
Bei Landesverrat droht lebenslang
Landesverrat kann nach dem Strafgesetzbuch in besonders schweren Fällen wie diesem mit einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren oder auch einer lebenslangen Freiheitsstrafe geahndet werden. Ein solcher Fall liegt zum Beispiel dann vor, wenn der Täter eine verantwortliche Stellung mißbraucht hat, die ihn zur Wahrung von Staatsgeheimnissen besonders verpflichtet.
Mit Rücksicht auf die laufenden Ermittlungen werde sich der BND zu Einzelheiten des Falles bis auf weiteres nicht öffentlich äußern, betonte Kahl. „Zurückhaltung und Diskretion sind in diesem besonderen Fall sehr wichtig.“ Mit Russland habe man es auf der Gegenseite mit einem Akteur zu tun, „mit dessen Skrupellosigkeit und Gewaltbereitschaft wir zu rechnen haben“, ergänzte der Präsident des deutschen Auslandsnachrichtendienstes.
Hintergrund für diese Äußerungen könnte die Sorge vor möglichen Gefahren für Kontaktpersonen und Zuträger des deutschen Geheimdienstes in Russland sein, die durch den mutmaßlichen Spion in den Reihen des BND verraten worden sein könnten.
Kahl betonte, jedes Detail des Vorgangs, das an die Öffentlichkeit gelange, „bedeutet einen Vorteil dieses Gegners in der Absicht, Deutschland zu schaden“. Deshalb hänge in diesem Fall der Erfolg der Ermittlungen davon ab, „dass möglichst wenig öffentlich wird, bis der Generalbundesanwalt seine Ermittlungen abgeschlossen hat“.
Spionage-Verdacht auch im Ausland
Erst Anfang der Woche hatte das österreichische Innenministerium mitgeteilt, ein 39-jähriger Grieche sei als mutmaßlicher Spion des russischen Militärgeheimdienstes GRU enttarnt worden. Der Mann russischer Abstammung stehe im Verdacht, Informationen zu politischen und gesellschaftlichen Diskursen in Österreich im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine geliefert zu haben.
Beim BND selbst war zuletzt ein sogenannter Maulwurf – ein Doppelagent – im Jahr 2014 aufgeflogen. Zwei Jahre später war der Mann vom Münchner Oberlandesgericht wegen jahrelanger Spionage vor allem für den US-Geheimdienst CIA zu acht Jahren Haft verurteilt worden. Der damals 32-Jährige wurde des Landesverrats und der Verletzung von Dienstgeheimnissen schuldig gesprochen.
Der gelernte Bürokaufmann hatte zwischen 2008 und 2014 mehr als 200 teils streng geheime oder brisante Dokumente des BND an die CIA weitergegeben und dafür mindestens 80 000 Euro kassiert. Vor Gericht legte er ein Geständnis ab. Als Motive gab er Langeweile, Frust und Unterforderung an seinem Arbeitsplatz an. Unter den weitergegebenen Dokumenten war eine Datenbank mit Tarn- und Klarnamen deutscher Agenten im Ausland. Der Mann soll dabei auch das Leben einer BND-Quelle im Ausland gefährdet haben. 2014 hatte er sich zudem per E-Mail dem russischen Geheimdienst angedient. (as/dpa)