Schuld am Rechtspopulismus? Wagenknechts harte Merkel-Schelte

Berlin - Der Rechtspopulismus floriert in Europa. Oppositionsführerin Sahra Wagenknecht hat in einer leidenschaftliche Rede die Verantwortliche ausgemacht: Angela Merkel.
Bundestagsdebatten können eine sehr zähe Angelenheit sein. Am Donnerstag flogen im Hohen Haus aber kurz die Fetzen - und zwar beim Thema Europa.
Dass es just bei diesem Tagesordnungspunkt knallte, ist inhaltlich nicht überraschend. Rechtspopulismus, Brexit, Wirtschaftskrisen in weiten Teilen der Union: Die Liste der offenen Baustellen in der EU erscheint lang. Sahra Wagenknecht (Linke), aktuell Oppositionsführerin im Bundestag, hat für diese Probleme nun massiv die Regierung Merkel in die Kritik genommen.
Die Bundesregierung verspiele „das Erbe der großen Gründerväter Europas“, rief Wagenknecht in ihrer Rede. Und gab der Bundesregierung eine Hauptschuld am Aufschwung des Rechtspopulismus in ganz Europa.
„Schuld sind nicht die Menschen, die so wählen“
„Die EU droht auseinander zu fallen. Und schuld daran sind nicht die Menschen, die so abstimmen und so wählen, wie sie es tun“, sagte die Linke-Fraktionschefin mit Blick auf Siegeszüge rechtsgerichteter Parteien und Politiker: „Schuld daran ist die Politik, die in Europa gemacht wird und für die die Bundesregierung die Hauptverantwortung trägt.“
Die Regierung habe eine wichtige Lehre Adenauers vergessen, sagte Wagenknecht: Wirtschaftskämpfe zwischen den Nationen könnten Europa ruinieren. Deutschland aber bringe seit der Agenda 2010 „mies bezahlte Jobs zum Boomen“, seine Überschüsse zum „Explodieren“ und die anderen Mitgliedsländer unter Druck. „Wer ein geeintes Europa will, der darf es eben nicht zum Lohndrückerladen und zur Sozialkürzungsmaschine verkommen lassen“, forderte sie.
„Wie im falschen Film“
Wichtig für Europa seien Demokratie und Sozialstaatlichkeit, betonte Wagenknecht weiter. „Beides wird durch die aktuellen EU-Verträge nicht gefördert, sondern abgebaut und unmöglich gemacht.“
Das geharnischte Fazit der Oppositionsführerin zu Merkels Brexit-Regierungserklärung: „Statt auch nur einen Moment darüber nachzudenken, warum die EU so unpopulär geworden ist, dass solche Entscheidungen möglich werden, feiern Sie die EU als einzigartige Erfolgsgeschichte. Da hat man wirklich manchmal das Gefühl, man ist im falschen Film.“
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuvor Großbritannien in ihrer Rede vor Illusionen bei den Brexit-Verhandlungen gewarnt. „Ein Drittstaat, und das wird Großbritannien sein, kann und wird nicht über die gleichen Rechte verfügen oder womöglich sogar bessergestellt werden können wie ein Mitglied der Europäischen Union“, sagte Merkel. „Ich habe das Gefühl, dass sich einige in Großbritannien darüber noch Illusionen machen. Das aber wäre vergeudete Zeit.“
Auch in Frankreich steht mit Marine Le Pen eine rechtspopulistische Politikerin in der Präsidenschafts-Stichwahl. Wie die Umfragen stehen, das erfahren Sie in diesem Artikel.
fn