Schulz will hohe Einkommen stärker besteuern

Berlin - Der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat bei der Pressekonferenz zur Abschlussklausur des SPD-Vorstands mehre richtungsweisende Aussagen getroffen.
Der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz freut sich über die Aufbruchstimmung in der Partei und steigende Umfragewerte, sieht den Wahlkampf aber als Langstreckenlauf. Er sei früher nicht nur Amateur-Fußballer gewesen, sondern auch 10-000-Meter-Läufer. „Man muss sich die Kraft einteilen, das meiste braucht man für den Endspurt“, sagte Schulz am Montag in Berlin zum Abschluss einer Vorstandsklausur.
Schulz rief erneut alle demokratischen Parteien auf, gemeinsam mit einem „Fairnessabkommen“ gegen manipulierte Nachrichten und Hass im Internet vorzugehen. „Einen Wahlkampf wie in den Vereinigten Staaten darf es in Deutschland nicht geben.“ Der 61 Jahre alte bisherige EU-Parlamentspräsident war am Sonntag zum Kanzlerkandidaten nominiert worden. Zum SPD-Chef soll er am 19. März gewählt werden.
Schulz legt EU-Mandat nieder
Der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz will diese Woche sein Mandat für das Europäische Parlament niederlegen. Dass er dann weder auf EU-Ebene noch im Bundestag einen Sitz haben werde und damit auch kein Rederecht, sei ein Vorteil im Wahlkampf, sagte der frühere EU-Parlamentspräsident am Montag in Berlin. Er sei damit „viel freier“ und habe mehr Gelegenheiten, „im unmittelbaren Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern für mich zu werben und für meine Partei.“ Was Menschen bewege, seien nicht Konflikte im Bundestag, sondern die Vorschläge, die Parteien für den Lebensalltag der Menschen machten.
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Schulz will große Vermögen höher besteuern
Martin Schulz setzt sich als Kanzlerkandidat der SPD für eine höhere Besteuerung sehr großer Vermögen ein, will sich aber nicht auf den „Kampfbegriff“ Vermögensteuer festlegen. Große Vermögen müssten stärker belastet werden als kleine und mittlere, sagte Schulz am Montag in Berlin. Zudem dürften Erträge aus Kapital nicht mit Einkommen aus Arbeit gleichgestellt werden. Auf eine Frage nach Vermögen- und Erbschaftsteuer antwortete er: „Die Reduzierung der Debatte nur auf diese Kampfbegriffe ist völlig falsch.“
Schulz verwies auf ein Konzept, das derzeit unter anderem SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel für die SPD erarbeitet. Dieser hatte dem „Spiegel“ kürzlich gesagt, er empfehle den Sozialdemokraten, auf die Forderung nach einer Wiedereinführung der Vermögensteuer zu verzichten. Stattdessen brauche es eine „bessere“ Erbschaftsteuer.
Damit mehr Menschen vom Wohlstand in Deutschland profitieren können, wolle er eine Kombination von Verteilungsgerechtigkeit und einer neuen Investitionspolitik, sagte Schulz. Wenn Geld in Bildung und Qualifikation, Forschung und Innovation gesteckt werde, ließen sich die „ungeheuren Potenziale“ der deutschen Wirtschaft ausschöpfen. Zudem forderte er, Steuervermeidung und -betrug auf der Ebene der EU härter zu bekämpfen.
Schulz: Trump-Regierung betreibt Spaltung der Europäischen Union
Der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat angesichts der Politik von US-Präsident Donald Trump eine Stärkung der EU gefordert. In Washington gebe es "schon offensichtlich den Wunsch, die Europäische Union zu spalten", sagte Schulz am Montag in Berlin. Trumps Sympathien für den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union seien "ein Angriff auf Europa", der in keinem Fall im Interesse der Bundesrepublik Deutschland sei.
Trump verdiene als frei gewählter Präsident der USA zwar "den Respekt, der ihm von Amtswegen zusteht", fügte Schulz hinzu. Allerdings erwarte er von dem US-Präsidenten auch Respekt für "unsere Werteordnung" und die transatlantische Beziehungen.
Trump sorgt derzeit mit dem von ihm verhängten Einreiseverbot für Menschen aus mehreren muslimischen Ländern für Empörung. In seiner ersten Rede als SPD-Kanzlerkandidat hatte Schulz am Sonntag einen "unerträglichen Tabubruch" durch den US-Präsidenten beklagt und dessen "unverschämte und gefährliche Äußerungen" kritisiert. In der ARD sagte er, Trump gehe "mit der Abrissbirne" gegen "unsere Grundwerteordnung" vor.
So steht Schulz zu den Beitrittsgesprächen mit Ankara
Der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz sieht Forderungen nach einem Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei skeptisch. Dies könne ohnehin nur durch einen einstimmigen Beschluss der EU-Mitglieder geschehen, sagte Schulz am Montag in Berlin. Er hätte "großes Interesse" daran, dass bei den Verhandlungen die Kapitel über Meinungsfreiheit, Menschenrechte oder Unabhängigkeit der Justiz angegangen würden.
"Das würde uns in die Lage versetzen, mit der Türkei genau über diese Punkte so zu reden, dass klar wird, dass die jetzigen Entwicklungen, die es in der türkischen Innenpolitik gibt, nur schwer zu vereinbaren sind mit den Kriterien, die die Europäische Union für Beitrittsverhandlungen formuliert hat", sagte Schulz bei der ersten Pressekonferenz nach seiner Nominierung am Sonntag.
Der frühere EU-Parlamentspräsident erklärte, dass er in der Vergangenheit "keinen Hehl" daraus gemacht habe, dass er die Entwicklungen in der Türkei nach dem Putschversuch gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan im vergangenen Sommer "bedenklich" finde. Offene Kritik sei nötig, zugleich bleibe die Türkei aber "ein wichtiges Partnerland".
dpa/AFP