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Seehofer kassiert Shitstorm wegen „Versöhnung“ mit Merkel

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Horst Seehofer bei der CSU-Vorstandssitzung
Horst Seehofer bei der CSU-Vorstandssitzung © dpa

München - Ob Horst Seehofer manchmal auf seine Facebook-Seite klickt? Um sich seine am Montag demonstrativ zur Schau getragene gute Laune nicht zu verderben, sollte er sich das im Moment besser verkneifen.

"Jetzt sind sie nicht mehr wählbar", schimpft eine Frau Lambert, als "Mitläufer" von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht ihn ein Herr Kopaß und ein Herr Gmeiner kündigt gar seinen CSU-Austritt an - als jahrzentelanges Mitglied.

Dass Politiker in den sozialen Medien häufig jenseits des guten Geschmacks beschimpft werden, ist ein Phänomen dieser Zeit. Doch der aktuelle Shitstorm auf Seehofers Seite hat wenig mit den Hetztiraden Einzelner zu tun. Hier bricht sich in hunderten Stimmen die Enttäuschung ihre Bahnen.

Anlass sind Seehofers Interview mit der "Bild am Sonntag" unter dem Titel "Versöhnung mit Angela Merkel" und seine Äußerungen vor dem CSU-Vorstand. Diese könnten denselben Titel wie das Interview tragen. Und nicht nur das: Wer Seehofer vor der Parteizentrale am Münchner Mittleren Ring reden hört, kann das Gefühl bekommen, dder monatelange Streit mit der CDU sei weitgehend ausradiert.

„Sehr gute gemeinsame Sitzung“

Noch vor einem Monat drohte Seehofer offen damit, eine gemeinsame Präsidiumssitzung mit der CDU platzen zu lassen. Nun, nach einem Gespräch mit Merkel am Sonntag in Berlin, sagt er: "Ich kann heute dem Parteivorstand mitteilen, dass wir eine sehr gute gemeinsame Präsidiumssitzung mit der CDU vorbereitet haben."

Obwohl es nach außen erkennbar keine Zugeständnisse Merkels an den CSU-Chef gibt, tut dieser nun so, als sei der in Phasen für das Verhältnis der Schwesterparteien existenziell wirkende Streit um die Obergrenze über Nacht zur Bagatelle geworden. Es sei ein "ganz normaler Vorgang", dass die CSU nun mit einem sogenannten Bayernplan in den Wahlkampf ziehe und allein für die Obergrenze streite.

Drohung nur noch auf Nachfrage

Nur auf Nachfrage hält der CSU-Chef noch an seiner Drohung fest, nicht in eine Koalition einzutreten, falls im Fall eines Wahlsiegs die Obergrenze für Flüchtlinge nicht im Koalitionsvertrag steht. "Herr Seehofer, Sie drehen sich nur im Kreis, einmal hü und hot, was kommt raus, sie unterwerfen sich wieder", schreibt dazu eine Frau Briski auf Facebook.

Ob diese dort zum Ausdruck kommende geballte Enttäuschung sich für den CSU-Chef zu einer Krise auswachsen kann oder die demonstrierte Einheit womöglich CDU und CSU gemeinsam nutzen wird, wird sich in den kommenden Umfragen zeigen. Dass die offenbar bei den Wählern auf Zustimmung stoßende Kanzlerkandidatur von Martin Schulz für die SPD Anlass für den Schulterschluss ist, bestreitet Seehofer.

Guttenberg wird im Wahlkampf helfen

"Wir wissen, dass der Bundestagswahlkampf schwierig wird, das wussten wir auch schon seit einigen Wochen", sagt er. Auch Sigmar Gabriel habe die Union ernst genommen - der Schulz-Effekt in den Umfragen "hat jetzt bei uns überhaupt keine Rolle gespielt".

Offensichtlich ist aber, dass die CSU selbst auf solch einen Aha-Effekt setzt wie die SPD. Schon seit einigen Tagen kursierte immer häufiger der Name Karl-Theodor zu Guttenberg in München, Fotos zeigten ihn mit CSU-Generalsekretär Scheuer in München.

Nun steht fest, dass der von Seehofer noch kurz vor dem Wahlkampf zur Bundestagswahl 2013 als "Glühwürmchen" verspottete Guttenberg die CSU im Wahlkampf unterstützen wird. Als "guter Partner", wie Scheuer sagt - aller Streit und alle Sticheleien der Vergangenheit scheinen passé.

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