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Söder warnt vor „Corona-RAF“: Radikalisierung auch in Deutschland möglich - „Schande für die Demokratie“

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Die Gewalt in den USA deuteten viele als Angriff auf die Demokratie. Auch CSU-Chef Markus Söder verurteilt die Szenen - und warnt vor Ähnlichkeiten in Deutschland.

München - „Lügen haben kurze Bein“: ein bekanntes Sprichwort. Doch wenn sich Menschen in einer Art Parallelwelt eingraben und täglich von Fake News umgeben sind, kann ein Lügen-Konstrukt schnell zu einem gewaltigen Problem werden. „Auf Worte können Taten folgen“, heißt es dann eher. Einen Satz, den viele im Zusammenhang mit der Stürmung des Kapitols* in Washington, D.C. nannten.

Vor der Radikalisierung bestimmter Gruppen warnt nun auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Er nimmt vor allem die sogenannte Querdenker-Szene* in den Blick. Sie veranstalten Großdemonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen und leugnen das Virus. Den Angriff auf das Kapitol nannte Söder eine „Schande für die führende Demokratie der westlichen Welten“. Zwischen den Querdenker-Anhängern und dem Mob aus den USA zieht Söder in einem Interview mit der Welt am Sonntag nun Parallelen.

Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, gibt im bayerischen Landtag während einer Sondersitzung eine Regierungserklärung.
Markus Söder im Bayerischen Landtag: Der Ministerpräsident warnt vor einer „Corona-RAF“. © Sven Hoppe/dpa

Söder warnt vor Radikalisierung auch in Deutschland: Ministerpräsident spricht von „Corona-RAF“

„Auch wenn die Umfragewerte der AfD* sinken, besteht die Gefahr, dass sich aus ihrem Umfeld heraus in Deutschland ein Corona-Mob oder eine Art Corona-RAF bilden könnte, die zunehmend aggressiver und sogar gewalttätig werden könnte“, sagte Söder. Auf die Nachfrage, was er denn mit „Corona-RAF“ meine, antwortet Söder: „Es besteht immer die Gefahr, dass sich aus größeren Bewegungen kleine Protestgruppen entwickeln, die am Ende einen radikalen Kern bilden, der zu einer Terrorzelle werden kann.“

Schon am Freitag äußerte er sich auf Twitter zu den Bildern aus den USA und zog einen Vergleich zu Deutschland: „Was Querdenker und Teile der AfD verbreiten, bringt echtes Unheil über unser Land. ... Was in den USA stattfand, ist nicht weit weg. Wir müssen unsere Demokratie schützen.“

Außerdem verteidigte Söder in dem Interview einmal mehr das Corona-Krisenmanagement in Deutschland. „Bei den aktuellen Infektions- und Todeszahlen ist die Verlängerung und Vertiefung des Lockdowns richtig und zwingend notwendig.“ Wie lange der Lockdown noch dauert, „kann keiner sagen“. Vor allem mutierte Formen des Virus* bereiteten ihm Sorge.

Markus Söder prognostiziert Besserung beim Thema Impfstoff - sieht aber auch Schwäche der Politik

Der EU-Kommission die Initiative zum Kauf von Impfstoffen zu überlassen, sei „nicht falsch“ gewesen, findet Söder. Aber da das Ergebnis bisher auch „noch nicht befriedigend“ sei, ist es für Söder das richtige Zeichen, dass Kanzlerin Angela Merkel* die Impfversorgung nun zur Chefsache erklärt. „Das wird nun sicher besser werden“, prognostiziert Söder optimistisch. Vor allem für die Zulassung weiterer Impfstoffe müsse man sich offensiv bemühen. „Ein Impfstoff, der in einem Land schon zugelassen ist, könnte auch in der EU schnell zur Zulassung gebracht werden.“ Im Gespräch ging es dabei um das Mittel aus Großbritannien von Astrazeneca.

Söder* erkennt aber auch eine Schwäche in der Corona-Politik: „Dass wir immer wieder teilweise zu spät und nicht einheitlich handeln.“ Bund-Länder-Konferenzen für die weitere Corona-Politik wurden zuletzt immer sehr intensiv vorbereitet, Gespräche dauerten dennoch meist lang. Manche Bundesländer scherten schnell aus und gehen bei gewissen Punkten ihren eigenen Weg.

Bezüglich der Wahl des neuen CDU-Vorsitzenden am kommenden Freitag und Samstag bezeichnet Söder die Ausgangslage als „spannend“. Wer die besten Chancen hat, könne er nicht vorhersagen. (cibo) *merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.

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