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Geplantes Verfahren zur SPD-Chefsuche ist unzulässig: Parteienrechtler mit klarem Urteil

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Pressekonferenz der SPD
Sie drei führen derzeit kommissarisch die SPD: Malu Dreyer, Manuela Schwesig und Thorsten Schäfer-Gümbel. © dpa / Michael Kappeler

Die SPD sucht neues Spitzenpersonal und will auch die Möglichkeit für eine Doppelspitze schaffen. Doch jetzt stellen mehrere Experten klar: das Verfahren ist unzulässig.

Update vom 29. Juni um 16.30 Uhr: Die Suche nach neuem Spitzenpersonal für die SPD stößt auf unerwartete Probleme. Wie mehrere Parteienrechtler ermittelt haben, ist das aktuelle und geplante Vorgehen unzulässig. „Der Versuch, über eine Mitgliederbefragung eine Doppelspitze durchzusetzen, widerspricht dem Organisationsstatut der Partei“, sagt etwa der Staats- und Verwaltungsrechtler Jörn Ipsen. Um dann zu einem klaren Urteil zu kommen:  „Das Verfahren ist insgesamt unzulässig.“ 

Tatsächlich ist eine Doppelspitze in der SPD-Satzung nicht vorgesehen - diese Möglichkeit soll erst nach der Mitgliederbefragung auf einem Parteitag geschaffen werden. Laut SPD-Satzung kann die Parteispitze nur auf einem Parteitag und nicht per Urwahl gewählt werden.

SPD-Spitze beschließt Doppelspitze für Parteivorsitz

Update vom 24. Juni, 16.18 Uhr: Die SPD soll künftig von einer Doppelspitze geführt werden. Dies beschloss der Parteivorstand am Montag auf einer Sitzung in Berlin, wie die drei kommissarischen SPD-Vorsitzenden mitteilten. Die neue Parteispitze soll von den Mitgliedern gekürt und dann im Dezember vom Parteitag gewählt werden. Ihr müsse zwingend eine Frau angehören.

Eine Doppelspitze sei "kein Allheilmittel, aber die SPD braucht Kraft", sagte die kommissarische Parteichefin Malu Dreyer. Ko-Parteichef Torsten Schäfer-Gümbel sagte, die Parteiführung wolle Interessenten ausdrücklich ermutigen, sich als Team für die Parteiführung zu bewerben. Es werde aber auch Einzelkandidaturen geben können.

Die Kandidaten sollten sich im September und Oktober der Basis vorstellen. Dann finde ein Mitgliederentscheid statt, dessen Ergebnis am 26. Oktober verkündet werden soll. Wenn kein Bewerber oder kein Team über 50 Prozent erhalte, solle es einen zweiten Mitgliederentscheid geben.

SPD-Generalsekretär wünscht sich für den neuen Parteivorsitz eine Doppelspitze.
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil wünscht sich für den neuen Parteivorsitz eine Doppelspitze. © dpa / Carsten Koall

Update vom 24. Juni, 12.10 Uhr: SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hat sich für ein SPD-Führungsduo ausgesprochen. „Ich glaube, dass es jetzt für die SPD richtig ist, zu einer Doppelspitze zu kommen“, sagte der Politiker am Montag im ARD-„Morgenmagazin“. Klingbeil forderte, dass mal anders entschieden werden müsse als in den letzten Jahren. „Da haben sich immer zwei ältere Männer getroffen und haben entschieden, wie es mit der SPD weitergeht“, sagte Klingbeil. „Heute sollen die Mitglieder mitreden, es soll in den Parteigremien entschieden werden.“ Die SPD-Spitze will am Montag das Verfahren für die künftige Vorsitzendenwahl festlegen.

Sofern es zu einer Doppelspitze kommen sollte, steht für Klingbeil fest: „Mann und Frau - das ist gesetzt.“ Eine neue Spitze müsse sich klar positionieren. „Wie muss die SPD sich weiterentwickeln? Wie können wir klare Kante zeigen? Was sind die programmatischen Schwerpunkte?“, fragte Klingbeil.

Auch ein Ende der großen Koalition schloss der Politiker nicht aus. Das Klimaschutzgesetz, die Grundrente und der Soli-Abbau seien für ihn wichtig. „Das sind alles Punkte, wo ich merke: Die Union ist gerade nicht gut drauf, die blockieren, die bremsen.“ Wenn da nichts passiere, dann werde es schwierig für die SPD, an dieser Koalition noch festzuhalten. Der neue SPD-Vorsitz soll auf dem Bundesparteitag im Dezember gewählt werden.

Vor SPD-Entscheidung über neuen Parteivorsitz: Oppermann macht kontroversen Vorschlag

News vom 24. Juni, 6.42 Uhr: Der SPD-Vorstand will heute darüber entscheiden, wie nach dem Rücktritt von Andrea Nahles der Parteivorsitz neu bestimmt werden soll. Unter anderem soll die Basis am Verfahren beteiligt werden - wie genau ist aber noch genauso unklar wie der zeitliche Rahmen. Der Vorstand könnte vorschlagen, eine Doppelspitze zu installieren. Der frühere SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sprach sich dafür aus, auch Nicht-Parteimitglieder an Abstimmungen über Vorsitz und Kanzlerkandidatur teilnehmen zu lassen.

SPD-Parteivorsitz: Kommissarisches Führungstrio will nicht kandidieren

Nach der Vorstandssitzung in Berlin wollen die kommissarischen Parteichefs Malu Dreyer, Manuela Schwesig und Thorsten Schäfer-Gümbel am Nachmittag (16.00 Uhr) das weitere Vorgehen auf einer Pressekonferenz bekanntgeben. Sie sind seit Nahles' Rücktritt Anfang Juni im Amt, wollen aber alle drei nicht dauerhaft die SPD führen.

Pressekonferenz der SPD
Sie drei führen derzeit kommissarisch die SPD: Malu Dreyer, Manuela Schwesig und Thorsten Schäfer-Gümbel. © dpa / Michael Kappeler

Auch eine Reihe weiterer SPD-Spitzenpolitiker wie Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz, Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil haben bereits abgewunken.

Der SPD-Ostbeauftragte Martin Dulig rief deswegen Kommunalpolitiker dazu auf, sich um den vakanten Parteivorsitz zu bewerben. "Ich würde mich freuen, wenn einer unserer erfolgreichen Oberbürgermeister die Herausforderung annimmt", sagte Dulig der "Welt" vom Montag. "Mir fallen schon einige Leute in den Städten und Ländern ein, die ich für fähig halte. Die kennt man vielleicht in Berlin noch nicht. Aber das lässt sich ändern."

SPD-Ostbeauftragter spricht über „Verschleißerscheinungen“

Dulig räumte Verschleißerscheinungen bei den Sozialdemokraten ein: "Wenn ich mir das bekannte Spitzenpersonal anschaue, dann sage ich auch: Wir sind da inzwischen etwas ausgebrannt." Mit Blick auf die Vorstandssitzung vom Montag sagte Dulig: "Ich kann mir vorstellen, dass es auf eine Doppelspitze hinausläuft und auch eine Mitgliederbefragung mehrheitsfähig ist."

Der frühere SPD-Fraktionsvorsitzende und heutige Bundestags-Vizepräsident Oppermann warb derweil in den Zeitungen der Funke Mediengruppe dafür, nicht nur Parteimitglieder zu befragen. Es wäre "ein mutiger Schritt", auch Nicht-Parteimitglieder über Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur abstimmen zu lassen. Es komme darauf an, Politiker auszuwählen, "die nicht nur in der Partei, sondern auch bei der Bevölkerung gut ankommen".

Fünf Euro für eine Stimme? Oppermann macht kuriosen Vorschlag für die SPD

Interessierte Bürger könnten sich etwa für eine Kostenbeteiligung von fünf Euro für die Wahl registrieren lassen, sagte Oppermann. "Ohne Mut und Risikobereitschaft, ohne neue Wege auszuprobieren, wird die SPD nicht aus dem Keller kommen. Wenn wir dagegen Offenheit signalisieren und echte Partizipation anbieten, machen wir die SPD wieder zu einem gesellschaftlichen Projekt."

Zugleich betonte Oppermann, Entscheidungen über Wahlprogramme oder den Eintritt in Koalitionen sollten auch künftig ausschließlich Mitglieder treffen. Unter anderem in Frankreich haben Parteien Nicht-Mitgliedern die Teilnahme an Vorwahlen ermöglicht. 

AFP

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