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Drei Szenarien: So könnte Trumps Amtszeit enden - oder weitergehen

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Von: Florian Naumann

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Staatschef auf Schlingerkurs: So könnte Trumps Amtszeit weitergehen
Wer hat die Waffen in der Hand? Donald Trump bei einem Besuch bei der US-Küstenwache © AFP

„Unruhig“ war Donald Trumps Präsidentschaft von Beginn an. Nun könnte der Stuhl des US-Staatsoberhaupts ernsthaft wackeln. Drei Szenarien für die verbleibenden Monate seiner Amtszeit.

Washington - Was auch immer sich die rund 59 Millionen Trump-Wähler in den USA von ihrem Kandidaten erhofft hatten: Ein Versprechen hat Donald Trump von Beginn seiner Präsidentschaft an gehalten. Der Unternehmer agiert ganz und gar nicht wie ein Mitglied des Polit-Establishment. Unorthodoxe Aktionen sind bei Trump an der Tagesordnung.

Genau das scheint Trump nun aber auch in schwere Nöte zu bringen: Vorgeworfen wird dem US-Präsidenten unter anderem Einflussnahme auf die Justiz. Ein Vergehen, das nach demokratischen Maßstäben ein echtes No-Go ist - wie jedem Politprofi klar gewesen wäre. Ähnlich steht es um den Fauxpas, geheime Informationen eines befreundeten Geheimdienstes auf offiziellem Wege weiterzugeben.

Am Mittwoch hat ein erster Abgeordneter ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump beantragt. Die Wähler scheinen aber immer noch hinter ihrem Mann im Weißen Haus zu stehen... Kann sich Trump noch die ganzen drei Jahre und acht Monate seiner Amtszeit als Präsident halten? Und wie geht es weiter, wenn nicht? Drei denkbare Szenarien:

Szenario 1: Amtsenthebungsverfahren gegen Trump? 

Komplexe Systeme sind träge - sie scheuen die Veränderung. Ein Leitsatz, der auch für das politische System der USA gilt. Denn dass sich die Parteien weit aus dem Fenster lehnen, um ein Impeachment-Verfahren anzustrengen, es scheint - Stand jetzt - unwahrscheinlich.

Um Trump des Amtes zu entheben braucht es eine Mehrheit in den Parlamentskammern, im Senat sogar eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Dementsprechend müssten so einige republikanische Abgeordnete gegen ihren Präsidenten votieren. Einzelne Abtrünnige  - wie der Senator Jeff Flake - sind zwar bereits auszumachen - dass sich eine breite Front findet, die gegen Trump vorgeht scheint aber unwahrscheinlich ... zumindest, solange Trump weiter unter den Anhängern der Republikaner beliebt ist, werden die konservativen Abgeordneten ihn wohl verschonen. Aktuell unterstützen laut der Washington Post und dem Institut Gallup 84 Prozent der Republikaner-Wähler Trump. Die Demokraten wiederum könnten zwar bei den „Midterm“-Wahlen Ende 2018 für sie günstigere Mehrheitsverhältnisse erzielen. Dann aber würden sie mit einer Amtsenthebung riskieren, dass mit Mike Pence ein frischer Präsident ins Amt kommt, der ihnen bei der bereits nahenden Präsidentschaftswahl 2020 gefährlicher wird als Trump, wie die US-Webseite salon.com spekuliert

Voraussetzung wohl für ein Stillhalten: Trump lässt sich keine weiteren größeren Vergehen zu Schulde kommen. Und akzeptiert, dass das Parlament mitregiert. Dass sich die Abgeordneten nicht überstimmen oder brüskieren lassen wollen, haben sie schon bei der Abschaffung von Obamacare und beim Immigrations-Stopp bewiesen. Notfalls können sie Trump mit seinen Gesetzesvorhaben einfach konsequent auflaufen lassen. Dann nennt man einen US-Präsidenten „lame duck“ - eine Ente mit gestutzten Flügeln.

Szenario 2: Trump stolpert bald über seine Verfehlungen - er tritt zurück

Dass die Zustimmungsraten für Trump bei den Republikaner-Wählern langfristig stabil bleiben ist aber nicht garantiert. Vor allem mit dem vermeintlichen Geheimnisverrat an Putin und der möglichen Nähe zur russischen Regierung im Allgemeinen überschreitet Trump eigentlich bereits rote Linien seiner Kern-Wählerschaft. 

Zum Verhängnis werden könnte Trump auch, dass er sich zwar als unkonventioneller, nicht aber als überaus korrekter Regierungschef zeigt: 77 Prozent der amerikanischen Wähler erwarten Ehrlichkeit von den Regierungssprechern - und Trumps Team hat in der FBI-Affäre offensichtlich gelogen. Vielsagend auch Umfragezahlen der Meinungsforscher von Public Policy Polling zu Trumps Gesundheitsreform: Nur 25 Prozent der Wähler befürworten diese, 52 Prozent lehnen sie ab. 23 Prozent sind noch unentschieden. Ob das Ergebnis die Unentschlossen auch unter den Republikanern überzeugen wird - fraglich.

Kurz und gut: Auch wenn Trumps Beliebtheit bei den Kernwählern noch hält, die Bruchlinien sind angelegt. Eine entscheidende Frage könnte sein, inwieweit die Kritik auch die weniger liberalen Medien erreicht und für Trumps Wähler glaubhaft wird. Eine Schlüsselrolle dürfte Sonderermittler Robert Mueller spielen. Der in den USA hoch geachtete Ex-FBI-Chef könnte in der Russland-Affäre erstmals handfeste Fakten und Vorwürfe von offizieller Seite vorlegen.

Wenn es so käme, läge ein Impeachment nahe. Noch wahrscheinlicher wäre aber, dass Trump von sich aus das Handtuch wirft. So hatte es auch schon Richard Nixon in der Watergate-Affäre getan.

Szenario 3: Trump perfektioniert die Guerilla-Politik - und hält sich mit waghalsigen Manövern im Amt

In Europa hat schon so manch einer den Kopf über die Skandale und Skandälchen geschüttelt, mit denen Trump bislang durchkommt: Seine Leute erfanden die „alternativen Fakten“ und versuchten sich an geschichtsvergessenen Hitler-Vergleichen. Trump selbst erhob schwerste und nie belegte Vorwürfe gegen seinen Vorgänger Barack Obama, erfand einen Anschlag auf Schweden, erließ reihenweise rechtswidrige Dekrete und konnte sich nie glaubhaft von den Russland-Vorwürfen lossagen.

Trumps Wunderwaffe, das ist kein Geheimnis, ist sein direkter Draht zu seinen Anhängern. Auf Gegenargumente und Vorwürfe pfeift der US-Präsident größtenteils - er kommuniziert über Twitter und stramm rechte Medien wie Breitbart und Fox News seine eigene Wahrheit. Eine weitere Zustimmungsquelle scheint in der Außenpolitik zu liegen: Umfragen zufolge unterstützten die Amerikaner überwiegend Trumps Angriffe auf Syrien; mit Nordkorea hat der US-Präsident bereits einen weiteren Nebenschauplatz eröffnet.

Wenn es Trump gelingt, seine Zustimmungsraten auf diesen Wegen zu stabilisieren und sogar auszubauen, könnte seine Präsidentschaft gegen Angriffe (oder auch: „Hexenjagden“) gefeit bleiben. Um wirklich aktiv Politik betreiben zu können, müsste Trump allerdings noch geschickter Kompromisse im Parlament schließen. Oder aber so sehr verbal - mit Anschuldigungen und unorthodoxen Plänen - in die Offensive gehen, dass seine Anhänger die Republikaner im Parlament vor sich hertreiben. Auch wenn dieses Szenario in Europa wohl kaum auf Gegenliebe stoßen würde.

Ausblick: Eine Welt nach Trump?

Im Kern scheint Trumps Präsidentschaft an einer Frage zu hängen: Gelingt es dem US-Präsidenten, seine Wählerschaft in eine eigene Filterblase zu packen, in der die allgemeine Kritik keine Rolle spielt? Der Versuch ist so oder so gefährlich - nicht umsonst warf man Trump schon im Wahlkampf vor, die Nation zu spalten.

Sollte Trump mit seinem Experiment vor den Wiederwahlen scheitern, dann ist das Resultat jedenfalls klar: Präsidentschafts-Neuwahlen sind in der Verfassungs der USA nicht vorgesehen. Vize Mike Pence würde definitiv das Amt übernehmen. Das würde einen Neustart bedeuten: Denn Pence gilt zwar - beispielsweise - als Gegner der Evolutionstheorie und der These eines Klimawandels. Eine schillernde Gestalt wie Trump ist er aber nicht. Sondern ein in 17 Jahren Kongress-Mitgliedschaft und Gouverneurstätigkeit gestählter Politprofi.

Ob Pence den Rückenwind als Neu-Präsident nutzen könnte, oder aber an der Zersplitterung des Landes scheitern würde? Das bleibt die Frage. In welche Richtung das Land mit seinen enttäuschten Wählern nach einem Scheitern Trumps rücken würde - es ist kaum abzusehen.

fn

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