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Nach Reissl-Abschied: SPD München versucht  Neustart mit „ein bisschen Trotz“

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Von: Sascha Karowski

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Ex-SPD-Chef Alexander Reissl ist nun parteilos und Mitglied der CSU-Fraktion. © Schmidhuber

Nach dem überraschenden Wechsel von SPD-Chef Alexander Reissl zur CSU präsentiert sich die neue Fraktionsführung aufgeräumt und motiviert.

München - Ein paar Faschingsorden liegen auf dem Fenstersims im Chefbüro. Der schwere hölzerne Schreibtisch ist nahezu leer. Ein paar Stifte, ein Notizblock, mehr ist nicht geblieben von Alexander Reissl. Der 61-Jährige hatte vorigen Montag überraschend sein Ausscheiden aus der SPD verkündet – nach 45 Jahren Mitgliedschaft, nach elf Jahren auf dem Sessel des Fraktionsvorsitzenden. Der Moosacher schloss sich als fraktionsloser Stadtrat der CSU an. Ein Paukenschlag, der bis heute nachhallt

Er habe sich nicht einmal von den Mitarbeitern der Fraktion verabschiedet, hieß es aus SPD-Kreisen. Auch persönlich sei man enttäuscht. Reissl hatte als Grund für seinen Abtritt angeführt, dass die SPD kein eigenes Profil mehr habe, zu viel von den Grünen abkupfere. „Und wer kein Profil hat, muss sich nicht wundern, wenn er nicht mehr gewählt wird“, sagte Reissl am Montag vor einer Woche.

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Wohl auch aus dem Grund hatte die neue SPD-Führung um Verena Dietl (39) und Christian Müller (52) zur Pressekonferenz eingeladen. Man möchte zeigen, dass es weitergeht, die inhaltlichen Erfolge und Schwerpunkte herausstellen, den Kurs präsentieren und damit wieder zum Programmatischen zurückkehren. Und man möchte Personaldebatten nicht zu viel Platz einräumen. Das allerdings wird schon durch den Umstand erschwert, dass mit Birgit Volk die nächste Stadträtin ihren Austritt aus der Fraktion erklärt hat (wir berichteten). Anders als Reissl wird sich die 59-Jährige aber keiner anderen Fraktion anschließen. Die Gründe für diesen Schritt seien persönliche gewesen, sagten Dietl und Müller gestern. Mehr war nicht zu erfahren, vor allem keine Erklärung, warum eine Stadträtin, die ohnehin angekündigt hatte, 2020 nicht mehr kandidieren zu wollen, wenige Monate vor der Kommunalwahl 2020 aus der Fraktion ausscheidet.

Die SPD will nach vorn blicken. Auch wenn beide Austritte schmerzten, so werde es dennoch weitergehen. „Die Motivation ist sehr hoch in der Fraktion“, sagte Dietl. Es sei eine Aufbruchstimmung erkennbar. „Und auch ein klein bisschen Trotz“, sagte Müller. Aus Reihen der Genossen selbst sind tatsächlich nur positive Worte zu vernehmen. Der neuen Führung, auch mit den Stellvertretern, gelinge es, die Fraktion zu einen und unterschiedliche Strömungen aufzufangen.

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An der inhaltlichen Ausrichtung ändert sich freilich wenig. Die SPD will mit sozialen Themen punkten. München müsse eine Stadt für alle bleiben, sagte Müller. „Die sicherste Großstadt, das gilt auch für die soziale Sicherheit.“ Beim Thema Wohnungsbau werde man weiterhin mit Augenmaß auf Nachverdichtung und Neubauten setzen. Beim Thema Verkehr lägen die Schwerpunkte auf dem Ausbau des Nah- und Radverkehrs.

Gerade das Thema Rad hatte bei Reissls Austritt eine Rolle gespielt. Die SPD hechle den Grünen hinterher, hatte er kritisierte. „Alle Beschlüsse sind aus der Mitte der Fraktion mitgetragen worden. Außer von einigen wenigen“, sagte Müller. Überhaupt schwang in den Ausführungen der neuen Fraktionsspitze viel Kritik am Ex-Chef mit. So lautete eine Ankündigung, dass man künftig stärker das Team in den Vordergrund rücken werde. Es gehe um „Inhalte, weniger um persönliche Eitelkeiten“. Tatsächlich war intern oft kritisiert worden, der Ex-Chef führe die Fraktion wie ein schlecht gelaunter Sonnenkönig. Jedoch hatte er zusehends an Einfluss verloren, galt wegen zweier nur knapp gewonnener Wahlen zum Chef als angezählt. Nach Informationen unserer Zeitung war Ende des Sommers bereits so etwas wie ein offener Bruch zwischen Reissl und Teilen der Fraktion absehbar. Die Revolte blieb aus. Vielleicht ist Reissl ihr auch zuvorgekommen.

Der Fall Alexander Reissl hat vor der Kommunalwahl 2020 für ein politisches Erdbeben im Münchner Rathaus gesorgt. Dazu ein Kommentar von Politik-Redakteur Klaus Vick.

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