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Starker Widerstand gegen rot-grünes "Soli"-Modell

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Der Bund der Steuerzahler kritisiert, dass gerade mal die Hälfte der Soli-Einnahmen an die neuen Länder weitergegeben wird. Foto: Jan-Philipp Strobel
Der Bund der Steuerzahler kritisiert, dass gerade mal die Hälfte der Soli-Einnahmen an die neuen Länder weitergegeben wird. © Jan-Philipp Strobel

Berlin - Die rot-grünen Länderchefs wollen den „Soli“ in der Steuer weiterführen. Dagegen sträuben sich führende Unionspolitiker. Der Bund der Steuerzahler fordert hat eine ersatzlose Streichung.

In der Union wächst der Widerstand gegen den rot-grünen Vorstoß, den Solidaritätszuschlag in die Einkommensteuer zu integrieren. „Dieser Vorschlag ist nicht zielführend, und den können wir nicht mitmachen“, sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) am Dienstag im ZDF. Der Vorstoß habe auch keine Unterstützung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer. Kauder kritisierte, dass der Vorschlag einer Steuererhöhung gleichkomme, die von der Union seit Jahren kategorisch abgelehnt wird.

„Die Einreihung des Soli in die normale Steuer würde zu einer Steuererhöhung führen. Das machen wir nicht“, so Kauder. Die Regelung würde aus seiner Sicht ferner dazu führen, dass die neuen Bundesländer auf Dauer schlechter behandelt würden, weil sie eine geringere Steuerkraft hätten als die alten Länder. Zudem würden dann die bislang allein an den Bund gehenden Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag zu über 50 Prozent an die Länder fließen.

Der stellvertretende CDU-Chef Armin Laschet mahnte, eine Steuererhöhung sei das falsche Signal - „und angesichts der Einnahmen des Bundes derzeit sind Steuererhöhungen auch nicht nötig“, sagte der nordrhein-westfälische CDU-Vorsitzende im Deutschlandfunk. Um zu verhindern, dass die Abgabe im allgemeinen Haushalt versande, solle sie für eine bestimmte Zeit „mit klaren Prioritäten und mit klarer Zweckbindung“ fortgeführt werden.

Die Ministerpräsidenten von SPD und Grünen hatten sich am Sonntag darauf verständigt, dass der Solidaritätszuschlag ab 2020 in die Einkommens- und Körperschaftssteuer integriert und damit stärker auch Ländern und Kommunen im Westen Deutschlands zugutekommen soll. Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) betonte im RBB-Inforadio, der Zuschlag dürfe kein Mittel sein, um allgemeine Lücken im Bundeshaushalt oder in Länderhaushalten zu stopfen.

Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz unterstrich seine Forderung nach einer Fortsetzung des Solidaritätszuschlags über 2019 hinaus. Der SPD-Bundesvize verwies am Dienstag auf ein Zitat der Kanzlerin, das aus dem Bundeswahlkampf stamme und so ähnlich auch im Koalitionsvertrag stehe: „Das Aufkommen des 'Soli' wird auch nach 2020 gebraucht“, zitierte Scholz Angela Merkel (CDU).

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) rief zu Kompromissbereitschaft in den laufenden Gesprächen für eine Neugestaltung der Finanzbeziehungen auf. Alle müssten nun den Schritt hin zu einer Lösung machen, sagte Kretschmann in Stuttgart. An diesem Donnerstag treffen sich die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer in Potsdam, um über das Thema zu reden. Ursprünglich sollte es bis zum Jahresende eine grundsätzliche Einigung geben. Kretschmann erwartet aber nicht, dass es am Donnerstag eine finale Lösung geben wird.

Die nicht mehr im Bundestag vertretene FDP ist gegen eine Fortsetzung des Solidaritätszuschlags über 2019 hinaus. Zwar seien staatliche Investitionen nötig, sagte FDP-Chef Christian Lindner am Dienstag in Düsseldorf. In Zeiten von Rekordsteuereinnahmen und niedrigen Zinsen müsse das Geld dafür aber durch Verzicht auf zusätzlichen Konsum und durch Haushaltsdisziplin erwirtschaftet werden.

Hasselfeldt will Soli künftig für Infrastruktur verwenden

Die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag sollten nach dem Willen von CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt künftig für die Infrastruktur, etwa Straßenbau oder Internetleitungen, ausgegeben werden. "Das Geld ist nötig, um Deutschland wettbewerbs- und innovationsfähig zu halten", erklärte Hasselfeldt am Dienstag in Berlin. Sie wandte sich sowohl gegen eine Abschaffung des Soli als auch gegen die von rot-grünen Ländern vorgeschlagene Eingliederung in das allgemeine Steuersystem.

"Auf die Einnahmen aus dem Soli sollten Bund und vor allem auch die neuen Länder ab 2019 nicht verzichten", sagte Hasselfeldt weiter. Der Steuerzuschlag solle aber auch "nicht einfach in den Einkommensteuertarif eingearbeitet und damit für immer und ewig zementiert" werden. Dagegen würde eine "neue, eng abgegrenzte Verwendung" zum Beispiel für Infrastrukturinvestitionen mehr Wachstum und damit auch mehr Steuereinnahmen nach sich ziehen.

Der Solidaritätszuschlag („Soli“) von 5,5 Prozent wird - in Ost und West - auf Einkommen- und Körperschaftsteuer erhoben. Die Einnahmen von zuletzt 13 Milliarden Euro stehen allein dem Bund zu und sind nicht zweckgebunden, wenngleich ein Teil des Geldes für die Aufbauleistung im Osten verwendet wird. Mit dem Auslaufen des nicht mit dem „Soli“ identischen Solidarpakts II für den Aufbau Ost im Jahr 2019 wollen Bund und Länder ihre Finanzbeziehungen neu regeln. In dem Zusammenhang kommt auch der Solidaritätszuschlag auf den Prüfstand.

Steuerzahlerbund fordert ersatzlose Abschaffung

«Es wäre eine Mogelpackung, die Bürger beim Soli zu entlasten und dann über die Einkommen- und Körperschaftsteuer wieder zuzuschlagen», sagte Verbandspräsident Reiner Holznagel der «Neuen Osnabrücker Zeitung». «Damit würde die Ergänzungsabgabe dauerhafter Bestandteil des Steuertarifs.» Auch die Umwidmung der Abgabe in einen «Westsoli» lehne er ab, so Holznagel. «Es ist Zeit, aus dem Soli auszusteigen.»

Der Verbandpräsident begründete seine Haltung mit der finanziellen Lage des Bundes. «Der Staat schwimmt im Geld.» Ihn ärgere es auch, dass «die Politik den Solidaritätszuschlag immer als Hilfe für den Aufbau Ost» verkaufe. «Nur die Hälfte der Soli-Einnahmen gibt der Bund aktuell über den Solidarpakt an die neuen Länder weiter.»

Nach dem Willen der zehn Ministerpräsidenten von SPD und Grünen soll der «Soli», dessen Aufkommen komplett an den Bund geht, ab 2020 auch Ländern und Kommunen zugutekommen. Aufbauleistungen - wie sie heute etwa über den Solidarpakt II zweckgebunden in den Osten fließen - sollen künftig dort ansetzen, wo sie benötigt werden, also auch im Westen. Ministerpräsidenten der Union äußerten Vorbehalte gegen eine Überführung des «Soli» in die Einkommensteuer.

dpa/Afp

Steuerbroschüre des Bundesfinanzministeriums

Glossar Bundesfinanzministerium

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