Friedensgespräche zu Syrien "extrem schwierig"

Genf - Die syrischen Friedensgespräche sind reich an Merkwürdigkeiten. Die Sitzordnung zeigt, wie sehr die Delegationen jeden Kontakt meiden: Sie sitzen in einem Raum an zwei verschiedenen Tischen.
Nach fast drei Jahren Bürgerkrieg keimt erstmals Hoffnung auf eine Verbesserung der Lage für die Menschen in Syrien auf. Trotz erheblicher Probleme im Vorfeld der Genfer Friedensgespräche kamen die Delegationen von Regierung und Opposition am Samstag erstmals zu Verhandlungen in einem Raum zusammen. „Extrem schwierig, aber besser als erwartet“, lautete das Fazit der meisten westlichen Beobachter nach dem Start der Treffen.
Offiziell war die Rede von „direkten Gesprächen“ zwischen den Vertretern des Regimes von Präsident Baschar al-Assad und der Exil-Opposition. Ahmed Ramadan, ein Mitglied der Delegation der Regierungsgegner, berichtete jedoch, UN-Vermittler Lakhdar Brahimi betreibe eine Art Pendeldiplomatie auf engstem Raum. Demnach wurden für die Vertreter der verfeindeten Lager zwei getrennte Tische in den Verhandlungssaal gestellt. Brahimi und sein Team hätten die Botschaften der einen Seite an die jeweils andere Seite übermittelt.
Am Nachmittag ging es dem Vernehmen nach, um die Frage, wo es zuerst eine Waffenruhe geben soll. Die Opposition schlug die Stadt Homs vor, da die Menschen dort seit November 2012 weitgehend von der Lieferung von Lebensmitteln und Medikamenten abgeschnitten sind. Beobachter vermuteten außerdem, die Opposition habe diesen Vorschlag gemacht, weil sie auf die Rebellen in Homs mehr Einfluss hat als etwa auf die Kampfverbände in der Stadt Aleppo.
Syriens Außenminister Walid al-Muallim hatte bei einem Besuch in Moskau vor einigen Tagen eine mögliche Waffenruhe für Aleppo ins Gespräch gebracht. Laut Opposition soll von Sonntag an außerdem das besonders umstrittene Thema „Übergangsregierung“ behandelt werden.
Nach der ersten gemeinsamen Sitzung am Samstagmorgen hatten Vertreter beider Seiten übereinstimmend berichtet, nur der UN-Vermittler habe das Wort ergriffen. Dagegen hätten die Delegierten von Regierung und Opposition eine halbe Stunde lang nur eisig geschwiegen.
Brahimi betonte zu Beginn nach Angaben aus Delegationskreisen, Ziel der Verhandlungen sei es, den blutigen Konflikt in Syrien zu beenden. Außerdem wies er erneut darauf hin, dass die sogenannte Genf-1-Vereinbarung die Grundlage der Gespräche sei. Diese Vereinbarung vom Juni 2012 sieht auch die Bildung einer Übergangsregierung unter Beteiligung der Opposition vor. Dagegen hatte die Delegation von Präsident Assad mehrfach Vorbehalte geäußert.
Das Mitglied der Oppositionsdelegation, Anas al-Abde, sagte, der Vorschlag der Opposition zu Homs beinhalte konkret eine ein bis zwei Wochen lange Waffenruhe in der Stadt. In dieser Zeit soll die Bevölkerung 300 Tonnen Hilfslieferungen erhalten. Sollte alles gut laufen, könnte die Waffenruhe später auf die komplette Provinz Homs ausgeweitet werden, fügte der Oppositionspolitiker hinzu.
Das erste direkte Treffen mit dem UN-Unterhändler Lakhdar Brahimi hätte ursprünglich bereits am Freitag stattfinden sollen. Da sich die Regierungsdelegation geweigert hatte, sich schriftlich zu der Bildung einer gemeinsamen Regierung zu bekennen, traf sich Brahimi am Freitag aber schließlich doch nur getrennt mit den beiden Delegationen.
Der Iran - neben Russland der wichtigste Verbündete des Regimes von Präsident Baschar al-Assad - deutete unterdessen an, schiitische Milizionäre könnten Syrien verlassen, falls gleichzeitig auch alle ausländischen sunnitischen Kämpfer das Land verlassen würden. Außenminister Mohammed Dschawad Sarif antworte am Freitagabend beim Weltwirtschaftsforum in Davos auf die Frage, ob er die pro-iranische libanesische Hisbollah-Miliz auffordern werde, Syrien zu verlassen: „Ich fordere alle ausländischen Truppen auf, Syrien zu verlassen.“
Die schiitische Hisbollah kämpft im syrischen Bürgerkrieg auf der Seite des Regimes. Selbst ernannte Dschihadisten aus dem Ausland haben sich verschiedenen islamistischen Rebellenbrigaden sowie der Terrorgruppe Islamischer Staat im Irak und in Syrien (ISIS) angeschlossen.
dpa