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Wegen Trump? US-Immigranten fliehen nach Kanada trotz Schnee

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Von: Florian Naumann

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Trotz Schnee, wegen Trump: US-Immigranten fliehen nach Kanada
Ein Flüchtling beim Grenzübertritt von den USA nach Kanada © AFP

Quebec - Donald Trumps markige Rhetorik zeigt offenbar Wirkung: Immer mehr US-Immigranten versuchen, trotz strengem Frost auf abgelegenen Wegen nach Kanada zu kommen.

Die Zahlen sind noch nicht besonders hoch - aber sie zeigen einen Trend: Offenbar versuchen immer mehr Flüchtlinge, aus den USA nach Kanada zu gelangen. Viele von ihnen erklärtermaßen wegen dem nach Donald Trumps Amtsantritt veränderten politischen Klima in den Vereinigten Staaten, wie mehrere englischsprachige Medien in den vergangenen Tagen berichteten.

So wurden im östlichen Bundesstaat Quebec nach Recherchen des britischen Telegraph im Januar 506 Asylanträge registriert - ein Vielfaches, verglichen mit dem Vorjahreszeitraum. Der Zustrom scheine eine Folge „der US-Wahl, der allgemeinen Anti-Immigranten-Stimmung im Land, die sie wohl hervorruft, und vielen anderen internationalen Faktoren zu sein“, sagte der Vizepräsident der Immigrations-Anwälte-Vereinigung Quebecs, Eric Taillefer, dem Blatt.

Flucht auf abgelegenen Pfaden

Ein anderer Schwerpunkt scheint das abgelegene Dorf Emerson, Manitoba zu sein. Dort wurden laut CNN zuletzt rund zwei Dutzend Immigranten an einem Wochenende registriert. Zwei ghanaische Flüchtlinge erlitten beim Fußmarsch nach Kanada Erfrierungen. Auch in der Gegend um Vancouver stiegen die Zahlen deutlich: „Es ist verrückt. Der Trend zeigt besonders seit Dezember stark nach oben“, sagte eine Mitarbeiterin der Stadt der Vancouver Sun. In Vancouver hätten sich vor allem Menschen aus dem Irak, aus Afghanistan sowie einige Mexikaner gemeldet.

Nachdem die kanadischen Behörden das Thema auf die Agenda setzten, entsandten nicht nur der Telegraph und die CNN Korrespondenten ins Niemandsland an der tausende Kilometer langen und momentan schneebedeckten Landesgrenze von USA und Kanada. Denn dort finden die meisten Grenzübertritte statt: Wegen eines Abkommens zwischen den beiden Ländern und der Klassifizierung der USA als „sicheres Drittland“ ist die Einreise über unbemannte Grenzübergänge für die Migranten der einzige Weg nach Kanada. Empfangen werden die Flüchtlinge dabei neuerdings offenbar fast immer von der kanadischen Polizei.

Mehr Beamte an der Grenze

Denn Kanada reagiert nun auf den Trend. Nach Angaben der Grenzschutzbehörde CBSA wird verstärkt Personal an der Grenze eingesetzt. Auch ein Ankunftszentrum wird in Quebec eingerichtet. Bei einem Pressetermin präsentierte die Bundespolizei RCMP Journalisten zudem die Lage am größten Grenzübergang Quebecs, Saint-Bernard-de-Lacolle, wie der Toronto Star berichtet.

Dabei wurden die Reporter auch gleich Zeugen mehrerer Grenzübertritte - darunter die eines Eritreers, der seit 2013 in den USA lebte und eines Mannes aus dem Sudan, der sich offenbar seit Jahren legal im US-Bundesstaat Minnesota aufhielt. Jeden Tag kämen mehr Menschen an, sagte eine Polizistin dem Blatt.

Trudeau soll reagieren

Verschiedene Gruppierungen fordern die kanadische Regierung unter Premiere Justin Trudeau auf, das Abkommen mit den USA zu kündigen. Der Jurist Greg Boos erklärte der Vancouver Sun, die Übereinkunft basiere „auf der Fiktion, dass die USA ein sicheres Land für Flüchtlinge sind.“ „Jetzt, unter Trump, muss man schon blind sein, um nicht zu verstehen, dass diese Fiktion nicht stimmt.“ Die kanadischen Konservativen fordern hingegen, die Einreise der Flüchtlinge zu unterbinden - auch weil der Weg über die frostige Landgrenze äußerst gefährlich sei.

Donald Trump hatte bereits im Wahlkampf illegale - vor allem mexikanische - Einwanderer ins Visier genommen und teils pauschal als „Vergewaltiger“ bezeichnet. Zuletzt hatten ein kurzfristig verhängter Einreisestopp für Menschen aus mehreren überwiegend muslimischen Ländern und eine massive Polizeiaktion mit Razzien gegen Einwanderer für Aufsehen gesorgt.

fn

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