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Regierungschef Asarow tritt zurück

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Nikolai Asarow
Nikolai Asarow © dpa

Kiew -  Der ukrainische Regierungschef Nikolai Asarow ist zurückgetreten. Das teilte der Pressedienst der Regierung in Kiew am Dienstag mit.

Nach monatelangem Machtkampf in der Ukraine ist die Regierung geschlossen zurückgetreten. Präsident Viktor Janukowitsch nahm das Rücktrittsgesuch von Ministerpräsident Mykola Asarow und seines Kabinetts an, wie das Präsidialamt in Kiew am Dienstag mitteilte. Am Vormittag hatte das Parlament die Verschärfung des Demonstrationsrechts zurückgenommen, am Nachmittag soll es in seiner Sondersitzung über eine Amnestie für festgenommene Demonstranten beraten.

Das Kabinett bleibt nach Angaben der Präsidentschaft geschäftsführend im Amt, bis eine neue Regierung steht. Asarow hatte zuvor erklärt, er habe Janukowitsch um seine Entlassung gebeten, um einen "politischen Kompromiss für eine friedliche Lösung des Konflikts" zu ermöglichen. Das sei seine "persönliche Entscheidung". Die Einheit der Ukraine müsse bewahrt bleiben.

Klitschko: Schritt zum Sieg

Oppositionsführer Vitali Klitschko wertete den Rücktritt zwar als Erfolg, es sei aber noch kein "Sieg, sondern ein Schritt zum Sieg". Die um ihn und die Oppositionsführer Arsenji Jazenjuk und Oleg Tjagnibok gruppierten Regierungsgegner fordern eigentlich Janukowitschs Rücktritt und vorgezogene Neuwahlen. Der Staatschef hatte Jazenjuk und Klitschko am Wochenende die Posten des Regierungschefs und des Stellvertreters angeboten - was beide aber ablehnten.

Klitschko bekräftigte das am Dienstag. "Ich werde auf keinen Fall in eine Regierung gehen, in der Janukowitsch sitzt", sagte Klitschko der Onlineausgabe der "Bild"-Zeitung. "Das ist ausgeschlossen." Daher war zunächst unklar, wer Asarow als Ministerpräsident folgen und wie eine neue Regierung aussehen könnte.

Das ukrainische Parlament stimmte am Dienstagvormittag in einer Sondersitzung zudem dafür, die umstrittenen Gesetze zurückzunehmen, mit denen vor zwei Wochen das Demonstrationsrecht verschärft worden war. Insgesamt 361 Abgeordnete votierten für die Annullierung, nur zwei stimmten dagegen.

Die Gesetzesänderungen hatten die Protestbewegung in der Ukraine, die seit Monaten in Eiseskälte auf den Straßen demonstriert, radikalisiert. Danach war es verboten, Helme oder Masken zu tragen - was die Demonstranten mit Kartons und Nudelsieben auf dem Kopf quittierten, um die Bestimmungen lächerlich zu machen. Auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew entlud sich der Zorn in Straßenschlachten mit der Polizei, mindestens drei Menschen starben.

Ruhige Stimmung auf dem Maidan

Auf dem Maidan genannten Platz in Kiew war es am Dienstag im Gegensatz zu den vergangenen Tagen bis zum Abend ruhig. Tausende Demonstranten hielten dort friedlich einen Gottesdient ab. Die meterhohen Barrikaden aus Sandsäcken und Autoreifen waren aber weiterhin zu sehen. Mittlerweile ist das Stadtzentrum in Bereiche geteilt, die von den Demonstranten kontrolliert werden, und solche, in denen die Sicherheitskräfte die Kontrolle haben.

Für den Nachmittag waren im Parlament Beratungen über eine mögliche Freilassung der bei den Protesten festgenommenen Demonstranten angesetzt. Bedingung dafür ist aber, dass sich die Aktivisten aus besetzten Ministerien zurückziehen und ihre Barrikaden abbauen. Die Proteste hatten sich zuletzt auch auf zahlreiche Provinzen des Landes ausgedehnt. Regierungsgegner hielten am Dienstag in zehn der 25 Provinzen die örtliche Verwaltung besetzt.

Steinmeier begrüßt Rücktritt und hofft

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) äußerte die Hoffnung, dass der Rücktritt Asarows den Weg für eine politische Lösung ebnen könne. Die Ukraine bestimmte auch den Gipfel der EU-Führung mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Dieser sollte sich in Brüssel auch mit der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton treffen, die anschließend zu einer Vermittlungsmission nach Kiew reisen wollte.

Die Proteste hatten sich Ende November an der überraschenden Entscheidung der Regierung entzündet, ein lange mit der EU ausgehandeltes Assoziierungsabkommen nicht zu unterzeichnen. Die Regierungsgegner fürchten, dass Kiew sich stattdessen stärker Moskau zuwendet.

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dpa/AFP

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