US-Einreiseverbot: Welche Deutschen betroffen sind

München - Per Dekret verbot US-Präsident Trump am Freitag die Einreise von Menschen aus bestimmten muslimischen Herkunftsländern. Zehntausende Deutsche sind davon betroffen. Was Sie zum Trump-Erlass unbedingt wissen sollten.
Am Freitag hatte US-Präsident Donald Trump per Dekret einen Einreisestop von Menschen aus aus dem Iran, Sudan, Syrien, Libyen, Somalia, Jemen und dem Irak verfügt. Hier können Sie den vollständigen Text des Dekrets nachlesen. Bürger aus den sieben Ländern dürfen für 90 Tage kein Visum beantragen, die Einreise ist Flüchtlingen für 120 Tage untersagt, syrischen Flüchtlingen wurde die Einreise auf unbestimmte Zeit verboten.
Von diesem Verbot sind auch zehntausende sogenannte Doppelstaatler in Deutschland direkt betroffen, darauf weist unter anderem die US-Botschaft in Berlin hin. Das Innenministerium gab dazu am Montag in Berlin Zahlen von 2011 bekannt, aktuellere Daten existierten nicht.
Neben dem deutschen Pass besaßen demnach mehr als 80.000 Menschen in der Bundesrepublik eine iranische Staatsangehörigkeit, mehr als 30.000 eine irakische, rund 25.000 besitzen einen syrischen Pass, mehr als 1.000 einen sudanesischen.
Die Einreiseverbote gegen Somalia, Libyen und dem Jemen würden jeweils 500, 300 und rund 350 Menschen in Deutschland betreffen. „Die Zahlen können allenfalls als Richtgröße dienen“, sagte ein Sprecher des Ministeriums.
Demnach wären mehr als 130.000 deutsche Bürger von dem Einreiseverbot betroffen.
Warum gibt es in Deutschland Mehrstaater?
Um in Deutschland eingebürgert zu werden, muss eigentlich die ursprüngliche Staatsangehörigkeit aufgelöst werden. In einigen Fällen ist die Entlassung aus der ursprünglichen Staatsangehörigkeit allerdings nicht oder nur sehr schwierig möglich. Trifft einer der folgenden Gründe also zu, dann kann die Person trotzdem eingebürgert werden, behält allerdings ihre ursprüngliche Staatsbürgerschaft - so entstehen sogenannte Mehrstaater.
In manchen Ländern besteht gesetzlich keine Möglichkeit die bisherige Staatsbürgerschaft aufzugeben. Länder wie Afghanistan, Algerien, Eritrea, Iran, Kuba, Libanon, Marokko, Syrien und Tunesien verweigern die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit.
Als unzumutbare Schwierigkeiten bei der Aufgabe der ursprünglichen Staatsbürgerschaft gelten auch Gründe wie, überhöhte Gebühren, gesundheitliche Schwierigkeiten und die Verweigerung der nötigen Formulare durch das Herkunftsland.
Anerkannte Flüchtlinge, die Verfolgung befürchten müssen, haben ebenfalls die Möglichkeit eine doppelte Staatsbürgerschaft anzunehmen.
Ein Beispiel: Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland
Auch der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, befürchtet nicht mehr in die USA reisen zu dürfen. Er besitzt zwei Staatsbürgerschaften, die deutsche und die syrische.
Die syrische Staatsbürgerschaft könne er auch nicht abgeben, weil Syrien Bürger nicht daraus entlasse, erklärte Mazyek. "Ich bin in Aachen geboren, deutsche Mutter, syrischer Vater, aber die Anmeldung in Syrien durch den Vater reicht für alle Zeiten aus."
Wann dürfen Bürger mit doppelter Staatsbürgerschaft wieder in die USA reisen?
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den vom US-Einreiseverbot betroffenen Doppelstaatlern in Deutschland ihre Unterstützung zugesichert. Das Kanzleramt setze alles daran, Rechtssicherheit für diese Menschen zu erhalten und die rechtliche Lage der Doppelstaatler zu klären, sagte Merkel ungefragt am Montag in Berlin am Rande eines Treffens mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko.
Auch die EU-Kommission will verhindern, dass EU-Bürger mit bestimmten Doppelstaatsbürgerschaften vorerst nicht mehr in die USA reisen dürfen. „Wir werden sicherstellen, dass unsere Bürger nicht diskriminiert werden“, sagte ein Sprecher am Montag. Rechtsexperten seien derzeit dabei, die Lage zu analysieren.
Die US-Botschaft in Berlin hat Bürger der betroffenen Länder dringend aufgefordert, sich vorerst in keiner Weise um ein Visum zu bemühen.
In einer am Montag auf der Homepage der Botschaft veröffentlichten "dringenden Mitteilung" heißt es: "Wenn Sie ein Staatsbürger eines dieser Länder sind, vereinbaren Sie bitte keinen Termin für ein Visainterview und zahlen Sie zum jetzigen Zeitpunkt keinerlei Visagebühr."
Wer bereits einen Termin vereinbart habe, solle diesen nicht wahrnehmen, heißt es in Großbuchstaben weiter. "Sie werden keinen Eintritt in die Botschaft/das Konsulat erhalten", steht dort außerdem.
Könnte das Einreiseverbot wieder gekippt werden?
In der Nacht zum Sonntag haben mehrere Gerichte in den USA mit ihren Entscheidungen das präsidentschaftliche Dekret teilweise blockiert. Damit soll verhindert werden, dass irreparabler Schaden entsteht, bevor über die Verfassungsmäßigkeit der Anordnung entschieden ist.
Trotz der einstweiligen Verfügung können keine Menschen aus den betroffenen Herkunftsstaaten einreisen. Das Gericht in New York verfügte landesweit, dass die Betroffenen, die seit Freitag eingereist sind, nicht wieder zurückgeschickt werden dürfen, wenn sie ein gültiges Visum, eine Greencard oder einen Schutzstatus haben.
In der Regel werden einstweilige Verfügungen wie die der New Yorker Richterin nur erlassen, wenn die gerichtliche Instanz es für möglich hält, dass das Gesetz an sich im späteren Verlauf gekippt wird. Das heißt nicht zwangsläufig, dass es so kommt.
Kritik an der Länderauswahl für das Einreiseverbot
Einer der großen Kritikpunkte, neben dem Vorwurf, der Erlass sei nicht verfassungskonform, betrifft die Auswahl der Länder. In dem Dekret von Donald Trump heißt es: „Die Vereinigten Staaten müssen ihre Bürger vor Ausländern schützen, die planen in den USA Terroranschläge zu verüben (...)“. Die sieben von Einreisestopp betroffenen Länder sind überwiegend muslimisch geprägt. Andere muslimische Länder sind von dem Verbot aber nicht betroffen, wie zum Beispiel Saudi-Arabien. Für den Vorwurf, der Wüstenstaat unterstütze direkt oder indirekt die Terrormiliz Islamischer Staat und radikale islamistische Organisationen, gab es häufig Anhaltspunkte, aber nie Beweise. Dennoch findet sich das Land nicht auf Donald Trumps Liste.
Wie das Cato Institut, eine der einflussreichsten politischen Forschungseinrichtungen in den USA, herausfand, sind ausgerechnet die Länder nicht auf der Liste, aus denen rein statistisch eine Gefahr für US-Bürger ausgehen würde.
vf/dpa/AFP
Weitere Quellen: einbürgerungstest.biz