Verurteilte Iranerin will inhaftierte Reporter anzeigen

Frankfurt/Main - Die zum Tode verurteilte Iranerin Sakineh Mohammadi Aschtiani will laut Medienberichten die deutschen Journalisten verklagen, die nach einem Interview mit ihrem Sohn verhaftet wurden.
Die beiden Deutschen, ein Reporter und ein Fotograf, hätten sie beschämt, berichtete die BBC am Sonntag auf ihrer Internetseite. Demnach durfte Aschtiani das Gefängnis kurz verlassen, um mit ihrem Sohn und ihrer Tochter zu essen. Der Sohn, Sadschdschad Kadersadeh, war wegen des Interviews vorübergehend selbst in Haft gewesen.
Die deutschen Journalisten der Boulevardzeitung “Bild am Sonntag“ waren am 10. Oktober in der nordiranischen Stadt Täbris von
Lesen Sie auch:
Aschtiani Sadschdschads Sohn hält Mutter für schuldig
Sicherheitskräften festgenommen worden, weil sie Kadersadeh interviewten. Nach Weihnachten bekamen die Reporter auf diplomatischen Druck aus Deutschland die Gelegenheit zu einem Treffen mit Angehörigen. Die Journalisten haben inzwischen zugegeben, gegen iranisches Recht verstoßen zu haben.
Aschtiani warf ihnen nun laut BBC vor, Schande über sie und das Land gebracht zu haben. “Wie so sind sie hierher gekommen und haben sich als Journalisten ausgegeben?“, habe die Verurteilte auf einer Pressekonferenz gesagt.
Prominente fordern von Freilassung
100 Prominente aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport haben in der “Bild am Sonntag“ an den Iran appelliert, zwei inhaftierte Reporter des Blattes freizulassen. Die beiden mit einem Touristenvisum eingereisten Journalisten wurden am 10. Oktober festgenommen. Sie hatten den Sohn der wegen Ehebruchs zum Tod durch Steinigung verurteilten Iranerin Sakineh Mohammadi Aschtiani ohne die im Iran erforderliche Genehmigung interviewt.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) forderte in der Zeitung einem Vorabbericht zufolge, dass die beiden Reporter “so schnell wie möglich freikommen und nach Deutschland zurückkehren“. Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) warnte demnach vor Konsequenzen: “Ein Staat, der wie der Iran ständig um Verständnis wirbt, sollte darauf achten, dies nicht auf anderen Gebieten zu verspielen.“ SPD-Chef Sigmar Gabriel nannte die Freilassung “nicht nur eine Frage der Pressefreiheit und der Menschenrechte, sondern auch ein Gebot der Humanität“.
Von Josef Ackermann bis Günther Netzer
Für die Wirtschaft schlossen sich unter anderen Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, Telekom-Vorstandsvorsitzender René Obermann, BMW-Chef Norbert Reithofer und Bahn-Chef Rüdiger Grube der Forderung an. Daimler-Chef Dieter Zetsche erklärte: “Ein Land, das in der Welt respektiert werden will, sollte auch die Pressefreiheit respektieren.“
Namhafte Künstler wie Udo Jürgens, Maria Furtwängler, Peter Maffay und Udo Lindenberg verwenden sich laut dem Vorabbericht ebenfalls für die Freilassung der Reporter. Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller erinnert die Willkür im Iran demnach “an die Schauprozesse der stalinistischen Diktaturen in Osteuropa. Auch damals war das Hinschauen des Westens bitter nötig. Und bis zum Zusammenbruch dieser Regime waren Verfolgte auf mutige Journalisten aus dem Westen angewiesen.“ Sie hoffe, “dass der Iran die beiden Journalisten nicht als Faustpfand benutzen will für andere Interessen“.
Zu den prominenten Sportlern, die die Freilassung der Journalisten fordern, gehören unter anderem Nationalspieler Philipp Lahm, Handball-Bundestrainer Heiner Brand, Fußball-Trainer Felix Magath, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, Thomas Bach, Rennfahrer Michael Schumacher, Franz Beckenbauer und Günther Netzer.
dapd/dpa