Macron oder Le Pen vor Frankreich-Wahl: Wer entscheidet die Stichwahl heute für sich?

München - Frankreich wählt heute den Nachfolger von François Hollande in einem zweiten Wahlgang. Nach dem TV-Duell führt weiterhin Emmanuel Macron vor Marine Le Pen. Die Umfragewerte vor der Stichwahl erfahren Sie hier.
Update vom 11. Juni 2017: Erhält Präsident Emmanuel Macron in den Parlamentschaftswahlen eine Mehrheit in der französischen Nationalversammlung? Alle Informationen finden Sie im Live-Ticker zur Wahl 2017 in Frankreich.
Update vom 9. Juni 2017: Nach seinem Erfolg in der Präsidentschaftswahl benötigt Emmanuel Macron nun eine Mehrheit im Parlament, um seine im Wahlkampf versprochenen Reformen umzusetzen. Mit einem Ergebnis des ersten Wahldurchgangs ist am Sonntagabend zu rechnen. Die letzten Prognosen und Umfragen sehen Macrons Kandidaten in Front. Hier gibt es einen Überblick über die Berichterstattung zur Wahl in Frankreich im TV und Live-Stream.
Update vom 7. Mai 2017: Emmanuel Macron und Marine Le Pen gehen am heutigen Sonntag in die Stichwahl um das Präsidentenamt. Alle Informationen finden Sie im Live-Ticker zur Wahl 2017 in Frankreich.
Stichwahl: Das sagen Umfragen zum Duell zwischen Macron und Le Pen
Das einzige TV-Duell kurz vor den Präsidentschaftswahlen hat der Favorit Emmanuel Macron laut einer Umfrage gewonnen. 63 Prozent der befragten Zuschauer fanden den sozialliberalen Politjungstar in der hart geführten Debatte überzeugender als seine Kontrahentin Marine Le Pen, wie der Nachrichtensender BFMTV berichtete. 34 Prozent sahen die Rechtspopulistin Le Pen vorn. Die übrigen Befragten hatten keine Meinung.
Die beiden Kandidaten werden am Sonntag, also heute, in einer Stichwahl gegeneinander antreten. Umfrageinstitute sagen nach wie vor einen Sieg Macrons vorher. Wie die Homepage der Bundestagswahlen 2017 berichtet, kann der parteilose Kandidat derzeit mit 59,5 Prozent der Stimmen rechnen (Stand: 5. Mai 2017). Die Rechtspopulistin Le Pen würde 40,5 Prozent bekommen.
Die Werte variieren natürlich leicht, je nachdem, welches Umfrageinstitut zu welchem Zeitpunkt zur Rate gezogen wird - hier etwa führt Macron noch deutlicher vor Le Pen:
Dennoch ist der Ausgang der Stichwahl weiterhin offen: Bleiben beispielsweise viele Wähler der Mitte dem zweiten Wahlgang fern, könnte Le Pen von ihrer treuen Wählerschaft profitieren.

Die Stimmung vor der Wahl in Frankreich: Stolze Republik war skandalmüde
Vor dem ersten Wahlgang war die Liste der Präsidentschaftskandidaten lang: Elf Bewerber wollten die Nachfolge von François Hollande antreten. Am 23. April sind die Franzosen deshalb an die Urnen getreten. Wie zu erwarten, konnte im ersten Wahlgang keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit gewinnen. Die meisten Stimmen haben der unabhängige Kandidat Emmanuel Macron und die Rechtspopulistin Marine Le Pen mit 23,9 Prozent und 21,4 Prozent erhalten.
Diese elf Kandidaten waren im ersten Wahlgang vertreten:
- Emmanuel Macron (En Marche!) - wir haben zusammengefasst, was Sie zu Brigitte Macron, der Ehefrau von des französischen Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron wissen müssen.
- Marine Le Pen (Front National) - hier geht‘s zum Fakten-Check: Wie schlimm wäre eine Präsidentin Marine le Pen?
- François Fillon (Les Républicains)
- Benoît Hamon (Parti socialiste)
- Jean-Luc Mélenchon (La France insoumise)
- Nicolas Dupont-Aignan (Debout la France)
- François Asselineau (Union populaire républicaine)
- Nathalie Arthaud (Lutte ouvrière)
- Philippe Poutou (Nouveau Parti anticapitaliste)
- Jean Lassalle (Résistons!)
- Jacques Cheminade (Solidarité et progrès)
Vor der Wahl war die Stimmung gedrückt. Die einst so stolze Republik war skandalmüde - das wurde schon bei der ersten TV-Debatte der wichtigsten Kandidaten deutlich. Vor allem der unabhängige Kandidat Emmanuel Macron sprach häufig von Transparenz und verzichtete mit seiner Bewegung En Marche! auf eine klassische Partei. Er werde mit privaten Spenden finanziert, tausende Geber hätten im Durchschnitt 50 Euro überwiesen. „Ich bin frei, die Finanzierung ist transparent“, sagte der Ex-Bankier, dem oft unterstellt wird, Wirtschaftsinteressen zu vertreten.
François Fillon galt bei seiner Wahl zum Spitzenkandidaten der bürgerlichen Rechten als Saubermann. Seitdem jedoch litt dieses Image, denn er geriet in der Affäre um den Parlamentsjob seiner Frau richtig in Bedrängnis. Auch er sprach von Transparenz und wollte eine hochrangige Kommission einsetzen, um Reformvorschläge zu unterbreiten.
Bei den Sozialisten war Benoît Hamon der Frontmann. Der Ex-Minister mit dem linken Programm schaffte es aber nicht, die gespaltene Partei zu einen und seinen Wahlkampf in Schwung zu bringen. Auch der 49-Jährige wollte mehr Klarheit bei den Finanzen, um die Macht von Wirtschaftslobbies zu begrenzen.
Die Konservativen und die Sozialisten zeigten Schwächen, weswegen in der Mitte viel Platz war. Dort profilierte sich Emmanuel Macron. Der sozialliberale Shooting-Star Macron, der ganz klar für Europa eintritt, kann nach derzeitigen Szenarien Europafeindin Le Pen im entscheidenden Duell am 7. Mai schlagen. Aber: Die Justiz interessiert sich für einen Auftritt Macrons in Las Vegas 2016 wegen einer möglicherweise fehlenden Ausschreibung - der Ex-Minister steht dabei aber dem Vernehmen nach nicht im Mittelpunkt.
Marine Le Pen sieht sich durch den Wahlsieg von Donald Trump in den USA und den „Brexit“ der Briten gestärkt - schließlich will sie Frankreich aus der Eurozone führen und den Neuen Franc als Währung einführen. Doch auch sie ist nicht makellos. Die französische Justiz prüft schon länger, ob aus EU-Mitteln bezahlte Mitarbeiter von Europaabgeordneten der Front National in Wahrheit für die Partei tätig waren. Le Pen verzeichnet wegen des Vorgehens aber bisher keinen Beliebtheitseinbruch.
Doch Skandale sind in Frankreich vor Wahlen nichts Neues, wie die Tageszeitung La Croix neulich schrieb. So musste auch schon der damalige Weltwährungsfonds-Chef Dominique Strauss-Kahn sein Amt nach Vergewaltigungsvorwürfen aufgeben - und damit auch endgültig seine Hoffnung begraben, in seinem Heimatland 2012 zum Präsidentschaftskandidaten der Sozialisten aufzusteigen. Damals setzte sich François Hollande durch, der nach einer glücklosen Amtszeit im Élyséepalast nicht wieder antritt.
Wahl in Frankreich: So verlief der erste Wahlgang
Vor der Präsidentschaftswahl in Frankreich machten viele Politiker vor allem durch Enthüllungen und Skandale auf sich aufmerksam. Der Konservative François Fillon war mit einem Ermittlungsverfahren konfrontiert, die Rechtspopulistin Marine Le Pen wehrte sich in der Affäre um fiktive Arbeitsverträge im Europaparlament, und die Justiz interessierte sich für eine US-Reise des damaligen Wirtschaftsministers und heutigen Kandidaten Emmanuel Macron.
Deswegen waren bei den Wählern vor allem Unsicherheit und Irritation groß, diagnostizierte zumindest die Tageszeitung Le Monde. Viele Wähler waren lange noch unentschlossen, nur zwei Drittel von ihnen waren sich überhaupt sicher, dass sie am 23. April zur ersten Wahlrunde zu gehen.
Das Ergebnis der ersten Wahl in Frankreich:
Kandidat | Prognose |
---|---|
Emmanuel Macron | 23,9 Prozent |
Marine Le Pen | 21,4 Prozent |
François Fillon | 19,9 Prozent |
Jen-Luc Mélenchon | 19,6 Prozent |
Benoît Hamon | 6,4 Prozent |
Nicolas Dupont-Aignan | 4,7 Prozent |
sonstige | 4,1 Prozent |

Wie Sie die Präsidentschaftswahl 2017 in Frankreich im TV und Live-Stream sehen, erfahren Sie hier. In unserem Ticker zur Wahl in Frankreich können Sie nachlesen, wie der erste Wahlgang verlaufen ist.
Wahl in Frankreich: Die Programme der Élyséeanwärter
Emmanuel Macron: Der frühere Wirtschaftsminister von Präsident François Hollande will das Rechts-Links-Schema durchbrechen und tritt als unabhängiger Kandidat an. Der 39-jährige Chef der Bewegung En Marche! setzt auf Europa und damit eine Partnerschaft mit Deutschland. Er will als Präsident 120.000 Stellen im öffentlichen Dienst streichen. Laut Denkfabrik iFrap ist sein Wirtschaftsprogramm ausgeglichener als das von Fillon. Allerdings würde Schuldensünder Frankreich unter Macron 2022 immer noch ein Defizit von 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung haben.

Marine Le Pen: Die Rechtspopulistin von der Front National (FN) ist eine leidenschaftliche EU-Gegnerin. Sie will die Franzosen über den Verbleib in der Union abstimmen lassen. Außerdem soll Frankreich den Euro abschaffen und das Schengen-Abkommen für das Reisen ohne Grenzkontrollen verlassen. Sie pocht auf nationale Unabhängigkeit - sie wolle nicht „Vizekanzlerin von Frau Merkel“ sein, sagte Le Pen in der Debatte. Die 48-jährige Chefin der FN sieht sich nach dem angekündigten Brexit der Briten und der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten im Aufwind. „Ich will die Einwanderung stoppen“, lautet eine ihrer Devisen.

Diese Kandidaten sind im ersten Wahlgang ausgeschieden
François Fillon: Der 63-jährige Kandidat der konservativen Republikaner wollte Frankreich eine Rosskur verordnen, um das Land wirtschaftlich wieder fit zu machen. Die Regelarbeitszeit von 35 Stunden in der Woche sollte fallen, das gesetzliche Rentenalter wollte Fillon bis 2022 auf 65 Jahre anheben. „Ich werde der Präsident der nationalen Sanierung sein“, sagte er in der TV-Debatte. Nach seinen Plänen sollten 500.000 Jobs im öffentlichen Dienst wegfallen. Die legale Einwanderung wollte der Konservative auf das strikte Minimum begrenzen, den Familiennachzug erschweren. Fillon stand wegen einer Affäre um die Beschäftigung seiner Frau in der Kritik.

Jean-Luc Mélenchon: Der Chef der Bewegung La France insoumise kritisierte Europa. Er wollte über die europäischen Verträge verhandeln und über das Resultat in einem Referendum abstimmen lassen. Das Verteidigungsbündnis Nato wollte er verlassen, „um nicht mehr in Kriege verwickelt zu werden, die wir nicht kontrollieren“. Der 65 Jahre alte Linkspolitiker wollte auch ein Umwelt-Präsident sein und plädierte deshalb für den Ausstieg aus der Atomenergie.

Benoît Hamon: Der 49-jährige Spitzenkandidat der regierenden Sozialisten wollte als einziger ein Grundeinkommen einführen. In einer ersten Stufe sollten junge Menschen und Arbeitnehmer mit sehr geringem Einkommen mit 600 Euro monatlich profitieren. Kritik an hohen Kosten wies der zum linken Flügel der Parti Socialiste (PS) gehörende Ex-Minister zurück. Er trat auch dafür ein, Bankengewinne zusätzlich zu besteuern und bei öffentlichen Aufträgen einen Anteil von 50 Prozent für französische Unternehmen zu reservieren. Davon sollten vor allem Mittelständler profitieren. In der Flüchtlingspolitik strebte er ein europäisches „humanitäres Visum“ an.

AFP-Video: Zu Besuch in der Front-National-Hochburg Aisne
pak mit dpa/video: SnackTV