Iran will Beziehung zum Westen verbessern

Davos - Keine Rede wurde beim Weltwirtschaftsforum in Davos mit so viel Spannung erwartet wie die von Hassan Ruhani. Nicht minder die Reaktion Israels. Beide fielen aus wie erwartet: Werbung und Warnung.
Auf Zürichs Airport parken sie friedlich nebeneinander. „Islamic Republic of Iran“ ist auf dem Rumpf des einen Flugzeugs zu lesen. Das andere ziert der blaue Davidstern. Kurz nacheinander hatten sie hohe Delegationen zum Weltwirtschaftsforum in die Schweiz gebracht. Beide wurden mit protokollarischen Ehren empfangen. Doch mehr hatten die Regierungschefs des Irans und Israels auch in der Schweiz nicht gemeinsam.
Zum ersten Mal seit gut zehn Jahren sprach am Donnerstag mit Hassan Ruhani wieder ein Präsident des Irans auf dem Treffen der Eliten aus Wirtschaft und Politik in Davos. Es war eine Rede an die ganze Welt, live übertragen von TV-Sendern in alle Winkel der Erde. Die Botschaft: Der Iran hat eine Kursänderung vorgenommen, seit er, Ruhani, im Sommer 2013 Präsident wurde. Vorüber seien die Zeiten der Konfrontation. „Ich glaube an konstruktive Zusammenarbeit.“
Eine Charmeoffensive, ein sympathischer Auftritt eines netten Grauhaarigen im harmlosen Ajatollah-Kostüm. Atombombe? „Ich erkläre hier, dass Nuklearwaffen keinen Platz in der Verteidigungsstrategie des Iran haben.“ Konsequent werde man mit den fünf ständigen Mitgliedstaaten des UN-Sicherheitsrates - USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien - sowie Deutschland auf ein dauerhaftes Abkommen über das iranische Atomenergieprogramm hinarbeiten. Zudem sei der Iran bereit, bei der Suche nach Frieden für Syrien zu helfen.
Israels Reaktion kam rasch: Ruhani täusche die Welt, erklärte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. „Das Ziel des Ajatollah-Regimes, das sich hinter Ruhanis Lächeln verbirgt, ist die Lockerung der Sanktionen, ohne das Atomwaffenprogramm aufzugeben.“ Die Welt müsse das verhindern. Das Regime in Teheran rufe nach wie zur Zerstörung Israels auf, ließ er sogar noch vor seinem Auftritt auf der WEF-Bühne erklären, wo er dann seine Warnungen wiederholte.
Dabei hatte Ruhani in seiner Rede auf Kritik an Israel verzichtet. Natürlich weiß er, dass Attacken auf den einzigen demokratischen Staat im Nahen Osten seine Ziele gefährden: „Der Iran ist potenziell eines der wirtschaftlich bedeutendsten Länder der Welt“, sagte Ruhani und wandte sich an die Top-Manager der Welt: „Investieren sie bei uns und überzeugen sie sich von der iranischen Gastfreundschaft.“
Genau das ist es, was der Iran nach Jahren der Stagnation unter Ruhanis Vorgänger dringend braucht. Mahmud Ahmadinedschad, der keine Gelegenheit zu verbalen Angriffen auf Israel ausließ, hatte sein Land isoliert und ruiniert. Der ölreiche Staat geriet in eine schwere Krise.
Um die Wirtschaft anzukurbeln, muss zunächst das Ölembargo aufgehoben werden. Über 70 Prozent der iranischen Einnahmen kommen vom Ölexport. Zudem braucht das Land Konzerne wie BP, Shell oder Exxon als Partner, die Milliarden in die Ölgewinnung am Persischen Golf und Kaspischen Meer investieren. „In Davos wollen wir mit den Konzernen vis-a-vis reden und zeigen, was für ein lukrativer Markt im Iran auf sie wartet“, erklärte Ölminister Bidschan Namdar Sanganeh.
Ruhani war schon im Vorfeld seiner Präsidentschaft bewusst, dass er ohne eine Lösung im Atomstreit die Wirtschaftskrise nicht bewältigen könnte. Und dass er dafür den USA entgegenkommen muss. „Ohne Washingtons Segen kommen keine Investoren“, sagt ein Börsenmakler in Teheran.
So war es denn auch eine gezielte Geste in Richtung des Landes, das einst in Teheran offiziell als „Satan“ dargestellt wurde, als Ruhani in Davos vom Wunsch nach besseren Beziehungen zu Amerika sprach. Im Forum geschah dies - sicher mit Rücksicht auf Hardliner daheim - nur indirekt. Ruhani wählte dafür ein TV-Interview, das nicht so stark beachtet wurde wie sein offizieller Auftritt.
Das iranische Waffenarsenal
Keine Feindschaft währe ewig, sagte der gemäßigte Geistliche. Und Feindschaft könne in Freundschaft verwandelt werden. Selbst die Wiedereröffnung der US-Botschaft in Teheran - 35 Jahre nach dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen wegen deren Erstürmung durch Revolutionsgarden - schloss er nicht aus. Die Konservativen und der Klerus - die in der Botschaft immer nur ein imperialistisches „Spionagenest“ sahen - hören das nach jahrelangen „Nieder-mit-Amerika“-Rufen nicht gern. „Da wird er wohl in einen heftigen Erklärungsbedarf geraten“, sagt ein Teheraner Politologe.
dpa