Politiker zu "Erdogan-Entgleisung": Erst Deutsch lernen

Berlin - Der türkische Ministerpräsident hat sich erneut gegen die Integration von Türken in Deutschland gewandt. Wie deutsche Politiker auf seine Forderungen reagieren:
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat der Forderung des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan widersprochen, Kinder aus türkischen Familien in Deutschland sollten zuerst ihre Muttersprache lernen. “Die Kinder, die in Deutschland groß werden, müssen zuallererst Deutsch lernen“, erklärte Westerwelle am Montag in Berlin. Ohne die deutsche Sprache kämen sie in der Schule nicht mit und hätten später schlechtere Chancen als andere. “Die deutsche Sprache ist für die, die in Deutschland groß werden, der Schlüssel zur Integration.“
Erdogan hatte seine Landsleute am Sonntagabend bei einem Auftritt in Düsseldorf zur Integration aufgerufen, sich aber erneut gegen eine kulturelle Verschmelzung (“Assimilation“) gewandt. “Niemand wird in der Lage sein, uns von unserer Kultur loszureißen“, sagte Erdogan. “Unsere Kinder müssen Deutsch lernen, aber sie müssen erst Türkisch lernen.“
Auch FDP-Generalsekretär Christian Lindner hat den türkischen Ministerpräsidenten wegen der neuerlichen Warnung vor einer Assimilation seiner Landsleute in Deutschland kritisiert. Es sei “merkwürdig“, wenn Erdogan den Eindruck erwecke, dass es sich bei den aus der Türkei Zugewanderten um eine “nationale Minderheit“ handele, sagte Lindner am Montag in Berlin. “Tatsächlich geht es um Menschen, die wir in unser Land integrieren wollen.“ Die Rede des Regierungschefs habe daher einen “verstörenden Charakter“.
Lindner betonte, es müsse vielmehr darum gehen, dass deutsche Staatsbürger mit türkischen Wurzeln die Bundesrepublik als ihre Heimat begriffen und die Türkei als das Land ihrer Herkunft. Es sei “nicht akzeptabel“, dass Erdogan dies relativiere.
Da ist man sich mit dem Koalitionspartner CSU einig: “Dieser Auftritt von Erdogan hat unsere Integrationsbemühungen in Deutschland um Jahre zurückgeworfen. Es ist ein beispielloser Vorgang, dass ein ausländischer Regierungschef in regelmäßigen Abständen seine bei uns lebenden Landsleute aufwiegelt“, sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt am Montag in München.
“Seine Aussage, die Türkei sei die Schutzmacht für alle Türken, auch in Deutschland und Libyen, ist eine nicht hinnehmbare Entgleisung. Wir lassen uns von Herrn Erdogan nicht mit Libyen vergleichen.“
CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich sagte: “Erdogan geht es nicht darum, dass Auswanderer aus der Türkei sich ihrer Heimat möglichst lange verbunden fühlen. Er will sie als Interessenvertreter der Türkei in Deutschland missbrauchen.“ Wenn Menschen, die nach Deutschland kämen, in drei Jahren so wenig dazulernten wie der türkische Ministerpräsident seit seiner Rede vor drei Jahren in Köln, dann müsse Integration tatsächlich scheitern, fügte Friedrich hinzu. dpa/ap