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15 Millionen Dollar Kopfgeld? „Putins Koch“ Prigoschin beschimpft italienischen Verteidigungsminister

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Von: Patrick Mayer

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Italiens Außenminister: Guido Crosetto (re.), hier bei einem Besuch der Carabinieri-Offiziersschule.
Italiens Außenminister: Guido Crosetto (re.), hier bei einem Besuch der Carabinieri-Offiziersschule. © IMAGO/Massimo Di Vita

Roms Verteidigungsminister Guido Crosetto und Jewgeni Prigoschin streiten öffentlich, weil die „Wagner“-Söldner angeblich die Zuwanderung von Migranten nach Italien forcieren. Es wird vulgär.

München/Rom - Welche Machenschaften treibt Moskau-Machthaber Wladimir Putin in Afrika? Die Einflussnahme des russischen Präsidenten auf dem Kontinent, etwa durch Waffenlieferungen, ist ein offenes Geheimnis.

Jewgeni Prigoschin: „Putins Koch“ liefert sich Zoff mit italienischem Verteidigungsminister

Und auch, dass „Wagner“-Söldner in mehreren afrikanischen Ländern wie Libyen, Mali und der Zentralafrikanischen Republik operieren. In Mali kam es laut Bundeswehr sogar zu einzelnen Begegnungen zwischen deutschen Soldaten, die dort für eine UN-Mission stationiert sind, und „Wagner“-Rekruten.

„Wagner“-Chef Jewgeni Prigoschin, der plötzlich mehr Meinungsfreiheit in Russland zum Ukraine-Krieg fordert, hat sich nun einen öffentlichen Schlagabtausch mit dem italienischen Verteidigungsminister geliefert. Dabei ging es um die Migration aus Afrika nach Europa, und zwar über Italien.

Im Video: „Wagner“-Chef Prigoschin will nächster Präsident der Ukraine werden

So warf der italienische Minister für Verteidigung, Guido Crosetto, den „Wagner“-Söldnern vor, eben jene Zuwanderung nach Italien zu forcieren. „Der exponentielle Anstieg des Migrationsphänomens, das von afrikanischen Küsten ausgeht, ist auch (…) Teil einer klaren Strategie der hybriden Kriegsführung, die die Wagner-Division, Söldner im Sold Russlands, umsetzt, indem sie ihr bedeutendes Gewicht in einigen afrikanischen Ländern einsetzt“, zitieren mehrere italienische Zeitungen Crosetto.

Jewgeni Prigoschin: Kurioser Zeitungsbericht zu „Wagner“-Chef aus Italien

Eine Zeitung berichtet darüber hinaus etwas, was ungeheuerlich klingt. Denn: Laut der erzkonservativen Tageszeitung Il Figlio hat „Wagner“ angeblich ein Kopfgeld über 15 Millionen Dollar auf den 59-jährigen Crosetto ausgesetzt. Und zwar angeblich nachdem Crosetto am Montag (13. März) „Wagner“ beschuldigt hatte, die Zuwanderung aus Afrika nach Italien zu fördern. In Zahlen: Laut Innenministerium in Rom kamen zwischen 1. Januar und 15. März 20.021 registrierte Migranten in dem Mittelmeerland an, 2022 seien es im gleichen Zeitraum noch 6263 Asylsuchende gewesen.

Crosetto sollte weniger in andere Richtungen schauen und sich um seine eigenen Probleme kümmern, die er wahrscheinlich nicht gelöst hat.

Jewgeni Prigoschin, Chef der Söldner-Truppe „Wagner“

Es wurde vulgär. So bezeichnete der 61-jährige Prigoschin, der als „Putins Koch“ bekannt wurde, den Minister als „Mudak“. Es ist ein russisches Schimpfwort, das sich auf das Gesäß des jeweiligen Adressaten bezieht. „Crosetto sollte weniger in andere Richtungen schauen und sich um seine eigenen Probleme kümmern, die er wahrscheinlich nicht gelöst hat. Wir wissen nicht, was mit der Migrationskrise passiert. Wir beschäftigen uns nicht damit. Wir haben eine Menge eigener Probleme zu bewältigen“, wird Prigoschin von verschiedenen Medien zitiert.

Migration über das Mittelmeer: Italien macht Druck auf EU und NATO

Versprach er dennoch ein Kopfgeld? Der Bericht von Il Figlio („Der Sohn“), der sich auf angebliche Geheimdienst-Informationen beruft, muss wohl mit Vorsicht gelesen werden. Die Tageszeitung ist, christlich, nationalistisch und konservativ geprägt, seit langem für eine stark tendenziöse Berichterstattung bekannt - zum Beispiel zum Thema Abtreibung. Währenddessen macht die italienische Regierung Druck auf die Europäische Union (EU) und auf das transatlantische Verteidigungsbündnis NATO.

Viele Migranten landen, aus Nordafrika kommend, oft zuerst auf der italienischen Insel Lampedusa im Mittelmeer. So würde die „unkontrollierte und kontinuierliche Einwanderung“ Italiens „geostrategischen Entscheidungen klar und deutlich treffen“, meinte Crosetto. Außenminister Antonio Tajani erklärte: „Viele Migranten kommen aus Gebieten, die von ‚Wagner“ kontrolliert werden, und ich möchte nicht, dass ein Versuch unternommen wird, Migranten nach Italien zu drängen.“

Hybride Kriegsführung aus Moskau gegen Rom? Italien unterstützt die Ukraine mit Waffen

Hybride Kriegsführung, von Moskau gesteuert, gegen Italien? Zuletzt hatte die drittgrößte Volkswirtschaft der EU die militärische Unterstützung für die von Russland angegriffene Ukraine deutlich erhöht. Noch bis Mitte Mai 2022 hatte Rom laut Daten des „Ukraine Support Trackers“ des Kieler Weltwirtschaftsinstituts offiziell 150 Millionen Euro an militärischer Hilfe ausgegeben. Laut Nato-Quellen wurden bis Dezember 2022 Waffen im Wert von 300 bis 500 Millionen Euro geliefert, darunter schwere Artilleriegeschütze, Stinger-Boden-Luft-Raketen und leicht gepanzerte Truppentransporter.

Mitte Februar 2023 warb der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einem großen Interview mit drei führenden italienischen Zeitungen dann intensiv um weitere Hilfe. Er tat dies mit den Worten: „Die Italiener lassen uns nicht im Stich.“ Außenminister Tajani kündigte zeitgleich an, dass man eine Batterie des gemeinsam mit Frankreich entwickelten Flugabwehrsystem „Samp/T“ zur Verfügung stellen wolle. An der von Deutschland und Polen geführten europäischen Koalition zur Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern ist Italien dagegen nicht beteiligt. Dennoch kriselt es in der Kommunikation zwischen Rom und „Putins Koch“. (pm)

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