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Zahl der Terrorverfahren in Bayern steigt erheblich

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Von: Sebastian Dorn

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Wie präsent das Thema Terrorismus inzwischen ist, zeigt sich bei einem Blick ans Oberlandesgericht München. 84 Fälle wurden in 2017 nach Bayern delegiert, das Personal aufgestockt.

München – Dort, an der Nymphenburger Straße 16, befassen sich inzwischen vier Strafsenate mit Verfahren zum Thema Staatsschutz – vor ein paar Jahren reichte noch ein Senat aus, um diesen Justizbereich für den gesamten Freistaat stellvertretend abzudecken. In den meisten Fällen geht es um Terror, und zwar überwiegend mit islamistischem Hintergrund.

Neben den Verfahren, die die bayerische Justiz selbst einleitet, gab allein der Generalbundesanwalt als oberste Strafverfolgungsbehörde in Deutschland in diesem Jahr bislang 84 Verfahren an den Freistaat ab. Das ist nach einer Prüfung in Karlsruhe bei Vorwürfen mit „minderer Bedeutung“ möglich – ein juristischer Begriff, der die Fälle nicht minder gefährlich macht. Den Tatverdächtigen liege meist „die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ zur Last, teilt die bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) unserer Zeitung mit. 2017 sei in diesem Zusammenhang gegen 23 Personen ein Haftbefehl vollstreckt worden, 17 Tatverdächtige säßen in Untersuchungshaft.

Aussagekräftig sind zudem die deutschlandweiten Zahlen der Behörde von Generalbundesanwalt Peter Frank, wonach die Terrorverfahren deutlich zunahmen. So wurden in diesem Jahr 1200 Verfahren eingeleitet – eine Verfünffachung im Vergleich zu 2016. Davon wurden 450 an die Länder weitergereicht (rund 19 Prozent nach Bayern).

Generalstaatsanwalt Peter Frank.
Generalstaatsanwalt Peter Frank. © dpa

Darüber hinaus sind die zuständigen Stellen wenig auskunftsfreudig. So könnten für den Freistaat keine Vergleichszahlen genannt werden, heißt es auf Anfrage, da die ZET als Strafverfolgungskoordinatorin erst seit diesem Jahre bestehe. Zudem könne weder regionalisiert werden, wo die Verdachtsfälle aus Bayern spielen, noch wie lange Verfahren wegen Terrorverdachts im Schnitt dauern. Eine vage, beinahe nichtssagende Auskunft der zuständigen Generalstaatsanwaltschaft München: „Die Mehrzahl der vom Generalbundesanwalt abgegebenen Verfahren sind umfangreich.“

Als Indikator für die Belastung kann aber die Auslastung des Oberlandesgerichts herangezogen werden. „Die personellen Ressourcen mussten zuletzt erheblich erhöht werden“, sagt Andrea Titz, Vorsitzende des Bayerischen Richtervereins und frühere Sprecherin des Oberlandesgerichts, die in diesem Jahr als Direktorin ans Amtsgericht Wolfratshausen wechselte. Die Zunahme an Fällen sei gerade deshalb spürbar, weil es sich nicht nur um kurze Hauptverhandlungen handle. „Die Sach- und Rechtslage ist komplex, außerdem müssen meist politische Hintergründe im In- und Ausland ergründet werden“, sagt Titz. Um dem Aufwand zu begegnen, seien von Staatsseite einerseits neue Stellen geschaffen und andererseits Ressourcen anderer Senate verlagert worden.

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Der Deutsche Richterbund fordert seit längerem 2000 neue Stellen für Richter und Staatsanwälte. Für Länder-Staatsanwaltschaften sei es schwierig, Lücken schnell zu füllen, da neben den abgegebenen Fällen des Generalbundesanwalts die eigenen, zunehmenden Terrorverfahren zu bearbeiten seien. Hierbei gehe es etwa um Aufenthalte in Islamistencamps, Ausreisen in Kriegsgebiete und die Terrorismusfinanzierung.

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