Kommentar zur Löwen-Krise zur Wiesnzeit: Wenn nicht mal Frustsaufen hilft

Nach einem Traumstart in die 3. Liga kassierte der TSV 1860 München am Wochenende beim FC Ingolstadt die vierte Pleite in Serie.
München – 18 Tage Wiesn mit 60 Mass Bier – für einige hartgesottene Fans des TSV 1860 München (Namen der Redaktion bekannt) hat am Samstag eine anspruchsvolle Challenge begonnen. 3,33 Liter Bier am Tag sind sicher nicht die gesündeste Art, das größte Volksfest der Welt zu zelebrieren, aber mei: Wenn die XXL-Wiesn es so aufdrängt, die Lieblingszahl herbeizusaufen – wohl bekomm’s! Leider jedoch lässt sich schon jetzt sagen: Es werden mehr Frustmass dabei sein, als das noch vor wenigen Wochen zu erwarten war.
Was ist da schon wieder los beim ewigen Sorgenkind aus Giesing? Traumstart in die Saison mit zwei Siegen und 5:0 Toren – gefolgt von vier Niederlagen, die mehrheitlich dem gleichen trostlosen Muster folgen: Die Löwen schaffen es selbst dann nicht, Führungen ins Ziel zu bringen, wenn sie über eine längere Phase gut im Spiel sind. Auch in Ingolstadt hat das neu formierte Team jäh nachgelassen (wie zuvor gegen Lübeck und Aue) – hilf- und ratlos wie der Trainer, der es nicht schafft, coachend gegenzusteuern, wenn der Gegner sich aufbäumt.
Dauerzwist an der Vereinsspitze des TSV 1860 München schützt Maurizio Jacobacci
Jeder Laienpsychologe weiß: Eine Mannschaft kann nur so geschlossen auftreten wie das Umfeld, in dem sie sich bewegt. Was das Gesellschafterumfeld angeht, war in Ingolstadt für jeden Zuschauer sichtbar, wie tief der Riss ist, der den ganzen Verein in zwei unversöhnliche Lager spaltet. Präsident Robert Reisinger und das Ismaik-Lager (mit Vize Hans Sitzberger als „Neuzugang“) trennten auf der Tribüne etliche Sitzschalen. Auch Ex-Trainer Köllner, der strahlende Sieger vom Samstag, wurde am Ende seiner Löwenjahre in diesem Spannungsfeld zerrieben.
Der Leidtragende diesmal: Maurizio Jacobacci. Vor der Saison hatte der Italo-Schweizer darum gebeten, dass man ihm bitte acht Spiele geben möge, um seine Arbeit einer ersten belastbaren Bewertung zu unterziehen. Er wird die zwei fehlenden Spiele wohl bekommen. Bitter, aber wahr: Es ist auch der Dauerzwist an der Spitze des Vereins, der den Trainer vor einer Freistellung schützt. Erstens: Es fehlt ein Sportchef, um frühzeitig die richtigen Schlüsse zu ziehen. Zweitens: Irgendjemand müsste den Job ja machen, wenn Jacobacci vorzeitig raus ist. Dass sich die aktuelle Führungsriege einvernehmlich auf eine Trainerlösung einigt, erscheint so unwahrscheinlich wie die Einführung einer Bierpreisbremse.
Neun Punkte sind noch zu holen bis zum Kehraus der Wiesn am 3. Oktober (Halle, Verl, Ulm). Den Fans, dem aufrichtig bemühten Trainer und dem eigentlich mit guten Typen besetzten Team wäre zu wünschen, dass wenigstens noch die eine oder andere Siegermass drin ist. (Uli Kellner)