1. tz
  2. Sport
  3. 1860 München

„Es kotzt einen an“: Ex-Löwen-Coach Köllner stürzt TSV 1860 München in die Krise

Kommentare

Zum Schreien: Der frustrierte Löwen-Kapitän Jesper Verlaat (v.r.) mit den Kollegen Zwarts, Starke und Kurt. SAMPICS
Zum Schreien: Der frustrierte Löwen-Kapitän Jesper Verlaat (v.r.) mit den Kollegen Zwarts, Starke und Kurt. © Stefan Matzke

Der TSV 1860 München kassiert gegen den FC Ingolstadt die vierte Niederlage in Folge und rutscht in der 3. Liga auf Tabellenplatz 16 ab.

München/Ingolstadt – Es lief die sechste Minute der Nachspielzeit, als vor der Haupttribüne des Audi-Sportparks ein Pfeifkonzert einsetzte, bestehend aus exakt einer Person. Michael Köllner pfiff, was seine Finger hergaben, klopfte mit ihnen abwechselnd auch auf seine Armbanduhr, um dem Schiedsrichter zu bedeuten, ebenfalls zu pfeifen.

Lange musste er nicht mehr leiden, und als Ingolstadts 2:1-Sieg über den TSV 1860 München nach 97 Minuten endlich amtlich war, verwandelte sich der FCI-Coach in den stillsten Genießer, den dieses stets emotionale Duell je erlebt hat. Kein Triumphgeheul, weil er seinen Ex-Club besiegt hatte. Nur ein paar dezente Abklatscher, ein Handshake mit dem unterlegenen Maurizio Jacobacci – weg war er. Dass sich beide Teams noch ein Handgemenge lieferten, weil ein FCI-Profi exzessiv vor dem 1860-Block gejubelt hatte, bekam Köllner schon gar nicht mehr mit.

TSV 1860 München verspielt erneut eine Führung

Auf am Ende überzeugende Weise hatte Köllner das Trainer-Duell mit seinem Nachfolger bei 1860 gewonnen. Wie so oft war Jacobaccis Team gut in die Partie gekommen, hatte wie so oft eine 1:0-Führung vorgelegt – Guttau traf nach einem Freistoßtrick, den der Gästecoach alles andere als zurückhaltend feierte (mit einem Jubeltanz aufs Spielfeld). Nach der Pause jedoch war es recht bald vorbei mit der Löwen-Dominanz, auch das nichts Neues.

Vorbeigezogen: Köllners FC Ingolstadt steht in der Tabelle jetzt vor Jacobaccis Löwen.
Vorbeigezogen: Köllners FC Ingolstadt steht in der Tabelle jetzt vor Jacobaccis Löwen. © Stefan Matzke

Nach einem Fehlpass des eingewechselten Rückkehrers Tim Rieder kam Ingolstadt zum 1:1-Ausgleich. In der Folge spielte dann nur noch der FCI, dem Köllner mit drei Halbzeitwechseln neues Leben eingehaucht hatte. Das abgefälschte 2:1 von Kopacz nach einem Eckball (77.) lag genauso in der Luft, wie sich der 2:1-Siegtreffer von Aue vor der Länderspielpause durch passiv gewordene Löwen angedeutet hatte. „Es kotzt einen an“, schimpfte Kapitän Jesper Verlaat, denn es sei mitnichten so gewesen, „dass uns Ingolstadt hin- und hergespielt“ habe.

Löwen fehlen Führungsspieler

„Wir haben alles aus uns rausgeholt“, kommentierte Jannik Mause, Ingolstadts Torschütze zum 1:1. 1860 dagegen schien sich zu ergeben, was die Frage aufwirft: Konnte 1860 nichts mehr aus sich rausholen, weil nichts mehr in den Spielern drin war? Oder liegen die Probleme tiefer? Dass extrovertierte Führungskräfte Mangelware im neuformierten Team sind, zeigte sich in der Trinkpause Mitte der zweiten Hälfte. Jeder saugte vor sich hin an seinem Elektrolytgetränk, keiner pushte den anderen, die Köpfe zeigten gen Rasen. Und auch der Trainer wirkte ratlos. Nicht zum ersten Mal entstand der Eindruck, dass Jacobacci keine Lösungen findet, wenn sein Team durch „eigene Schuld“, wie Verlaat es nennt, aus dem Tritt gerät.

Auch in der Führungsriege ist die Körpersprache ausbaufähig: Präsident Robert Reisinger mit den Verwaltungsräten Norbert Steppe (l.) und Sebastian Seeböck (r.).
Auch in der Führungsriege ist die Körpersprache ausbaufähig: Präsident Robert Reisinger mit den Verwaltungsräten Norbert Steppe (l.) und Sebastian Seeböck (r.). © IMAGO/Ulrich Wagner

Erstmals seit 2019 hat vier Spiele in Folge verloren, in der Tabelle ist das Team auf Platz 16 gerutscht, musste Ingolstadt vorbeiziehen lassen, was die Befürchtung weckt, dass schon zu einem frühen Zeitpunkt der Saison unbequeme Fragen gestellt werden müssen. Die drängendste war am Sonntag allerdings schnell beantwortet. „Eine Trainerdiskussion ist nicht zielführend“, sagte Geschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer auf Nachfrage unserer Zeitung, ehe er seinem Trainer beim Presseverhör demonstrativ Geleitschutz gab: „Wir versuchen jetzt einfach, in Halle die Ergebnis-Trendwende herbeizuführen.“

Wiesn-Termin soll Leichtigkeit zurückbringen

Vorher jedoch geht es auf die Wiesn (Dienstag, 18 Uhr, Hackerzelt). Ein Pflichttermin, der Jacobacci ungelegen kommt, einerseits. Andererseits, denkt er, könnte so ein Anlass auch helfen, wieder etwas Leichtigkeit ins Team zu bringen: „Das hat etwas mit Psychologie zu tun, es ist etwas Kopflastiges.“ Als Sofortmaßnahme will er seinem verunsicherten Team eine verbale Streichelkur angedeihen lassen: „Es gilt jetzt, die Köpfe freizukriegen, nicht auf das, was war, immer weiter drauf zu hämmern. Den Spielern das Vertrauen auszusprechen, positiv auf sie einzuwirken, ihnen bewusst zu machen, dass sie gute Kicker – das ist jetzt enorm wichtig.“ (Uli Kellner)

Auch interessant

Kommentare