„Das hier ist absoluter Wahnsinn“: Die Benders spielen lieber in Brannenburg als vor 80.000 Fans

Lars und Sven Bender sind in die Kreisliga aufgestiegen. Mit ihren Freunden vom TSV Brannenburg, mit denen sie in der F-Jugend angefangen haben.
Brannenburg – Die Kulisse ist traumhaft, im Hintergrund sieht man die Berge, auf manchen Gipfeln liegt noch Schnee. Die Spannung ist bereits spürbar, am Abend trifft Kreisklassen-Tabellenführer TSV Brannenburg auf Verfolger SV Tattenhausen. Der Heimatklub der Bender-Zwillinge ist noch einen Sieg vom größten Erfolg der Vereinsgeschichte entfernt. Abteilungsleiter Dennis Hauck, Stadionsprecher Jörg Beller und das Helferteam bereiten alles für den Showdown vor. Die Stimmung ist optimistisch, auch weil Lars Bender es rechtzeitig zum Spiel schaffen wird.
„Es war nicht klar, ob ich den frühen Flug bekomme. Deshalb hatte ich mich darauf eingestellt, nur in der zweiten Halbzeit und nicht von Anfang an zu spielen“, sagt der ältere der Bender-Zwillinge, der gemeinsam mit Bruder Sven im Mittelfeld erfolgreich die Fäden zieht. Für die beiden Ex-Profis schließt sich ein Kreis. Kapitän Otte ist im gleichen Jahr geboren und sagt: „Ich war mit den Zwei in der Grundschule und in der F-Jugend waren sie noch bei uns, bis sie dann gewechselt sind.“
„Es war für uns klar, dass wir wieder nach Hause zurückkehren.“
„Bei uns ist es so, dass wir an unseren Wurzeln immer festgehalten haben in unserer Karriere. Sven und ich standen schon für gewisse Werte, die im Fußball sicher nicht ganz so vertreten sind. Das weiterzugeben, ist unsere Pflicht, glaube ich. Es war für uns klar, dass wir wieder nach Hause zurückkehren“, sagt Lars. Am 15. Juli haben er und Sven deshalb ein Benefizspiel zwischen der Peak Performer Stiftung und den Bananenflankern mitorganisiert. Außerdem kicken sie natürlich regelmäßig mit ihren Freunden beim TSV. „Die Jungs kicken ja alle noch, mit denen wir das Fußballspielen angefangen haben. Wir schnüren noch ein bisserl die Kickschuhe, schaffen es aber leider nicht in jedes Training. Die Jungs sind glücklich, wir sind auch glücklich. Von daher passt es voll.“
Sie gehen als Vorbilder wie in der 1. Bundesliga voran, obwohl sie in ihrer Laufbahn etliche schwere Verletzungen wegstecken mussten. „Der Vorteil ist, wenn am nächsten Tag was zwickt, muss man nichts machen“, grinst Lars und wird dann schnell ernst. „Früher war das anders. Beiß drauf, geh drüber, ist net so schlimm. Wir waren halt Typen, die mit vollem Herzblut dabei waren und über viel Dinge drübergegangen sind – ohne Rücksicht auf unseren Körper zu nehmen. Deswegen war es mit 32 Jahren vielleicht vorbei.“
TSV Brannenburg: Lars Bender macht in dieser Saison jedes Spiel - Sven fehlt nur dreimal
Direkt nach dem Ende bei Bayer 04 Leverkusen mussten sich die Brüder erstmal von den Strapazen im Leistungssport erholen. „Ich hatte noch sehr, sehr lange mit meinem Knie Probleme“, sagt Lars. Im ersten Jahr liefen die Brüder deshalb und wegen ihrer Jobs als Co-Trainer der U15- bzw. U16-Nationalmannschaft des DFB nur in 13 (Sven) bzw. 15 (Lars) von 24 möglichen Spielen auf.
„Sie sind sehr ehrgeizig. Im ersten Jahr haben sie dann gemerkt, dass es doch nicht so einfach geht, wie sie es sich vorgestellt haben“, glaubt Linksverteidiger und Toptorjäger Michael Kraxenberger. Dieses Jahr läuft es besser. Sven hat nur dreimal gefehlt, Lars stand in allen Spielen auf dem Feld.
Für das Spitzenspiel am Sonntagabend sind beide fit. Sven richtet nach der Ansprache von Trainer Hans Nietzold in der Kabine noch einmal das Wort an jeden seiner Mitspieler. „Das ist wichtig für uns, weil sie uns fordern. Sie reden viel und jeder wird dadurch besser“, sagt Kraxenberger. Es scheinen die richtigen Worte gewesen zu sein, denn die Hausherren legen los wie die Feuerwehr. Zur Halbzeit führt die Mannschaft 2:0, in der Schlussviertelstunde macht der TSV mit drei Toren alles klar und feiert nach dem 5:0 die Meisterschaft und den Aufstieg.
„70 bis 80.000 Zuschauer im Stadion sind auch toll, aber das hier ist absoluter Wahnsinn. Die Kulisse zusammen mit Fußball ist natürlich das Beste, was Du haben kannst.“
„Das ist das Geniale eigentlich. Sie sind so heiß auf die Kreisklasse und haben immer alles versucht und getan, dass sie zu den Spielen da sind“, sagt Nietzold strahlend nach der obligatorischen Bierdusche für den Trainer. „Wir hoffen natürlich, dass es so weitergeht. Es sieht so aus, als ob sie auch nächstes Jahr so weitermachen wollen.“ Abteilungsleiter Hauck ist ebenfalls optimistisch. „Wir genießen das. Ich habe mit den beiden zwar noch nicht gesprochen, aber ich glaube einfach, dass der Spaß im Vordergrund steht.“

„Wir werden das auch noch ein bisschen weiterbetreiben“, bestätigt Lars, der wie Sven das frühe Ende der Profikarriere nicht bereut. Beim Blick vom Sportplatz auf die Berge meint man fast herauszuhören, dass die beiden insgeheim gerne noch früher in die Heimat zurückgekehrt wären: „Das ist Postkartenkulisse. Das glaubst du eigentlich gar nicht, dass es so etwas gibt. 70 bis 80.000 Zuschauer im Stadion sind auch toll, aber das hier ist absoluter Wahnsinn. Da ist Fußball fast schon Nebensache. Die Kulisse zusammen mit Fußball ist natürlich das Beste, was Du haben kannst.“ (Jörg Bullinger)