Der Start ins Jahr, das den Aufstieg bringen soll, erfolgt an der Grünwalder Straße: Krafteinheit am Vormittag, erstes Training mit Ball ab 14.30 Uhr. Dienstag fliegen die Löwen dann nach Belek (13.10 Uhr), um die heiße Phase der Wintervorbereitung an der türkischen Riviera fortzusetzen. Auch die letzten beiden Testspiele finden auf den Rasenteppichen des Luxushotels Regnum statt – am Sonntag erst gegen Kaiserslautern (14 Uhr), danach gegen den rumänischen Erstligisten UTA Arad (17 Uhr). Die Rückflüge sind für den 10. Januar gebucht, vier Tage vor dem Pflichtspiel-Restart in Mannheim. Einer der guten Vorsätze lautet: Talfahrt in der Tabelle stoppen – in den letzten zehn Partien sind die Löwen den eigenen Ansprüchen nur selten gerecht geworden (Ausbeute: elf Punkte). Wir zeigen, worauf es darüber hinaus in 2023 ankommen wird.
Noch ehe die Löwen in die erhoffte „Goldene Zukunft“ (Ultra-Plakat) aufbrechen, sollte der Verein klären, wo er denn spielen will, wenn der sportliche Best Case eintritt. Für immer im Grünwalder Stadion, das selbst nach einem von der Stadt angestrebten Umbau nur eingeschränkte Profiperspektive bieten würde (hohe Kosten bei einem Zuschauerlimit von 18 100, das der Größe des Vereins nicht gerecht würde)? Offiziell findet diese Vision nach wie vor viele Anhänger, nicht nur bei Giesing-Romantikern. Inoffiziell jedoch gibt es Bestrebungen, alternative Stadionlösungen zumindest zu prüfen – ohne Denkverbote.
Aktuelle Aussagen von OB Dieter Reiter deuten an, dass Bewegung in die festgefahrene Debatte kommt. „Die Option Neubau lebt“, sagte Reiter in unserem Silvester-Interview und bezog sich dabei auf das Treffen im Rathaus Ende November, bei dem sich hochrangige Vertreter der Löwen mit Reiter und Sportbürgermeisterin Verena Dietl berieten. Auch Präsident Robert Reisinger, der schon gestern zum Golfen nach Belek flog, saß mit am Tisch. Reisingers Meinung ist schon länger, dass die 1860-Profis ein Stadion brauchen, „in dem wir wirtschaftlich überleben können“. Die aktuellen Reiter-Aussagen wollte er nicht kommentieren. Auf Anfrage sagte er: „Ich halte mich an das, wie wir es mit dem OB vereinbart haben: keine Aussagen zum Stadiongipfel.“
Reiter dagegen bestätigt drei offenbar realistische Optionen: 1860 akzeptiert die Mietkonditionen der Stadt, übernimmt das Stadion in Erbpacht oder baut in Eigenregie neu – „für diesen Fall haben wir bei der Suche nach Flächen Unterstützung zugesagt“. Zudem deutet er an, dass das leidige Thema zeitnah zum Abschluss kommen könnte: „Ich habe die Hoffnung, dass wir im ersten Halbjahr 2023 eine Entscheidung für eine der drei Lösungen treffen werden.“
Diesem Ziel ordnen alle im Verein alles unter. Angesichts von 18 auslaufenden Verträgen ist klar: Entweder 1860 steigt auf – oder es kommt zum x-ten Umbruch, bei dem Köllner wohl nicht mehr im Boot wäre (Vertrag läuft aus). Der Trainer hofft noch immer auf einen spielstarken Achter, um die Aufstiegswahrscheinlichkeit zu erhöhen – der ursprüngliche Plan, dass Mister X schon mit nach Belek fliegt, dürfte allerdings kaum einzuhalten sein. Unabhängig davon wird es in den 21 Spielen bis Ende Mai darauf ankommen, auf den Defensivsäulen Verlaat/Morgalla ein Kampfteam zu entwickeln, das weniger Tore kassiert als zuletzt, Standards besser nutzt und sich den Torriecher des genesenen Marcel Bär zunutze macht.
Auch fünfeinhalb Jahre nach der Stunde Null (Absturz in die 4. Liga) ist es eine traurige Gewissheit: Der Profibetrieb der Löwen ist nicht von innen heraus überlebensfähig. Geschieht kein außergewöhnlicher Glücksfall (Transfer- oder Pokalerlöse), läuft es am Jahresende stets darauf hinaus, dass Hasan Ismaik Etatlücken ausgleichen muss, indem er der Umwandlung von Darlehen in Genussscheine zustimmt. Allen ist klar, dass das kein tragfähiges Modell für die Zukunft ist, schon gar nicht für eine goldene. Eine Lösung muss her. Ismaik hat mehrfach angekündigt, 2023 nach München zu reisen. Es zeichnet sich also nicht nur ein Stadiongipfel ab, sondern auch eine Weichenstellung, die 1860 eine wirtschaftliche Zukunft ermöglicht – eine, mit der alle Seiten gut leben können. (Uli Kellner)