Maurizio Jacobacci bringt Löwen zurück in die Spur – „Winner“ in vier Schritten

Ein weißblauer Fankonvoi ist am Samstag zufrieden aus Aue zurückgereist. Erkenntnis der Spritztour ins Erzgebirge: Die Löwen machen wieder Spaß – auch ohne realistische Aufstiegschance.
München – Ein Verdienst von Maurizio Jacobacci, 60, der es geschafft hat, einer scheintoten Mannschaft neues Leben einzuhauchen. „Ich bin enorm stolz auf die Jungs“, sagte der Italiener nach seinem ersten Sieg als Löwen-Trainer, dem 3:1 beim an sich formstarken Zweitliga-Absteiger.
Wir erklären, wie es der Nachfolger von Michael Köllner geschafft hat, ein verunsichertes Team zurück in die Spur zu bringen.
Formation finden
Bei seiner Premiere gegen Köln wagte Jacobacci wenig Neues. Er hatte nur fünf Tage Zeit, um das Team zu studieren und übernahm das Gerüst, auf das auch Sportchef Günther Gorenzel im sieglosen Übergangsmonat Februar gesetzt hatte. Am Ende stand eine verpatzte Premiere (0:1). Aber: Die Eindrücke reichten dem erfahrenen Coach, um die richtigen Schlüsse zu ziehen. Dass die Löwen seit dem Duisburg-Spiel als laufstarke Einheit überzeugen, liegt im Wesentlichen an drei Kunstgriffen. 1.) Jacobacci versetzte Yannick Deichmann wieder nach rechts hinten, wo er am wertvollsten ist. 2.) Er machte sich den Reservistenfrust des tief gekränkten Künstlers Jo Boyamba zunutze. 3.) Er wagte Wörl und verzichtet seitdem auf den laufschwachen Holzhauser.
Gemäßigte Rotation
Wichtig für Jacobacci, nachdem er eine Elf nach seinen Vorstellungen gefunden hatte: Er musste ihr nun Spielzeit geben, damit sich Automatismen einschleifen, die Spieler Sicherheit gewinnen. Gelungen ist das, indem der Trainer in der Englischen Woche weitgehend auf Rotation verzichtete. Die einzigen Wechsel: Duisburg-Fehlerteufel Belkahia machte Platz für Verlaat, der praktischerweise seine Gelbsperre abgesessen hatte. Und vorne stürmt jetzt wieder Marcel Bär, nachdem Ex-Angreifer Jacobacci dem amtierenden Torschützenkönig über Joker-Einsätze ein wenig vom selbst auferlegten Druck genommen hat.
Leitlöwen stärken
Jacobacci weiß, dass er eine Achse aus Führungsspielern braucht, dass das Team zu lange kopflos durch die Krise geirrlichtert ist. Allzu viele Leitlöwen gibt der Post-Köllner-Kader aber nicht her, daher stärkt der Trainer die, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Verlaat findet auf diese Weise zu alter Sicherheit zurück, Kapitän Stefan Lex blüht wieder auf, und nicht zu vergessen: Quirin Moll, unter Köllner schon ausgemustert, nimmt die Rolle des Leaders bereitwillig an, krempelt im Mittelfeld die Ärmel hoch, führt seinen jungen Nebenmann Wörl.
Auf „Winner“ setzen
Hansdampf? Catenaccio-Fan? Jacobaccis Wechsel von der Schweiz nach Deutschland wurde von Gerüchten begleitet, die sich bisher nicht bewahrheiten. Verbal tritt der Italiener zurückhaltend auf, emotional nur an der Seitenlinie. Im Spiel lebt er jene „Winner-Mentalität“ aus, von der er gerne spricht. Und von wegen destruktiver Fußball: Dass Jacobaccis Ergebnisse in Tunesien an einen Binärcode erinnerten, lag womöglich am dort vorhandenen Spielermaterial. Bei den Löwen dagegen hat er schnell einige Offensiv-Extrakönner ausgemacht – und schenkt ihnen Räume zur Entfaltung. Nicht nur Lex und Boyamba danken es ihm, auch Albion Vrenezi, der gerade feststellt. dass er gar keine Seitenlinie benötigt, um Ideen zu entwickeln. (ulk)