Update vom 5. November 2019, 17.02 Uhr: München - Als sich Teile der Mannschaft zum Mittagessen trafen, deutete wenig darauf hin, dass dieser Dienstag als neuer Tiefpunkt in die Geschichte des TSV 1860 eingehen wird. Die Schafkopfrunde um Stefan Lex schaute konzentriert in die Karten, hier und da wurde auch gelacht. Selbst der erkältete Sascha Mölders saß in zivil mittendrin. Das Thema des Tages schien vor der verglasten Pforte des Löwenstüberls geblieben zu sein. Dieses hatte sich seit dem Wochenende angekündigt: Der Rückzug von Daniel Bierofka (40) von seinem Herzensverein.
Bis zu diesem Zeitpunkt war zwar nichts offiziell, weil die Situation alle beim TSV 1860 zu überfordern schien. Ein Geschäftsführer nach dem anderen suchte wortlos das Weite (was nicht für einige Fans galt, die Günther Gorenzel beschimpften). Bestätigt wurde die Entscheidung dann auf herzzerreißende Weise. Nicole Bierofka, die Gattin des Trainers, tauchte um kurz nach 13 Uhr vor der Geschäftsstelle auf und sagte auf die Frage, ob die Würfel gefallen seien: „Ich denke ja…“ Mehr brachte sie nicht heraus, denn im nächsten Moment schossen ihr die Tränen in die Augen. Auch ihr Mann, Daniel Bierofka, hatte sich die Entscheidung alles andere als leicht gemacht. „Es tut weh“, hatte er bereits am Montag der tz gesagt, seine Entscheidung bestätigt, die er erst der Mannschaft mitteilen wollte, und angekündigt, sich von keinem mehr umstimmen zu lassen. „Es ist zu Ende“, erklärte Bierofka und ließ durchblicken, wie verbittert er ist nach all den Intrigen, die ihn aus dem Amt gespült haben.
Bezeichnend für das spezielle Umfeld, aus dem sich Bierofka nun selbst entfernt hat, war schon das zurückliegende Wochenende gewesen. Deutlicher als der Trainer kann man ja kaum mit der Alarmglocke läuten. „Lange schaue ich mir das nicht mehr an“, hatte der Trainer nach dem 4:2-Heimsieg gegen Köln gesagt – und trotzdem brachte es nach seiner Darstellung keiner aus dem Verein fertig, sich beim tief gekränkten Coach zu melden. Keiner außer Antony Power, dem Statthalter von Hasan Ismaik. Der Investor ist sogar noch eingeflogen, um auf den Trainer seines Vertrauens einzuwirken. Am Ende blieb aber auch Ismaik nichts anderes übrig, als den Irrsinn mit scharfen Worten zu geißeln. Seit Monaten sei Bierofka „gemobbt“ worden, schrieb Ismaik auf seiner Facebook-Seite: „Für mich ist das eine Schande, die ich nicht in Worte fassen kann.“
Wie es nun weitergeht? Der naheliegende Reflex von Sportchef Gorenzel war, Assistenzcoach Oliver Beer (ohne Fußballlehrerlizenz) die Verantwortung für Bierofkas Team zu übertragen; er selber würde dann wohl als Teamchef fungieren. Bei den Spielern soll Beer besser gelitten sein als bei Bierofka. Auch mit Gorenzel hatte der Coach reichlich Differenzen, seit dieser zum Geschäftsführer befördert wurde. Bierofka warf dem Steirer vor, seine Autorität untergraben zu haben.
Bierofkas ursprünglicher Plan war ja, sich in Halle ein letztes Mal auf die Trainerbank zu setzen und sich erst in der Länderspielpause zurückzuziehen. Dass das ein bisschen naiv gedacht war, zeigte sich schon am Mittag. Der Diskussion, die sich in der Geschäftsstelle ereignete, folgte kurz darauf der sofortige Cut. Mit Sakko und Löwen-Rucksack stapfte Bierofka um 14.08 Uhr zu seinem Auto. Kommentarlos – und auch er mit geröteten Augen.
Das Training am Nachmittag fiel dann aus – auch das bezeichnenderweise ohne offizielle Erklärung.
Uli Kellner
News vom 5. November 2019, 11.46 Uhr:
München - Der TSV 1860 München und Trainer Daniel Bierofka gehen getrennte Wege. Der Coach legte am Dienstag sein Amt nieder.
Daniel Bierofka und der TSV 1860 München - ist das Kapitel nun beendet? Der Ur-Löwe noch das leitete das Vormittagstraining am Dienstag - dann teilte er der Mannschaft mit, dass er nicht länger Trainer der Blauen ist.
Zuletzt gab es immer wieder Spekulationen um ein Bierofka-Aus bei den Löwen. Für die Fans ein wahrer Albtraum, schließlich gilt Bierofka als Identifikationsfigur schlechthin. Am Samstag holte der TSV 1860 in der 3. Liga noch einen wichtigen Sieg gegen Viktoria Köln.
Bierofka vermisst bei den Löwen allem Anschein nach den Rückhalt der Vereinsführung. Er hatte im Sommer beklagt, dass sich die Verantwortlichen nicht intensiv genug um neue Spieler bemühten. Zugleich musste er sich Diskussionen um sein angeblich zu hohes Gehalt erwehren.
Von Seiten des Vereins gibt es noch keine offizielle Bestätigung, weiterhin handelt es sich nur um Gerüchte. In den sozialen Netzwerken häufen sich aber bereits die Reaktionen der Fans. Dass „Biero“ die Löwen nach dem Absturz in die Regionalliga übernahm, haben ihm die Fans nicht vergessen.
Währenddessen hat sich Investor Hasan Ismaik über seinen Facebook-Kanal gemeldet. In seinem aktuellen Post schreibt er: „Ich bin entsetzt, mit welchen Methoden Daniel Bierofka beim TSV 1860 beschädigt wird. Seit Monaten wird unser Trainer gemobbt. Für mich ist das eine Schande, die ich nicht in Worte fassen kann.“
Weiter spricht er von einer „hinterhältigen Taktik“ und Personen, die „1860 ganz bewusst schaden wollen“. Sollten sich die Gerüchte bestätigen und Daniel Bierofka nicht mehr Trainer beim TSV 1860 München sein - wie geht es dann weiter?
akl