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Karl-Heinz Rummenigge will mit den Bayern weiterhin vernünftig wirtschaften.
Karl-Heinz Rummenigge spricht im tz-Interview über die Suche des Rekordmeisters nach einem neuen Trainer für die kommende Saison.
Herr Rummenigge. Vor drei Tagen, haben Sie Jürgen Klinsmann beurlaubt. Wie ist Ihr Bauchgefühl, wenn Sie aufwachen und wissen, Heynckes und Gerland sind da?
Rummenigge: Eine Trainerentlassung ist nie ein angenehmer Akt. Das ist immer etwas, das Bauchschmerzen verursacht. Aber es gibt Situationen, bei denen nichts anderes möglich ist, um eine Veränderung zum Positiven herbeizuführen. Und wir hoffen die damit bekommen zu haben.
Ist eine solche Entlassung Routine, oder immer wieder hart?
Rummenigge: Das kann keine Routine sein. Und so viele Trainer haben wir auch noch nicht gehabt. Das ist nie eine angenehme Geschichte, denn der Mensch, der einem gegenübersitzt, mit dem hat man zusammengearbeitet.
Machen Sie sich einen Vorwurf? Schließlich haben Sie den anspruchsvollsten Vereinstrainerposten Deutschlands in die Hände eines Anfängers gelegt…
Rummenigge: Das war kein Alleingang von mir. Bei Trainerverpflichtungen diskutiert erst der Vorstand. Man verständigt sich auf einen Trainer und muss diese Personalie vom Aufsichtsrat absegnen lassen Und der Aufsichtsrat war, ebenso wie der Vorstand, von dem, was Jürgen vorgetragen hatte überzeugt. Das Konzept von Jürgen ist immer noch interessant, nur die Ergebnisse haben nicht gestimmt.
Und wie bitteschön sah das Konzept aus?
Rummenigge: Ein modernes, innovatives, neues Konzept. Nur muss sich leider auch ein Jürgen Klinsmann an den Ergebnissen messen lassen und die waren leider nicht vorhanden.
Glauben Sie, dass Klinsmann jetzt als Trainer verbrannt ist?
Rummenigge: Nein, das glaube ich nicht. Es wäre schade, wenn ein Mann mit 44 Jahren in diesem Job schon gescheitert wäre. Ich hoffe, dass er zeitnah eine Lösung findet, um dann mit großer Motivation diesen Job neu anzugehen. Mit ein bisschen mehr Glück, als das bei uns der Fall war.
Hatten Sie noch mal Kontakt zu Klinsmann?
Rummenigge: Er hat mir eine SMS geschickt. Er wollte ursprünglich am Dienstag vorbeischauen, um sich von der Mannschaft zu verabschieden. Aber ich glaube, in ihm brodelt es noch sehr, da muss noch ein bisschen Gras über die Sache wachsen und Ruhe reinkommen.
Wie sind die ersten Eindrücke von Heynckes und Gerland?
Rummenigge: Das Entscheidende ist, dass die beiden die psychische Barriere so zügig wie möglich aus dem Weg räumen, um am Samstag mit frischem Elan auf dem Platz zu stehen. Eines ist klar: Wir brauchen jetzt einen Sieg, um unser Ziel zu erreichen. Wir müssen in die Champions-League.
Was wollen Sie von der Mannschaft sehen?
Rummenigge: Die Mannschaft muss es nicht dem Vorstand zeigen, sondern den Fans. Sie sollen zeigen, dass sie großen Willen, großen Ehrgeiz und großen Kampf an den Tag legen.
Es wäre typisch Bayern, würde man gerade jetzt Meister, oder?
Rummenigge: Ich bin Realist. Es ist alles möglich. Wir können Meister werden, aber genauso gut die Qualifikation zur Champions-League verpassen. Wir haben alles mobilisiert, und ich hoffe, wir erreichen das Gewünschte. Das ganze Jahr sind wir hinterhergehechelt. In Hamburg, Berlin, Wolfsburg ist es uns nicht gelungen, die Spitze zu erreichen.
Das ist ja gerade das Untypische…
Rummenigge: Ja, in diesen Big-Point-Spielen war man von Bayern gewohnt, dass wir die Punkte machen.
Aus welchem Holz muss der neue Trainer sein?
Rummenigge: Wir diskutieren, um den Teilnehmerkreis klarer zu umreißen. Was wir suchen, ist eine überzeugende Lösung. Er soll als Trainer und Persönlichkeit unkritisch dastehen und in der Lage sein, eine Mannschaft zu entwickeln.
Wie läuft das ab? Sitzen Sie, Uli Hoeneß, Beckenbauer und Hopfner am Tisch und diskutieren von Hiddink bis Sammer alles durch?
Rummenigge: Diese Dinge müssen vorbereitet werden. Wir haben am Anfang einen großen Teilnehmerkreis diskutiert und der wird abgearbeitet.
Und wie viele sind noch übrig?
Rummenigge: Es ergibt doch keinen Sinn, einen Namen Hiddink zu diskutieren, der gerade Chelsea abgesagt hat. Der wird doch nicht am 1. Juli bei Bayern München anheuern. Da kommen wir in Fantastereien, die uns nicht weiterbringen. Wir müssen Dinge diskutieren, die möglich sind und gut zum FC Bayern passen.
Zur Kader-Planung. Gigi Buffon soll ein Wunschkandidat für das Bayern-Tor sein.
Rummenigge: Wir haben über die gesamte Kaderplanung debattiert. Aber der neue Trainer muss eingebunden werden. Deshalb versuchen wir, eine zeitnahe, aber überzeugende Lösung zu finden.
In den vergangenen beiden Jahren flog der FC Bayern jeweils mit einem 0:4 aus europäischen Wettbewerben. Werden Sie gegensteuern und noch mal richtig Geld in die Hand nehmen?
Rummenigge: Wir wissen schon, wo wir Bedarf haben. Was gemacht wird, werden wir mit dem neuen Trainer diskutieren. Dass wir etwas machen müssen, das wissen wir auch.
Wie viel sind Sie bereit zu investieren?
Rummenigge: Ich habe Barcelona gegen Chelsea mit der Maßgabe gesehen, die taktische Leistung von Chelsea zu beobachten. So, wie sie Barcelona in Schach gehalten haben, hat mir das Respekt abgenötigt. Wie der Gegner niedergerungen, niedergekämpft wurde. Natürlich ist das eine höhere Qualität. Aber es ist auch eine unglaubliche Leidenschaft und Leidensfähigkeit bei Chelsea. Bei Barcelona war das spielerisch hochwertig. Aber: Barcelona hat doppelt so hohe Gehalts- und Abschreibungskosten wie Bayern. Chelsea hat eine Schuldenlast von über einer Milliarde Euro. Manchester United hat 730 Millionen Euro Schulden. ManU hat im vergangenen Jahr 50 Millionen Euro verloren. Die sind alle sportliche Vorbilder für uns. Aber das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt nicht, wenn man so viel Schulden macht, um einmal die Champions League zu gewinnen. Das sind tolle Mannschaften, aber in der Finanzpolitik nicht unser Vorbild.
Rummenigge: Wir werden zum 18. Mal in Folge profitabel arbeiten und Gewinn ausweisen. Natürlich wollen wir die Champions League gewinnen. Aber nicht um jeden Preis.
Aber 50 Millionen müssten doch drin sein, ohne daran zu zerbrechen.
Rummenigge: Auch das muss man sich ganz gut überlegen.