Kommentar zum TSV 1860 München: Die Mannschaft lebt und wächst

Die Aussichten bei den Löwen sind gar nicht so schlecht. Das liegt auch an Trainer Maurizio Jacobacci. Ein Kommentar von 1860-Reporter Uli Kellner.
Die Liga pausiert – und die Löwen haben vorher noch etwas fürs Betriebsklima getan. Drei Punkte bei Angstgegner und Bayern-Bezwinger Saarbrücken eingesammelt – für die Moral und für die Seele in düsteren Zeiten. Der Herbst ist trüb – wie die Aussichten in der Tabelle (Platz 12). Zumindest auf den ersten Blick.
Anstatt einzuknicken, holte sich der TSV 1860 drei Punkte bei Angstgegner Saarbrücken
Wendet man sich von den nackten Zahlen ab (und vom politischen Dauerstreit), ist die Lage gar nicht so hoffnungslos. Das Team lebt – wer es beim 0:1 gegen Regensburg noch nicht erkannt hat, konnte sich am Samstag davon überzeugen. Furioser 2:0-Start, Saarbrückens Zwei-Tore-Antwort kurz vor der Pause – „zum psychologisch ungünstigsten Zeitpunkt“, wie das einst bei Heribert Faßbender hieß. Die meisten hätten wohl erwartet, dass die Löwen erneut ein Spiel aus der Hand geben, wie zuvor gegen Lübeck, Aue, Ingolstadt, Münster, Köln, Regensburg...
Das Gegenteil war der Fall: Anstatt spät einzuknicken, holten sich die Giesinger einen kaum noch erwarteten Dreier. Man braucht kein Sportpsychologe zu sein, um festzustellen: So eine Pointe gelingt nur Mannschaften, bei denen es intern passt. Schwer vorstellbar, dass dem Vorgängerteam im Krisenherbst 2022 ein solches Aufbäumen möglich gewesen wäre.
Der ohne Sportchef zusammengestellte Kader schlägt sich besser als erwartet
Charakterköpfe, Urlöwen, ein paar Trickser. Der ohne Sportchef zusammengestellte Kader schlägt sich besser, als viele erwartet hatten. Eine Entwicklung ist erkennbar, teilweise spielerisch, vor allem aber in puncto Mentalität. Letztlich auch ein Verdienst des Trainers. Maurizio Jacobacci hat diesen Kader federführend zusammengestellt. Sicher war nicht jeder Transfer hilfreich.
Dafür gelingt es dem Deutsch-Italiener, mit seiner vom Ehrgeiz getriebenen Autorität, das Team in positiver Spannung zu halten. Weder ist er sich zu schade, Lieblinge auf die Bank zu setzen (Frey), noch scheinbar ausrangierte Profis zurückzuholen (Lakenmacher, Ludewig). So etwas schafft Glaubwürdigkeit. Die Mannschaft dankt es ihm, indem sie wächst, auch wenn Spiele ungerecht (Köln) oder unglücklich (Regensburg) in die Binsen gehen.
Zwischen Platz drei und 15 ist alles eng zusammen in der 3. Liga
Wohin das noch führen kann? Vermutlich nicht zum Aufstieg. Dafür war der Start zu holprig, sind die Teams vorne zu stabil, ist das Löwen-Umfeld zu unruhig. Sicher aber ist, dass Jacobacci die Tabelle genau studieren wird.
Zwischen Platz drei und Platz 15 liegt alles so eng zusammen, dass mit einer Serie einiges möglich ist. Noch sieht vieles nach trübem November aus, doch bei 23 ausstehenden Spielen wird der Trainer einen Teufel tun und die Saison abschenken. Mit einigem Recht, wenn sein Team weiterhin bereit ist, Widerständen zu trotzen. (ULI KELLNER)