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Blatter wehrt sich gegen Hoeneß

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FIFA-Präsident Joseph S. Blatter bei der WM 2006. © getty

Zürich - FIFA-Präsident Joseph S. Blatter hat nebulöse Vorwürfe im Zusammenhang mit der Fußball-WM-Vergabe 2006 am 6. Juli 2000 an Deutschland erhoben. In anderem Kontext kriegt auch Uli Hoeneß sein Fett weg.

Der stark in die Kritik geratene und offen zum Rücktritt aufgeforderte FIFA-Präsident Joseph S. Blatter hat am Wochenende eine mediale Großoffensive gestartet und dabei vor allem seine deutschen Widersacher aufs Korn genommen. Der 76-Jährige erhob nebulöse Vorwürfe im Zusammenhang mit der Fußball-WM-Vergabe 2006 am 6. Juli 2000 an Deutschland. Am Wochenende war auch DFB-Präsident Wolfgang Niersbach auf Distanz zu Blatter gegangen, nachdem zuvor Liga-Chef Reinhard Rauball von Blatter in einem Telefonat dessen Demission verlangt hatte.

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Unterdessen machte sich der Schweizer für einen Entzug der Ehrenpräsidentschaft für seinen Amtsvorgänger Joao Havelange (96) stark, der ebenso wie dessen Schwiegersohn Ricardo Teixeira (65) Schmiergelder in Millionenhöhe des ehemaligen FIFA-Vermarkters ISL angenommen hatte. „Er muss weg. Er kann nicht Ehrenpräsident bleiben nach diesen Vorfällen“, sagte Blatter im Interview mit dem Schweizer SonntagsBlick. Er werde beantragen, dass das Thema auf dem nächsten FIFA-Kongress behandelt wird. Außerdem berichtete der Walliser, dass es vor 26 Jahren einen Versuch gegeben habe, ihn mit 50.000 Dollar zu bestechen. Er habe das Geld jedoch nicht angenommen.

Zur Vergabe der Weltmeisterschaft 2006 an Deutschland sagte Blatter: „Gekaufte WM ... Da erinnere ich mich an die WM-Vergabe für 2006, wo im letzten Moment jemand den Raum verließ. Und man so statt 10 zu 10 bei der Abstimmung ein 10 zu 9 für Deutschland hatte. Ich bin froh, musste ich keinen Stichentscheid fällen. Aber, na ja, es steht plötzlich einer auf und geht. Vielleicht war ich da auch zu gutmütig und zu naiv.“ Auf die Nachfrage, ob er, Blatter, vermute, die WM 2006 in Deutschland sei gekauft gewesen, antwortete der Schweizer: „Nein, ich vermute nichts. Ich stelle fest.“

Deutschland hatte vor zwölf Jahren in Zürich in einer Kampfabstimmung im 24-köpfigen Exekutivkomitee der FIFA mit 12:11 Stimmen den Zuschlag für die WM 2006 erhalten. Bei Stimmengleichheit hätte Blatter als Präsident für die Entscheidung gesorgt; der Walliser war bereits für 2006 ein Befürworter einer WM am Kap der guten Hoffnung gewesen. Der Ozeanien-Vertreter Charlie Dempsey enthielt sich damals der Stimme, sodass die Bewerbung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) knapp die Oberhand behielt. Südafrika wurde erst 2010 erster afrikanischer Gastgeber einer WM-Endrunde.

Blatter erinnerte auch nochmals an die Vorwürfe von deutscher Seite bei seiner Wahl zum FIFA-Präsidenten 1998 gegen den schwedischen UEFA-Chef Lennart Johansson. „Ich gewann mit 111 Stimmen. Der DFB-Präsident Egidius Braun sagte danach in einem Fernsehinterview: 'Gestern hatten wir die 111 Stimmen, heute hat sie Blatter. Er hat sie sich gestern im Hotel gekauft.' Diese haltlosen Vorwürfe habe ich nie mehr weggebracht“, äußerte der FIFA-Präsident.

Blatter selbst erklärte in dem Interview, dass es 1986, als er FIFA-Generalsekretär war, einen Versuch gegeben habe, ihn zu bestechen. Es ging angeblich um ein WM-Qualifikations-Entscheidungsspiel. „Ich habe das Geld dem Buchhalter gebracht. Er schlug vor, ein Konto auf den Namen dieses Mannes zu eröffnen und das Geld einzuzahlen. Das ließ ich diesem mitteilen. 14 Tage später hatte er das Geld abgeholt. Seither versuchte mich nie mehr jemand zu bestechen“, sagte Blatter, der den Namen des Verbands-Präsidenten nicht nannte.

Schwer getroffen hat Blatter offenbar die Rücktrittsforderung von Rauball. „Dass man mich weghaben will, ist nichts Neues. Je nachdem, wie die Stimmung gerade ist. Manchmal fordern das die britischen Medien, dann mal die amerikanischen, dann mal die deutschen. Was stimmt: Rauball hat mich am Freitag angerufen und mir gesagt, ich solle zurücktreten. Ich sagte ihm, das sei nicht so einfach, wie er sich das vorstelle. Schließlich bin ich vom Kongress gewählt.“

Auch die Attacken von Bayern-München-Präsident Uli Hoeneß haben bei Blatter Spuren hinterlassen: „Natürlich ist es nicht angenehm. Aber es entscheidet kein Klub, ob und wann ich gehe.“ Er habe allerdings von Uli Hoeneß und dessen Party zum 60. Geburtstag Anfang des Jahres eine tolle Geschichte gehört. Blatter: „Teilnehmer haben mir erzählt, dass er vor versammelter Festgemeinde gewettet hat, dass Blatter Ende des Jahres nicht mehr Präsident ist. Aber an einer Geburtstagsparty sagt man ja alles Mögliche ...“

Blatter wehrte sich vehement gegen Vorwürfe, er habe die Schmiergeldzahlungem wissentlich geduldet. „Ich heiße weder Bestechung gut, noch unterstütze oder rechtfertige ich sie“, sagte der FIFA-Chef. Von den Millionen-Zahlungen an Havelange und das langjährige Exekutivmitglied Ricardo Teixeira habe erst mit dem Bankrott des FIFA-Vermarkters ISL im Jahr 2001 erfahren.

„Es war die FIFA, die damals Strafanzeige erstattet hat und den ganzen ISL-Fall ins Rollen brachte“, betonte Blatter: „Die Leute, die mich attackieren, wissen, dass es so ist, aber sie lassen nicht locker. Sie wollen mich weg. Wenn ich nun sage, es sei schwierig, die Vergangenheit an heutigen Maßstäben zu messen, dann ist das eine generelle Feststellung.“

sid

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