Von halb Europa gejagt

Brasilianische Sturmhoffnung spielt sich in den Fokus des FC Bayern

Der FC Bayern München beobachtet offenbar den brasilianischen Stürmer Marcos Leonardo vom FC Santos. Auch Eintracht Frankfurt zeigt Interesse.

München – Ende 2011 erklärte der damalige Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge das Scouting des FC Bayern München in Südamerika für beendet. „Wir werden keine jungen Spieler aus Südamerika mehr holen, das hat keinen Sinn“, sagte Rummenigge damals. 2007 verpflichtete der FCB mit José Ernesto Sosa, der immer noch aktiv ist und Breno die letzten beiden Spieler direkt aus Südamerika. Die Entwicklung und Geschichte des Brasilianers führten dann zum Abbruch des Südamerika-Scoutings. Laut des brasilianischen Portals Trivela ist der deutsche Rekordmeister nun aber offenbar an Stürmer-Juwel Marcos Leonardo vom FC Santos interessiert.

Marcos Leonardo Santos Almeida
Geboren:2. Mai 2003 (Alter 20 Jahre), Itapetinga, Bahia, Brasilien
Aktueller Verein:FC Santos
Position:Stürmer

Überzeugt Marcos Leonardo den FC Bayern mit seiner Reife?

Der junge Stürmer des FC Santos hat sich in diesem Jahr mit bemerkenswerten Leistungen in den Fokus einiger europäischer Klubs gespielt. Mit 14 Toren steht der 20-Jährige kurz vor dem Saisonende auf Rang vier der Torjägerliste in Brasilien. Das ist umso beachtlicher, wenn man die enttäuschende Saison des FC Santos betrachtet.

Der Pelé-Klub, dessen Fußballschule zu den besten der Welt gehört, hat in dieser Spielzeit, die im Land des fünfmaligen Weltmeisters im April beginnt und im Dezember endet, bereits drei Trainer entlassen. Doch auch während der großen Krisenzeit überzeugte Marcos Leonardo und sicherte dem großen Traditionsverein essenzielle Punkte im Kampf gegen den Abstieg. Trotz seines jungen Alters hat der Brasilianer seine mentale Stärke bereits bewiesen. Als Führungsspieler geht der Stürmer in einer bedrohlichen Lage bei einem der größten Vereine Südamerikas voran und hält dem großen Druck stand. Somit bringt der junge Profi genau die Eigenschaften mit, die die Münchener in der letzten Dekade an den jungen Südamerikanern Zweifel ließen.

Trotz einer schwachen Saison des FC Santos, überzeugt Marcos Leonardo konstant mit herausragenden Leistungen.

Aus Sturheit verpasst der FC Bayern seit einer Dekade viele fantastische südamerikanische Spieler

Diese Reife könnte den FC Bayern tatsächlich dazu verführen, endlich mal wieder in Südamerika tätig zu werden. Zweifelsfrei ist der Talentepool auf dem fußballverrückten Kontinent riesig. Der FCB ist der einzige europäische Topklub, der auf Spieler aus dem Weltmeister-Kontinent verzichtet. Das sture Ignorieren des deutschen Rekordmeisters des wichtigen Fußballmarktes hat die europäische Konkurrenz im Vergleich mit den Münchenern gestärkt. Die Bayern verpassen viele Talente.

Immerhin verhandeln die Bayern offenbar mit dem uruguayischen Erstligisten Racing über eine Partnerschaft. Ob sich diese Kooperation aber auch auf Spielertransfers uruguayischer Talente auswirkt, ist äußert zweifelhaft.

Bislang durfte Marcos Leonardo wie hier bei der U20-WM in Argentinien im Mai nur für die brasilianische Juniorennationalmannschaft ran. Zuletzt wurde aber seine Nominierung für die Selecao gefordert, der seit Jahren ein echter Neuner fehlt.

FC Bayern könnte Ablöse für Marcos Leonardo ohne Probleme bezahlen

Die Konkurrenten des FC Bayern um Marcos Leonardo aus Liverpool, Newcastle, Madrid, Rom und sogar Frankfurt sind bereits seit längerem an der vielversprechenden Sturmhoffnung interessiert. Trivela berichtet von mehr als zehn Premier-League-Klubs und dem FC Bayern, die beim TransferRoom Summit in Lissabon Kontakt zu den Beratern des Profis aufgenommen haben sollen. Auch mehrere spanische Vereine sollen interessiert sein. Im August stand die AS Rom bereits kurz vor einem Transfer des Brasilianers. Santos lehnte den Transfer ab, woraufhin es zum Streit zwischen Spieler und Verein kam. Trivela schrieb im September, dass man sich infolgedessen auf eine Gehaltserhöhung sowie eine Ausstiegsklausel von 18 Millionen Euro geeinigt hat.

Es bestehen kaum Zweifel daran, dass der Offensivakteur Brasilien im Januar, also pünktlich nach Saisonende, verlassen wird. Das bestätigte auch die Star-Beraterin Rafaela Pimenta, die enge Kontakte zu Marcos Leonardos Berater Fernando Britos pflegt, in einem Interview mit Relevo: „Die Zeit für einen Transfer ist jetzt gekommen. Er will ein Europa-Abenteuer wagen und das wird diesen Winter passieren.“ Die Sturmhoffnung ist in aller Munde. Kein Wunder, denn neben seiner mentalen Reife präsentiert sich der U-20-Nationalspieler vielseitig und brandgefährlich vor dem Tor. Egal, ob mit Links, mit Rechts oder dem Kopf. Egal, ob im Sechzehner oder außerhalb des Strafraums – Marcos Leonardo trifft aus allen Lagen, kann dazu Bälle gut festmachen und zeigt sich auch spielerisch auf einem sehr hohen Niveau.

Back-up für Kane oder Stammplatz bei der Eintracht?

Die kolportierte Ablösesumme von 18 Millionen Euro könnten viele Vereine stemmen. Folglich kann es entscheidend sein, welche Rolle Marcos Leonardo bei seiner ersten europäischen Station spielen will. Beim FC Bayern müsste sich der 20-Jährige natürlich hinter Harry Kane einreihen. Als Ersatz könnte der hochveranlagte Angreifer perspektivisch als Nachfolger des 30-jährigen Engländers entwickelt werden. So hätte Marcos Leonardo auf der einen Seite nicht den unmittelbaren Druck und könnte in Ruhe aufgebaut werden. Anderseits könnten ihn fehlende Einsatzzeiten in seiner Entwicklung sogar hemmen. Dazu hätte der Brasilianer mit Mathys Tel einen noch jüngeren großen Kontrahenten um die Back-up- und Nachfolge-Position.

Bei Eintracht Frankfurt, die nach dem millionenschweren, aber späten Abgang von Kolo Muani wohl mindestens zwei Stürmer in der Winter-Transferperiode verpflichten wollen, wäre der Stürmer hingegen als Stammspieler gesetzt. Wie viele Spieler vor ihm könnte Marcos Leonardo die SGE dann als Sprungbrett nutzen. Denn die Entwicklung des Stürmers kennt aktuell keine Grenzen. Ein Wechsel nach Frankfurt oder München würde die Bundesliga in jedem Fall bereichern. (jsk)

Rubriklistenbild: © Van Campos/Imago

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