Wie bewerten Sie Ihre sportliche Zeit in Australien?
„Es war super. Als mein Vertrag in Brasilien auslief, hat sich Markus Babbel bei mir gemeldet. Wir hatten vorher ab und zu schon mal Kontakt, weil er mich schon nach Hoffenheim und nach Stuttgart holen wollte, als ich noch in Deutschland gespielt habe. Er war der ausschlaggebende Grund, warum ich gewechselt bin.“
Wie ging es weiter?
„Meine erste Saison bei Western Sidney war ein Übergangsjahr. Das Stadion und das Trainingsgelände waren noch nicht fertig und sportlich lief es auch nicht. Der Kader war qualitativ nicht so gut, wie mir das im Vorfeld berichtet wurde. Die nächsten beiden Jahre mit Sidney FC waren dafür top. In der ersten Saison waren wir dabei, alle Rekorde zu brechen. Wir hatten die meisten Siege und schossen die meisten Tore aller Zeiten. Wir haben jeden Gegner abgeschossen. Dann kam Corona. Wir wurden aber trotzdem Meister, in der nächsten Saison dann Vizemeister.“
Und persönlich?
„Es war schon so, dass ich im ersten Jahr gebraucht habe, um mich an alles zu gewöhnen. Im Sommer spielt man hier bei bis zu 40 Grad, zu Auswärtsspielen nach Perth oder Wellington fliegt man vier oder fünf Stunden.“
Sprechen wir über Ihre Ex-Klubs. Bayern und Lewandowski: Geht das noch ein Jahr gut?
„Es kommt darauf an, was Bayern will und ob sie es finanziell verkraften können, ihn ablösefrei gehen zu lassen. Mit Sadio Mane haben sie einen top Nachfolger verpflichtet. Es ist schwierig für einen Verein, einen Spieler auf Teufel komm rauszuhalten, der unbedingt wegwill. Ich glaube am besten wäre es, wenn man eine Lösung findet, dass Lewandowski den Verein verlassen kann und man sich im Sommer trennt. Wenn er bleiben sollte, zieht man die ganzen Nebengeräusche durch die komplette Saison.“
Schalke hat den sofortigen Wiederaufstieg gepackt.
„Schalke ist mein Herzensverein. Ich bin übertrieben froh, dass der Verein jetzt wieder in der Bundesliga ist. Ich freue mich auch für Mike Büskens, der den Verein zu 150 Prozent lebt. Beim Abstieg habe ich echt mitgelitten, weil ich mir das nie hätte vorstellen können. Der Gang in die 2. Liga hat dem Verein aber vielleicht ganz gutgetan, darüber zu nachdenken, wie man die Zukunft gestalten möchte. Es werden jetzt kleinere Brötchen gebacken. Schalke wird noch eine Weile brauchen, um wieder da hinzukommen, wo der Verein vor fünf bis sechs Jahren war.“
Haben Sie noch Kontakt zu Schalke und Büskens?
„Nach dem Aufstieg nicht. Zwischendurch schon immer wieder mal. Ich finde es schade, dass er nicht als Cheftrainer weitermacht. Ich bin gespannt, wie es mit Frank Kramer funktioniert. Ich hoffe, dass Schalke wieder wie früher auf Spieler aus der Knappenschmiede setzt. Das macht den Klub aus, auch wenn man damit nicht um die Meisterschaft mitspielt.“
Auch Kaiserslautern konnte einen Aufstieg feiern...
„Mit den Fans, dem Stadion und der Tradition gehört der Verein eigentlich in die Bundesliga. Ich bin froh, dass sie es aus der 3. Liga rausgeschafft haben. Ich freue mich auch, dass Hertha nicht abgestiegen ist.“
Bei welchem Ihrer Ex-Klubs hatte Sie Ihre beste Phase?
„Meine Karriere verlief wie eine Achterbahnfahrt. Ich hatte überall gute und schlechte Phasen. Selbst bei Bayern, wo ich nur kurz war, gab es gute Momente. Zum Beispiel als ich aus dem Nichts am 1. Spieltag in der Startelf stand. Bei Hertha ging es dann in die andere Richtung, als ich zwei Jahre verletzt war. Wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich meine letzte Saison in Gladbach nehmen, bevor ich zu Bayern gewechselt bin. Da hatte ich ein überragendes Jahr. Ich blicke zufrieden auf meine Karriere zurück und würde 95 % der Entscheidungen, die ich getroffen habe, genauso wieder treffen.“
Ihr früherer Mitspieler Miro Klose ist jetzt Trainer in Altach. Wie weit kann er es als Trainer packen?
„Es hat mich überrascht, dass er nach Österreich gegangen ist. Miro ist ein super Typ. Er war einer der besten Stürmer, die Deutschland je hatte. Er hat im Jugendbereich bei Bayern gearbeitet und war Co-Trainer bei den Profis. Dass er jetzt in Altach Cheftrainer wird, ist der nächste Schritt. Miro ist ein schlauer Kerl und wird sich schon etwas dabei gedacht haben.“
Wer war Ihr bester Mitspieler?
„Raul. Er war der kompletteste. Als wir zusammengespielt haben, war er schon relativ alt. Aber trotzdem hat man gesehen, dass er einfach einer der komplettesten Spieler ist, die es jemals im Fußball gab. Seine größte Stärke war, dass er immer die richtige Entscheidung getroffen hat. Er hat nie Fehler gemacht. Das hat mich echt beeindruckt. Wir haben nach der Zeit auf Schalke weiter Kontakt gehalten und sind gut befreundet. Er trainiert bei Real Madrid die Reserve. Ich glaube, dass er dort in naher Zukunft auch Cheftrainer bei den Profis wird.“
Mario Götze wechselt zu Eintracht Frankfurt. Eine gute Nachricht für die DFL?
„Das finde ich top. Ich glaube, dass ihm die beiden Jahre in Eindhoven gutgetan haben. Er ist ein super Spieler. Ich hoffe, dass die Erwartungshaltung jetzt nicht allzu hoch sein wird und er einfach frei aufspielen kann. Dann wird es auch super mit Frankfurt passen.“
Das Interview führte Johannes Ohr.