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So einen Applaus mag kein Profi gerne: Thomas Müller auf der Mitleidswelle

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Nur noch Teilzeitarbeiter: Thomas Müller startet beim FC Bayern mittlerweile regelmäßig von der Bank aus.
Nur noch Teilzeitarbeiter: Thomas Müller startet beim FC Bayern mittlerweile regelmäßig von der Bank aus. © MIS / Bernd Feil

Edel-Reservist Thomas Müller durfte gegen Augsburg ran - aber erst in der 80. Spielminute. Der Weg aufs Spielfeld war dann für ihn lang und begleitet von Beifall, der vor allem von Mitleid zeugt.

Spätestens am Samstag in Augsburg registrierte auch der letzte Niko-Kovac-Anhänger, dass Thomas Müller für den Bayern-Trainer keine Personalie wie jede andere ist - und das gleich doppelt: Im Stadionkurier des FCA war ein Porträt über den Stürmer mit der Überschrift Ur-Bayer und Identifikationsfigur betitelt. Und als Müller (erst) in der 80. Minute ins Spiel kam, dabei eine halbe Stadionrunde hinlegen musste, applaudierten selbst die FCA-Fans dem Weltmeister von 2014 auf dem Weg zu seiner Einwechslung. Gemeinsam mit den anderen Reservisten hatte sich Müller fast die gesamte zweite Halbzeit warm gemacht. Für Müller müssen diese Meter bis zum vierten Offiziellen gleichermaßen aufmunternd wie demütigend gewesen sein. Mitleid ist das Letzte, was ein Profi-Sportler von Fans ernten möchte – egal ob sie in der gegnerischen oder der eigenen Kurve stehen.

Zum sechsten Mal in Folge fand sich der 30-Jährige auf der Bank wieder. So oft am Stück musste Müller beim Rekordmeister noch nie den Spielbeginn vom Seitenrand verfolgen.

Kurz vor Schluss versemmelte Müller Vorentscheidung zum 3:1 

Nach seiner späten Einwechslung versäumte es der Edel-Joker, der das Stadion in Augsburg wortlos verließ, Pluspunkte bei Kovac zu sammeln. Kurz vor dem Spielende versemmelte er freistehend vor dem überragenden Gäste-Keeper Tomas Koubek die Vorentscheidung zum 3:1. Den restlichen Müller-Auftritt wollte sein Trainer nach dem peinlichen Remis nicht bewerten: „Andere haben auch große Chancen vergeben und wie soll man eine Leistung über zehn Minuten bewerten?“, fragte Kovac rhetorisch-bissig in der Pressekonferenz.

Seine Einschätzung der Großwetterlage um Thomas Müller vollzog er ja auch schon vor dem Anpfiff: Anstatt Müller spielte ein sichtlich erschöpfter Philippe Coutinho, der mit der brasilianischen Nationalmannschaft in Singapur unterwegs war und in Augsburg an den FC Barcelona-Coutinho erinnerte. Und auch ein Kingsley Coman wirkte, als könne er mal eine Pause gebrauchen. Gegen Augsburg fand der Franzose 70 Minuten überhaupt nicht statt. Auch wenn Kovac eine andere Wahrnehmung hatte und bei jedem Spieler aus seiner Startformation eine „guten“ Leistung attestierte – eine exklusive Kovac-Einschätzung.

Im Laufe der letzten Trainingswoche war Kovac sichtlich bemüht, die Brisanz aus dem heiklen Fall Müller zu nehmen. So relativierte Kovac seinen „Notnagel“-Stempel für den Ur-Bayer als „Fehler“. Aber dass er selbst einem erschöpften und überspielten Coutinho und einem formschwachen Coman mehr zutraut als einem ausgeruhten Thomas Müller sagt mehr als tausend Worte.

Daniel Müksch

Der FC Bayern spielt am dritten Spieltag der Champions League in Griechenland gegen Olympiakos Piräus. Bekommen Müller und Boateng gegen Piräus ihre Chance? In der Liga hat der FC Bayern durch das 2:2 in Augsburg den schlechtesten Saisonstart seit 2011 unter Trainer Louis van Gaal hingelegt.

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