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Trotz heftiger Kritik: Darum ergibt die Winter-Transferpolitik der FCB-Bosse doch Sinn

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Keine weiteren Zugänge im Winter: Bayern-Trainer Niko Kovac (r.) bekam von Sportdirektor Hasan Salihamidzic kein verspätetes Weihnachtsgeschenk.
Keine weiteren Zugänge im Winter: Bayern-Trainer Niko Kovac (r.) bekam von Sportdirektor Hasan Salihamidzic kein verspätetes Weihnachtsgeschenk. © dpa / Matthias Balk

Die Bayern-Bosse haben eine Transferoffensive angekündigt. Doch gekommen ist im Winter lediglich Alphonso Davies. Nun setzt es heftige Kritik. Dabei ist der Weg der Roten nachvollziehbar.

München - Alphonso Davies und sonst nix! Die große Einkaufstour des FC Bayern in den ersten Wochen des Jahres blieb aus. Der Deadline Day am Donnerstag - also der Winterschlussverkauf in der Bundesliga - flog quasi an den Machern bei den Roten vorbei. So bleibt der bereits im vergangenen Herbst fixierte Transfer des kanadischen Flügelstürmers die einzige Kurskorrektur auf die nicht unbedingt gelungen verlaufene Hinrunde. Dabei handelt es sich zweifellos um eine Investition in die Zukunft und keine sofortige Verstärkung.

Mit Letzterer hatten viele Fans und auch Experten jedoch gerechnet. Woran die Bosse alles andere als unschuldig sind. So hatten Karl-Heinz Rummenigge und Hasan Salihamidzic immer wieder betont, dass diverse Verpflichtungen in der Mache seien. Selbst wenn konkrete Namen wie Lucas Hernandez oder Callum Hudson-Odoi ins Gespräch gebracht wurden, folgte kein Dementi. Ganz im Gegenteil: Die offensiven Aussagen des Vorstandsbosses und des Sportdirektors ließen vermuten, dass der FC Bayern zeitnah etwas zu verkünden habe.

Für Transfers beim FC Bayern verantwortlich: Karl-Heinz Rummenigge steht dem Vorstand seit 2002 vor.
Für Transfers beim FC Bayern verantwortlich: Karl-Heinz Rummenigge steht dem Vorstand seit 2002 vor. © dpa / Roland Weihrauch

Video: Sandro Wagner beim FC Bayern München offenbar vor sofortigem Aus

„Stehen ziemlich dumm da“: Heftige Kritik an FCB-Management

Doch weit gefehlt. Und so sehen sich die Macher von der Säbener Straße harscher Kritik ausgesetzt. In der Bild heißt es sogar, die Bayern-Bosse stünden nun „ziemlich dumm da“, fürs Management setzte es sogar die Note 5. Heftiger Tobak! Fans verleihen ihrer Enttäuschung in den sozialen Medien Ausdruck. Die Angst, eine Saison ohne Meisterschale - und womöglich ganz ohne Titel - abzuschließen, ist greifbar. Zugegeben: Ein Risiko besteht.

Vergessen wird dabei jedoch, dass auch ein Hudson-Odoi den Konkurrenzkampf sicher nicht sofort neu entfacht hätte. Immerhin kam der 18-Jährige beim FC Chelsea bislang nur höchst selten über die Rolle des Jokers hinaus. 61 Premier-League-Minuten verteilt auf drei Partien stehen in dieser Saison zu Buche, immerhin in den Pokalwettbewerben, dem englischen Supercup sowie der Europa League stand er insgesamt fünfmal in der Startelf.

Kovac verzichtet auf Wagner - trotz Robbery-Ausfall

Auf viel mehr Einsatzzeit kam der nach China geflüchtete Sandro Wagner unter Trainer Niko Kovac beim FC Bayern auch nicht. Der Backup des übermächtigen Robert Lewandowski absolvierte wettbewerbsübergreifend 264 Pflichtspielminuten, erlebte den Anpfiff zweimal auf dem Platz. Im neuen Jahr schaffte er es gar nicht mehr in den Kader - trotz der verletzungsbedingten Ausfälle von Arjen Robben und Franck Ribery.

Diese Zahlen entlarven jeglichen Aufschrei ob des nun fehlenden Ersatzstürmers als pure Panikmache. Denn bei Kovac stand Wagner längst nicht so hoch im Kurs wie bei dessen Vorgänger Jupp Heynckes. Der nach eigener Aussage „beste deutsche Stürmer“ hätte eben auch im Falle einer Lewandowski-Verletzung in Sinsheim oder gegen Stuttgart gar nicht eingreifen können.

Sollte sich bloß nicht verletzen: Für Robert Lewandowski (r.) haben die Bayern keinen Backup mehr.
Sollte sich bloß nicht verletzen: Für Robert Lewandowski (r.) haben die Bayern keinen Backup mehr. © dpa / Uwe Anspach

Müller und Gnabry als Lewandowski-Backup eingeplant

Die vergangenen Monate haben verdeutlicht: Wagner scheint einfach nicht den Typ Stürmer zu verkörpern, den Kovac für sein Spiel benötigt. Der Kroate erklärte jüngst: „Wir haben dem Transfer auch nur zugestimmt, weil wir wussten, dass wir mit Thomas (Müller) und Serge (Gnabry) zwei Spieler haben, die diese Position bekleiden können.“

Doch wie groß ist die Gefahr überhaupt, dass Lewandowski mal für längere Zeit ersetzt werden muss? In seinen nun viereinhalb Bayern-Jahren hat der Pole erst elf Spiele verletzungsbedingt verpasst - nur einmal waren es zwei am Stück. Natürlich ist niemand vor Blessuren gefeit. Und Lewandowski musste in wichtigen Champions-League-Spielen schon auf die Zähne beißen - wobei er dann weit unter seinen Möglichkeiten blieb.

Lewandowski beugt Verletzungen vor

Zu bedenken ist aber auch: Der 30-Jährige beugt Verletzungen mit seiner professionellen Lebensweise vor. Er überlässt rein gar nichts dem Zufall, gilt als Vorzeige-Athlet. Und: Lewandowski ist extrem ehrgeizig, will am liebsten jede Minute auf dem Rasen stehen. Dann blüht er auf und kann zumindest in der Bundesliga den Unterschied machen.

Auch das dürfte ein Grund gewesen sein, warum die Bayern-Bosse nicht um jeden Preis sofortige Verstärkungen an Land gezogen haben. Im mit Stars gespickten Kader stehen zahlreiche Spieler, die sich eben nicht ohne Murren auf die Bank setzen. Ob sie ihrem Ärger öffentlich Luft machen wie Robben und Ribery oder eher mit kleinen Nadelstichen wie zuletzt James Rodriguez. Sind alle Spieler fit, was abgesehen von Corentin Tolisso schon nächste Woche der Fall sein könnte, müssen sich zwangsläufig große Namen auf der Bank wiederfinden.

Zuletzt überraschend häufig auf der Bank: James Rodriguez geht in sein letztes Vertragshalbjahr beim FC Bayern.
Zuletzt überraschend häufig auf der Bank: James Rodriguez geht in sein letztes Vertragshalbjahr beim FC Bayern. © dpa / Matthias Balk

Bayern setzt auf den kleinsten Kader der Liga

So haben die Roten zwar auch in der Rückrunde den kleinsten Kader der Liga. Doch jeder der unter Vertrag stehenden Profis verfügt eben über das Potenzial, einem Spiel seinen Stempel aufzudrücken. Somit scheint es nur vernünftig, dass die Bosse nicht nur der besseren Außenwirkung wegen auf dem Transfermarkt aktiv geworden sind. Natürlich hätte es nicht geschadet, wenn der ins Auge gefasste Robbery-Nachfolger Hudson-Odoi noch an der Seite der beiden Routiniers hätte lernen können. Das dürfte auch Rummenigge so sehen, der nun betonte: „Alles andere waren wirklich nur Gerüchte. Wir haben auf diesen Positionen jetzt nicht unbedingt in der Rückrunde Bedarf.“

Das klingt angesichts der diversen Meldungen um neue Innenverteidiger zwar nach einer Rechtfertigung. Immerhin war neben dem hartnäckigen Gerücht um Hernandez auch über eine sofortige Verpflichtung des im Sommer kommenden Benjamin Pavard spekuliert und zuletzt sogar der Ex-Gladbacher Andreas Christensen gehandelt worden. Doch klar ist auch: Das Double aus Meisterschaft und Pokal sowie eine lange Reise in der Champions League sind auch mit dem aktuellen Team alles andere als utopisch.

Wintertransfers gelten als Panikkäufe

Auch deshalb musste der Umbruch nicht überstürzt werden. Zumal Wintertransfers in der Branche ohnehin eher als Notkäufe oder Kurskorrekturen angesehen werden. Das war bei Wagners Verpflichtung vor einem Jahr nicht anders.

Aus der Untätigkeit auf dem Spielermarkt folgt aber auch: Die angekündigte Transferoffensive sollte im Sommer über die Bühne gehen. Daran werden sich Rummenigge und Salihamidzic messen lassen müssen.

mg

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